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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Aufenthaltsräumen und kaum mehr als schulterbreiten Gängen erschauderten.
    Der Kommandant ergriff wieder das Wort. »Da die übrigen Planeten von 47 Uma aufgrund ihrer Sonnenentfernung allesamt ebenfalls nicht als neue Heimat in Frage kommen, hat es keinen Sinn, diesen Stern anzufliegen. Das Bremsmanöver, dessen Beginn für nächsten Monat geplant war, wird also entfallen. Stattdessen fliegen wir weiter.« Er deutete auf die Sternkarte. »Unser Flugziel wurde von Anfang an so gewählt, dass wir auf eine derartige Erkenntnis angemessen zu reagieren im Stande sind. Wir werden unseren Kurs geringfügig ändern und den Stern HD-89744 ansteuern, der ebenfalls von einem höchstwahrscheinlich bewohnbaren Planeten umkreist wird.«
    Fünfzigtausend Kolonisten wagten noch nicht, aufzuatmen.
    »Allerdings«, fügte der Kommandant kummervoll hinzu, »verlängert sich damit die Dauer unserer Reise von 34 auf voraussichtlich 102 Jahre. Das heißt, selbst wenn alles gut geht, werden erst unsere Kindeskinder wieder die Scholle eines Planeten betreten.« Er sah ihnen allen fest ins Kameraauge, allen fünfzigtausend Kolonisten. »Wir mussten mit so etwas rechnen, als wir an Bord dieses Schiffes gingen. Trotzdem schmerzt es, dass der Notfall nun tatsächlich eingetreten ist. Ich bitte Sie alle, jetzt den Mut nicht sinken zu lassen. Lassen Sie uns diese Herausforderung gemeinsam meistern, unseren Nachfahren zuliebe – und um unserer Würde als Menschen willen.«
    Fünfzigtausend Kolonisten seufzten abgrundtief. Die meisten fluchten auch, unter Gebrauch der derbsten Flüche, die ihnen geläufig waren. An diesem Abend erreichte die Abgabe von Narko-Punkten einen neuen Höchststand.
     
    Einer der Kolonisten hatte keine Zeit, zu seufzen. Wim Freese hatte die garantierte Abwesenheit beider Kommandanten benutzt, um in die Kabine des stellvertretenden einzudringen. Was natürlich in höchstem Grade illegal war und auch technisch nicht einfach, doch Wim besaß erstens die notwendigen Gerätschaften, um selbst ein Fingerabdruckschloss ohne Spuren und insbesondere ohne den richtigen Fingerabdruck zu öffnen, und wurde zweitens von der grimmigen Entschlossenheit getrieben, einen nicht nur rätselhaften, sondern darüber hinaus vermutlich in höchstem Maße unmoralischen Sachverhalt aufzuklären, koste es, was es wolle.
    Zu seiner Enttäuschung fand er die Räume des stellvertretenden Kommandanten leer und verlassen. Niemand war da, insbesondere keine schöne Frau. Die Räume sahen darüber hinaus auch nicht so aus, als walte darin weiblicher Einfluss, sie sahen im Gegenteil geradezu unbewohnt aus. Was kaum zu fassen war, wenn man bedachte, dass der Stellvertretende sich den größten Teil seiner Zeit hier aufhielt.
    Wim öffnete Schränke und Schubladen. Manche der Fächer waren regelrecht leer, was an Bord zumindest ungewöhnlich war. Das Bett war aufgeschlagen, fühlte sich aber klamm an, so, als habe schon lange niemand mehr darin geschlafen. Wim schritt die beiden Wohnräume ab, spähte immer wieder in die gleichen Ecken und Winkel, bis er sich eingestand, dass er es hauptsächlich deswegen tat, weil er der unvermeidlich scheinenden Konsequenz seiner Beobachtung ausweichen wollte: dass die Unbekannte, wenn sie hier nicht war, nur in der Kabine des Kommandanten sein konnte. Des allseits geachteten, ehrenwerten Kommandanten. Seine Kabine war die einzige weitere unbeobachtbare Zone im Schiff.
    »Hast du nicht Angst, dass du eines Tages einmal etwas findest, was du lieber nicht gefunden hättest?«, hatte Joana gefragt. Sah ganz so aus, als sei es so weit.
    Er wollte gerade gehen, als seine angesichts der Situation aufs Schärfste gespitzten Ohren einen sehr weit entfernten, sehr fremdartigen Laut vernahmen. Eine Art metallisches Schaben oder Kratzen. Einen Lidschlag später stand er in einem der Kleiderschränke zwischen muffig riechenden Uniformoveralls und spähte mit angehaltenem Atem durch den winzigen Spalt, den die Schiebetür offenstand. Dieses Versteck hatte er sich gleich nach dem Hereinkommen ausgeguckt; von hier aus hatte er den Eingang im Blick, zudem war es nah genug, um selbst für den Fall eine Chance auf Entkommen zu bieten, dass der Stellvertretende wider Erwarten zurückkommen sollte. Wenn er danach erst ins Bad ging, etwa. Er durfte nur nicht als Erstes an den Kleiderschrank wollen.
    Wim beobachtete die Tür. Nichts rührte sich. Von dem Geräusch war natürlich auch nichts mehr zu hören; nicht in diesem schallgedämpften

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