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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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    Die bunten Zelte, die sich auf der Lichtung drängten, auf der ich stand, hätten auf einem Rummelplatz oder einem Renaissance-Markt durchaus nicht fehl am Platze gewirkt. Was für eine interessante Ironie: ein Renaissance-Fest, ein Fest der Wiedergeburt – ausgerechnet hier auf dem Gelände der Body Farm der University of Tennessee, dem einzigen Ort der Welt, wo sich alles um das Studium der Toten und ihrer Verwesung drehte.
    Die Zelte – weiß, rot, grün, gelb, blau – rangelten um jeden Zentimeter. Den Spitznamen »Body Farm« hatte die anthropologische Forschungseinrichtung vor Jahrzehnten von einem FBI-Beamten bekommen, als er die Leichen gesehen hatte, die auf den drei Morgen Land verstreut lagen. Der Name war hängen geblieben und diente jetzt sogar als Inspiration für die Benennung einer ähnlichen Einrichtung. Eine ehemalige Absolventin der University of Tennessee war soeben dabei, in San Marcos in Texas eine ähnliche Forschungseinrichtung zu gründen. Noch bevor die erste Leiche zu Forschungszwecken auf dem Gelände ankam, hatte die Einrichtung in Texas schon den Namen »Body Ranch« weg.
    Mehrere der dicht beieinander stehenden Zelte hatten Stützrahmen aus aufblasbaren Elementen, die übrigen spinnenartige Bögen aus geometrischen Hohlstangen – Nissenhütten im Stil des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Normalerweise standen hier keine Zelte; abgesehen von dem Gras und dem Laub an den Bäumen, war der bunteste Farbfleck normalerweise eine große blaue Plane, die über unserer Materialhütte aus Wellblech und dem kleinen, betonierten Vorplatz gespannt war. Die Zelte – die mit ihren fröhlichen Farben nicht recht in die kahle Winterlandschaft und die bittere Kälte passen wollten – waren gerade mal vor vierundzwanzig Stunden aufgestellt worden und würden in weiteren vierundzwanzig Stunden auch schon wieder verschwunden sein. Trotz ihres Budencharakters wurde in den Zelten das alptraumhafte Szenario eines der denkbar finstersten Ereignisse aufgeführt: eines atomaren Terroranschlags.
    Auf einer Fahrtrage in dem größten Zelt lag mit dem Gesicht nach oben eine nackte männliche Leiche, deren runzlige Haut in den drei Wochen im Kühlraum im Leichenschauhaus der Medizinischen Fakultät der University of Tennessee, jenseits des Holzzauns und der kahlen Baumreihe der Body Farm gerade noch zu sehen, grau und schimmelig geworden war. Vierzehn weitere Leichen – im Laufe der vergangenen Monate ausgewählt und gelagert – waren in einem Sattelschlepper eingeschlossen, der außerhalb des Zauns parkte. Die insgesamt fünfzehn Leichen standen für hunderte oder sogar – Gott behüte – tausende von Opfern, die es geben würde, falls es Terroristen eines Tages irgendwo in einer Stadt in den USA gelingen sollte, einen atomaren Terroranschlag zu verüben.
    Fünf Menschen standen um die Fahrtrage herum. Schutzbrillen und Atemmasken verbargen ihre Gesichter, und die bauschigen Schutzanzüge, deren weiße Tyvek-Ärmel und Beine mit Klebeband an schwarze Gummihandschuhe und -stiefel geklebt waren, ließen kaum ahnen, ob es Männer oder Frauen waren. Eine der weißgewandeten Gestalten hielt ein kastenartiges beigefarbenes Instrument in einer Hand und in der anderen einen Metallstab, der mit dem Kasten verbunden war. Während sie mit dem Stab in einigen Zentimetern Entfernung über den Kopf, die Brust und den Bauch und dann über die Arme fuhr, stieß der Kasten gelegentlich ein Klicken aus. Als sich der Stab dem linken Knie näherte, wurde das Klicken schneller, dann verschmolz es zu einem anhaltenden Summen. Da meine Kindheit in die Zeit des Kalten Kriegs gefallen war – wie oft hatte ich bei Zivilschutzübungen »ducken und zudecken« geübt, als könnte mein hölzernes Schulpult mich vor einer sowjetischen Wasserstoffbombe schützen –, war mir das aufdringliche Klicken des Geigerzählers wohl vertraut.
    Während der Stab verweilte, beugten sich die anderen vier Gestalten vor, um das Knie zu inspizieren. Einer fotografierte, zwei andere machten sich daran, den Körper mit einer seifigen Flüssigkeit einzusprühen und die Haut abzuwaschen, wobei sie dem Knie besondere Aufmerksamkeit schenkten. Während sie schrubbten, entfernte einer eine kleine orangefarbene Scheibe, etwa so groß wie ein Vierteldollar, und reichte sie dem Teamleiter. Ein winziges, in eine Sicherheitskapsel eingeschlossenes Stückchen radioaktives Strontium – genug, um den Geigerzähler Alarm schlagen zu lassen, doch nicht genug, um

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