Eine Vampirin auf Abwegen: Argeneau Vampir 1
Mutter bemerkte. Sie hatte zwar gefürchtet, dass sie die Nachricht nicht besonders gut aufnehmen würde, nicht aber, dass sie reagieren würde, als hätte sie gerade gehört, die Leute aus dem Dorf seien unterwegs, um ihr Haus mit Fackeln und Pflöcken zu stürmen.
„Mutter”, sagte Lissianna seufzend. „Er war außer sich. Er hatte seinen Flug verpasst und.... ”
„Er hätte überhaupt nichts verpasst”, unterbrach Marguerite sie gereizt. „Ich hätte ihm Erinnerungen an einen großartigen Urlaub ins Hirn gesenkt. Er wäre so entspannt und vergnügt nach Hause zurückgekehrt, als sei er wirklich in Urlaub gewesen. Vielleicht noch mehr, weil er all dem wirklichen Stress eines normalen Urlaubs wie verspätete Flüge, Sicherheitschecks, Sonnenbrand und Lebensmittelvergiftung entgangen wäre.”
Marguerite schloss die Augen und seufzte kurz, dann wandte sie sich dem Kühlschrank in der Bar zu und fragte: „Welche Erinnerungen hast du ihm denn eingegeben?”
„Erinnerungen?”, fragte Lissianna ausdruckslos, und ihr Blick glitt erschrocken zu ihren Mitverbrechern. Sie schauten alle ebenso leer drein, wie sie sich fühlte.
„Um seine Erinnerungen zu ersetzen, dass er hier war”, erklärte Marguerite. Sie schaute missbilligend in den Kühlschrank und murmelte: „Verdammt, wir haben beinahe kein Blut mehr. Wir haben letzte Nacht fast alles für die Party verbraucht.”
„Bastien schickt heute frisches herüber”, erinnerte Martine sie.
„Ah ja.” Marguerite entspannte sich ein wenig, spähte aber immer noch unzufrieden in den Kühlschrank und wünschte sich wahrscheinlich, sie könnte einen der wenigen verbliebenen Beutel herausholen und ihre Zähne hineinschlagen. Aber sie wusste nur zu gut, dass das unmöglich war, wenn sie nicht wollte, dass Lissianna von diesem Anblick ohnmächtig wurde.
„Und?”, fragte sie schließlich. „Welche Erinnerungen hast du ihm im Austausch eingegeben?”
„Äh.... ” Lissianna warf den anderen einen Blick zu, dann seufzte sie und gab zu: „Keine.”
Marguerite hatte sich gebückt, um die Dinge im Kühlschrank hin und her zu räumen, aber nun erstarrte sie und richtete sich langsam auf. Wenn ihre Mutter zuvor entsetzt gewesen war, war das nichts, verglichen mit ihrer jetzigen Miene.
„Wie bitte?”, fragte sie kraftlos. „Du hast was nicht getan? Bitte sag mir nicht, dass du diesen Mann einfach hast davongehen lassen mit voller Kenntnis unserer Existenz! Bitte sag mir, dass du seine Erinnerungen ausgelöscht und sie durch neue ersetzt hast, wie man es dir beigebracht hat.”
Lissianna seufzte. Seit sie ein Kind gewesen war, hatte man ihr eingetrichtert, dass sie bei Sterblichen immer die Erinnerungen an sie auslöschen musste; sie durften gar nicht wissen, dass sie existierten. Sie hatte zweihundert Jahre Zeit gehabt, das zu lernen. Und dennoch hatte sie ihn einfach gehen lassen, ohne es zu tun.
„Ich hätte es selbst dann nicht tun können, wenn ich es gewollt hätte. Ich konnte nicht in seine Gedanken eindringen, auch nicht, um sie lediglich zu erforschen. Erinnerst du dich?”, antwortete sie.
Tante Martine war verblüfft. „Du konntest seine Gedanken nicht lesen?”
„Nein, konnte ich nicht.”
Tante Martine warf Marguerite einen Blick zu. Lissiannas Mutter öffnete den Mund, wahrscheinlich, um Gift auszuspucken, aber Elspeth eilte zu Lissiannas Verteidigung herbei und sagte: „Es ist schon in Ordnung, Tante Marguerite. Greg weiß nicht, was wir sind.”
„Stimmt. Für ihn sind wir nur ein Haufen Spinner, keine Vampire”, warf Thomas ein, und diese Bemerkung ließ Lissianna r verärgert dreinschauen.
„Außerdem”, fügte Elspeth hinzu, „wenn er wirklich versuchte zubehaupten, dass man ihn entführt habe, würde ihm niemand glauben. Er ist aus eigenem Willen in den Kofferraum gestiegen, und genau das zeigt auch die Sicherheitsaufzeichnung im Parkhaus.”
„Er könnte sich höchstens darüber beschweren, dass er über nacht festgehalten wurde und deshalb seinen Flug verpasst hat”, ergänzte Jeanne Louise. „Die Polizei würde jedoch annehmen, es war ein Sexspielchen, das ein wenig länger gedauert hat, und er wolle nur versuchen, sich das Ticket rückerstatten zu lassen.”
Marguerite schloss die Kühlschranktür mit einem hörbaren Schnappen. „Und das war selbstverständlich sein eigenes Argument.”
Lissianna fluchte lautlos. Sobald sie Jeannes Bemerkung über Scxspielchen gehört hatte, hatte sie gewusst, dass das ein Fehler
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