Eine tollkuehne Lady
Jahre zuvor zusammengeschlossen, um die Mughal-Eindringlinge abzuwehren, die von Afghanistan kamen, um Indien zu erobern.
Bis zu diesem Tag verteidigten sie ihre Unabhängigkeit, indem sie die Briten fernhielten. Es hatte bereits zwei Kriege zwischen den Engländern und den Marathen in den letzten fünfzig Jahren gegeben, doch seit mehr als einem Jahrzehnt hatte glücklicherweise Frieden geherrscht. Viele waren jedoch davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ein neuer Krieg ausbrach.
Das befürchtete auch Georgie. Sie verabscheute Gewalt und hasste die Vorstellung, dass ein gerechter Herrscher wie König Johar entmachtet werden sollte. So viele stolze indische Königreiche waren bereits den Briten in die Hände gefallen, einige durch Kriege, andere durch ungerechte Verträge: Hyderabad, Mysore, sogar die wilden Rajputs im Norden. Nur die Marathen waren bislang frei und unabhängig geblieben.
Aber vielleicht nicht mehr lange.
Wenn ein Krieg ausbrach und Johar in der Schlacht stürbe, dann würden alle dreißig von seinen Gemahlinnen, zu denen auch die liebe Meena gehörte, ganz zu schweigen von seinen hundert Konkubinen, auf seinem Scheiterhaufen verbrennen, so wie es mit Lakshmi heute um ein Haar geschehen wäre.
Georgie erschauerte bei dieser schrecklichen Vorstellung, worauf Lord Griffith sie ein wenig fester hielt.
„Geht es Ihnen gut? “, fragte er.
Wie sanft seine Berührungen sind, dachte sie unwillkürlich. Sie schüttelte die bedrückenden Gedanken ab und brachte ein Nicken zustande. „Ja, danke“, stieß sie hervor und erinnerte sich wieder daran, dass - welche Intrigen auch immer gerade geschmiedet wurden - dieser Mann hier war, um Schlimmeres zu verhindern.
Sie hatte vor, durch ihren Gast herauszufinden, was vor sich ging. Obwohl sie das natürlich nicht auf direktem Weg tun konnte. Schließlich war sie „nur“ eine Frau. Niemals würde Lord Griffith ihr Regierungsgeheimnisse anvertrauen, und sie hatte kein Recht zu fragen. Daher, so beschloss sie, wäre es am besten, nicht sein Misstrauen zu erregen. Wenn sie die Waffen einer Frau einsetzte, Augen und Ohren offen hielt, ihn so bezauberte, dass seine Wachsamkeit nachließ, dann würde sie bald alle Informationen besitzen, die sie benötigte.
So gern sie auch an Lord Griffiths brillanten Ruf geglaubt hätte, so unbedarft war sie nicht. Sie sah keinen Grund zu der Hoffnung, dass der angeblich so wunderbare Marquess tatsächlich ganz anders war als all die anderen gierigen Europäer, die seit Jahrhunderten nach Indien kamen, um es auszuplündern.
Sollten seine Motive wirklich selbstlos sein - sollte er wirklich hier sein, um einen Krieg zu verhindern, und sollte er ein vertrauenswürdiger Mensch sein, dann würde sie alles tun, was sie konnte, um ihm zu helfen.
Aber wenn sich herausstellte, dass er genauso war wie alle anderen, korrupt und herzlos, und wenn die Gier sein eigentliches Motiv war - seine eigene Gier, die der Company und die der Krone - dann würde sie ihren Freunden in Maratha beistehen und einen Weg finden, gegen den Marquess zu kämpfen.
Dass er in ihrem Haus als Gast weilte, würde es ihr erleichtern, ihn im Blick zu behalten, daher hatte sie ihm die Nachricht geschickt, in der sie ihm ihre Gastfreundschaft anbot. Sein Besuch sollte ihr genügend Zeit geben, ihn zu beobachten, ihn kennenzulernen, und sich selbst ein Urteil über ihn zu bilden.
Gegenwärtig näherten sie sich einer breiten, eleganten Avenue, die als Chowringee bekannt war, Kalkuttas Antwort auf die elegante Park Lane in London. Ganz in der Nähe lag auch Fort William, wo der britische Generalgouverneur residierte. Als sie an einer Reihe prachtvoller Häuser vorüberritten, in denen die reichsten englischen Familien im Luxus lebten, zog Georgie den Kopf ein. Heute Morgen hatte sie mit Bedacht den Schleier und die indisch anmutende Kleidung gewählt, um ihre Identität vor den neugierigen Nachbarn zu verbergen.
Die meisten von ihnen schliefen vermutlich noch, denn am vorigen Abend hatte ein großer Ball stattgefunden, aber Georgie wollte kein Risiko eingehen. Es lag ihr nichts daran, für Skandale zu sorgen - im Gegensatz zu ihrer verstorbenen großartigen Tante -, denn wenn sie ruiniert wäre, könnte sie niemandem mehr helfen.
Nein, Georgie schätzte zwar die Ideale ihrer Tante, aber nicht deren Methoden.
Als sie das Haus erreichten, bedeutete sie Lord Griffith, das Pferd zu zügeln. „Hier sind wir. “
Vor dem wunderlichsten Haus in
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