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Eine unberührte Welt - Band 3 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 3 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Hubschrauber.
    »Borem, borem!«, schreit Khodai Shah, der das letzte Gespann führt, »weiter, weiter«. Doch es hat keinen Sinn zu drängeln, schneller geht es nicht.
    Man hört weit in diesen Bergen, deshalb bin ich überrascht, als ich mich im Sattel umdrehe und in der Ferne bereits die fahlen Lichtfinger der Suchscheinwerfer entdecke. Das ist keine Routinepatrouille. Die Russen müssen uns irgendwie aufgespürt haben. Vielleicht mit Hilfe ihrer Luftaufklärer oder Satelliten, doch die wahrscheinlichere Erklärung ist, dass sie einen Hinweis bekommen haben, gegen harte Rubel, versteht sich. In Afghanistan ist alles käuflich, auch Loyalität.
    »Merde!«, flucht Pascal neben mir, aber sein Zorn gilt nicht dem nahenden Verderben, sondern der Tatsache, dass er nicht im Stande sein wird, es zu fotografieren: Er hat hastig versucht, einen neuen Film einzulegen, und dabei ist ihm ein Tropfen aus der Nase ins Kameragehäuse gefallen, auf der Stelle gefroren und blockiert nun die Mechanik.
    Ahmad Wahil ruft etwas, das ich nicht verstehe, und der Zug kommtzum Stillstand. Alle Augen sind auf die sich nähernden Hubschrauber gerichtet. Drei sind es, dunkelgrau und gedrungen, und ich bilde mir ein, selbst auf diese Distanz schon den roten Sowjetstern an ihren Flanken zu erkennen. Noch haben sie uns nicht entdeckt. Ich mustere unseren bärtigen Führer mit seiner stolzen schwarzen Fellkappe und frage mich, ob er womöglich glaubt, wir könnten davonkommen, indem wir uns tot stellen. Es muss ihm klar sein, dass das aussichtslos ist. Die Russen besitzen Infrarot-Detektoren, die uns hier oben im eiskalten Hochland unfehlbar aufspüren werden. Alles, worauf wir hoffen können, ist, dass sie Anweisung haben, uns zu verhaften.
    Doch – die Männer drängen die Pferde und Kamele gegen den Fels, lassen sie sich hinlegen. Schon das ist Wahnwitz: Die Tiere sind erhitzt vom Anstieg; selbst wenn wir schon oben und auf dem Rastplatz wären, müssten sie erst zwei Stunden stehen, ehe sie sich auf den tiefgefrorenen Boden legen dürften. »Ahmad?!«, rufe ich, doch er beachtet mich nicht.
    Stattdessen führt er sein Pfeifchen an die Lippen und bläst hinein. Und die anderen beeilen sich, es ihm gleichzutun. Ein Chor eigenartig dünner, spitzer Pfeiftöne steigt in den eisgrauen Himmel, ein Klang, der irgendwie nur zu einem Teil in diese Welt zu gehören scheint.
    »Qu’est-ce qui se passe?«, wundert sich Pascal, doch ich höre seine Stimme wie durch Watte, und die Watte ist in meinem Kopf.
    »Ich habe keine Ahnung, was das soll«, rufe ich ihm zu. Die Hubschrauber beeindruckt es jedenfalls nicht im Mindesten. Sie kommen gemächlich näher, bewegen sich wie Raubtiere, die wissen, dass ihre Beute nicht mehr entkommen kann. Ich mache es Pascal nach, der es aufgegeben hat, an seiner Kamera herumzunesteln, und steige vom Pferd.
    Meine Bauchmuskulatur spannt sich, als wäre mein Körper der Überzeugung, Kugeln aus russischen Bordgeschützen standhalten zu können. Dabei werde ich nicht einmal diesem Pfeifkonzert mehr lange standhalten, es scheint Löcher in meinen Kopf bohren zu wollen. Ich habe noch nie von einem derartigen Brauch gehört.
    Ich will etwas schreien, doch eine Art Schatten, den ich aus denAugenwinkeln schräg hinter mir zu sehen glaube, lässt mich den Kopf wenden. So kommt es, dass ich ihn sehe.
    Den Drachen.
    Ein Tier so gewaltig wie ein Jumbo-Jet stürzt aus der Höhe des Himmels herab. Eine Masse, deren bloßer Anblick einem das Herz stehenbleiben lässt. Ich sehe Schuppen groß wie Kofferraumdeckel, als es dicht über uns hinwegfegt, und der Luftstoß schleudert mich wehrlos auf die Felsen. Ich höre Pascal aufheulen, aber darum kann ich mich jetzt nicht kümmern. Ich muss aufspringen und sehen, was da geschieht, muss zuschauen, wie das schlangenartige, geflügelte Wesen ins Tal hinabrauscht, auf die russischen Hubschrauber zu. Mein Verstand hat ausgesetzt, auf reine Aufnahme geschaltet, akzeptiert alles. Die Schulbildung enthält sich jeglichen Kommentars. Es passiert, und ich bin dabei. Das Einzige, was mich flüchtig wundert, ist, wie wenig es mich wundert.
    Die Hubschrauber haben angehalten, stehen reglos in der Luft, tasten mit ihren Scheinwerfern dem Drachen entgegen, der sich fast spielerisch durch die Dämmerung schlängelt, mit eigentlich viel zu kleinen Flügeln und einem langen Schwanz, der wahrhaftig in eine Art Steuerruder ausläuft. Werden die Soldaten nervös? Sie wären keine Menschen, würden sie es

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