Süßer Mond - Süßer Mond - Dark Guardian - 01 Moonlight
Prolog
M ondlicht umströmte uns, umströmte Lucas und mich.
Gedämpfte Stille lag über dem Wald. Riesige Bäume standen um uns herum. Das Rascheln ihrer Blätter klang wie ein warnender Hauch in der lauen Sommernacht. Wir achteten nicht darauf. Wir hatten nur Augen füreinander.
Er war viel größer als ich, und ich musste den Kopf in den Nacken legen, um in seine silbrigen Augen zu schauen. Ihre hypnotisierende Ausstrahlung hätte mich beruhigen sollen, aber stattdessen ließen sie mein Herz nur noch schneller schlagen. Oder vielleicht war es die Nähe seiner Lippen, die mein Herz zum Rasen brachte.
Er trat noch einen Schritt näher, und ich wich zurück, aber ein Baum hinderte mich daran, mich so weit zu entfernen, wie es meine Absicht gewesen war. War ich bereit? War ich bereit für einen Kuss, der mein Leben verändern würde? Ich wusste, ich würde nie wieder dieselbe sein, wenn er mich küsste. Wir würden nie wieder dieselben sein. Unsere Beziehung würde sich verwandeln …
Mein Geist war erschüttert von der Tragweite dieses einfachen Wortes. Verwandeln . Es hatte für mich an Bedeutung gewonnen - jetzt, da ich seinen wahren Sinn kannte.
Lucas stand plötzlich wieder ganz dicht bei mir. Ich hatte ihn nicht näher kommen sehen. Er war einfach da. Seine Bewegungen waren blitzschnell. Ich bekam weiche Knie und war froh, dass ich einen kräftigen Baum zum Anlehnen hatte. Er hob den Arm und presste ihn über meinem Kopf gegen die Rinde, als ob auch er eine Stütze bräuchte. Ich spürte die einladende Wärme seines Körpers, der meine Nähe suchte. Unter gewöhnlichen Umständen hätte er mich in seine schützenden Arme gezogen, aber diese Nacht war alles andere als gewöhnlich.
Im Mondlicht sah er schön aus. Einfach wundervoll. Sein kräftiges, glattes Haar - eine Mischung aus Weiß, Schwarz und Silber und hier und da ein wenig Braun - fiel auf seine Schultern. Ich spürte einen schier unbezwingbaren Drang, es zu berühren, ihn zu berühren. Doch ich wusste, dass er die kleinste Regung meinerseits als Signal deuten würde, dass ich bereit war. Aber ich war nicht bereit. Ich wollte nicht, was er mir anbot. Nicht heute Nacht.Vielleicht niemals.
Wovor hatte ich Angst? Es war nur ein Kuss. Ich hatte andere Jungen geküsst. Ich hatte Lucas geküsst.
Warum also sollte mich heute Nacht ein Kuss von Lucas in Panik versetzen? Die Antwort war simpel: Ich wusste, dass dieser Kuss uns für immer aneinander binden würde.
Mit einer sanften Bewegung strich er mir das Haar aus der Stirn. Er hatte einmal gesagt, meine Haarfarbe erinnere ihn an einen Fuchs. Er sah alles in Zusammenhang mit dem Wald, was zu seinem einzelgängerischen Wesen passte.
Warum war er so geduldig? Warum drängte er mich nicht? Fühlte er es auch? War ihm klar, wie folgenschwer es wäre, wenn …
Er neigte den Kopf. Ich rührte mich nicht, wagte kaum zu atmen. Trotz all meiner Ängste wollte ich das hier. Ich sehnte es herbei. Aber noch kämpfte ich dagegen an.
Beinahe berührten seine Lippen meinen Mund. Beinahe.
»Kayla«, murmelte er auffordernd, und sein warmer Atem strich liebkosend über meine Wange. »Es ist Zeit.«
Tränen brannten in meinen Augen. Ich schüttelte den Kopf, weigerte mich, die Wahrheit seiner Worte anzuerkennen. »Ich bin noch nicht so weit.«
Ich hörte ein bedrohliches, kehliges Knurren in einiger Entfernung. Er erstarrte. Er musste es auch gehört haben. Er wich ein Stück zurück und blickte sich um. Da sah ich sie. Die Wölfe waren zurückgekehrt und schlichen am Rand der Lichtung entlang.
Lucas drehte sich wieder zu mir, in seinen silberfarbenen Augen spiegelte sich Enttäuschung. »Dann wähle einen anderen. Aber du kannst es nicht allein durchmachen.«
Er wandte mir den Rücken zu und ging mit entschlossenen Schritten auf die Wölfe zu.
»Warte!«, schrie ich ihm nach.
Doch es war zu spät. Mit jedem Schritt entledigte er sich eines Kleidungsstücks. Dann rannte er los. Er sprang in die Luft und …
Als er wieder auf dem Boden aufkam, war er ein Wolf. Von einem mondlichtdurchfluteten Augenblick zum anderen hatte er sich von einem jungen Mann in einen Wolf verwandelt. Er war genauso schön als Wolf wie in seiner menschlichen Gestalt.
Er warf den Kopf zurück und heulte den Mond an, den
Vorboten für Veränderungen, den Künder des Schicksals. Der gepeinigte Laut ließ meinen Körper erbeben und rief nach mir. Ich wehrte mich dagegen zu antworten, aber die Wildheit, die tief in meinem Inneren
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