Eine Zuflucht aus Rosen
gewesen, sich an dem zu bedienen, was Nicola, die Lady Mal Verne, ihm bei ihrer ersten Begegnung bereits angeboten hatte. Fantin musste ihr lediglich einen seiner wohldosierten, eindringlichen Blicke zuwerfen, zu dem er dann unsagbar melancholisch auf der Laute spielte ... von wunderschönen Maiden und der vollkommenen Liebe, welche ihnen ihre wackeren Streiter zudachten ... und das Weib hing am Haken. Wie ein Maulesel, der einer Karotte nachtrottete.
Natürlich hätte die Ehe mit einem bärbeißigen, schweigsamen, blöden Mann, wie Mal Verne es war, jede Frau einem Mann in die Arme getrieben, der solchen Charme und die erstaunliche Schönheit Fantins besaß, dachte er bei sich, als sich seine Lippen zu einem selbstgefälligen Lächeln verzogen. Gott hatte ihn wahrlich gesegnet, indem er ihn so geschaffen hatte, dass er sowohl Frauen als auch Männern gefiel ... zumindest denen, von denen er sich wünschte , dass sie ihn attraktiv fanden und dass sie seiner Führung folgten und seinem Werk dienten.
Retna öffnete die Augen, noch verschleiert vom Schlaf, und ließ das Laken fast bis zur Hüfte runter gleiten, und bot sich ihm nackt dar. Fantin betrachtete sie, die erwachende Lust kehrte wieder in seine unteren Körpergegenden zurück und er fragte sich, ob er sich noch einmal dem Liebespiel mit ihr hingeben sollte, bevor er sie ihrem Schicksal in seinem Laboratorium überließ.
Es war ein unschönes Schicksal, aber notwendig.
Das hier war in der Tat seine Schwäche. Die körperliche Vereinigung mit einer Frau – egal welcher – die nicht von der gleichen Reinheit war, welche Gott Fantin geschenkt hatte: Das war das Laster, gegen welches er ankämpfen musste. Das Kreuz, das er tragen musste. Die Versuchung, die er berichtigen musste. Er wusste, dass er seine göttliche Gabe aufs Spiel setzte, wenn er die Leiber von Huren und Frauen genoss, die ihren Körper jedem feilboten, der darum bat – echte Huren, aber auch die Damen des Hofes wie Nicola Mal Verne. Sie war nicht die reine Frau gewesen, für die er sie gehalten hatte, und das hatte Fantin viel Kummer bereitet.
Aber David hatte seine Bathsheba gehabt und Gott hatte ihm trotzdem sein Königreich gegeben. Ja, David hatte seine Strafe erhalten, aber Fantin fürchtete sich nicht. Solange Gott ihm weiterhin den Weg zu der Rezeptur des Steines der Weisen wies, wäre Fantin in der Lage jedwede Strafe zu ertragen, die man ihm auferlegte.
Wenn Anne nicht gestorben wäre... Ah, Anne, seine Gemahlin, die einzige Frau, die von unberührter Reinheit gewesen war und ebenso auserwählt worden war wie er selbst. Die einzige Frau, die seiner körperlichen Liebe würdig gewesen war.
In den vergangenen zehn Sommern hatte Fantin nach einer Frau gesucht, sie zu ersetzen, und hatte nie eine gefunden, die seiner würdig war. Nicola war sein größter Irrtum gewesen, hatte ihn mit ihren Hurenkünsten versklavt, während sie ihn glauben machte, dass sie unschuldig und rein war.
Bis er die Frau fand, die Gott ihm vorherbestimmt hatte, würden seine Fleischessünden ihm nur dann vergeben werden, wenn er die Wurzel der Versuchung mit Stumpf und Stiel ausriss – die Dirnen, die Huren – aus seinen Augen, aus seinem Leben ... aus dieser Welt.
Nur dann – wenn er die Vollkommenheit in einer Frau fand und nicht länger suchen musste – würden ihm seine Sünden vergeben werden.
* * *
Madelyne hörte das grauenerregende Krachen, als das Dach ächzte und in sich zusammenfiel. Das Haus, in dem Mal Verne verschwunden war. Sie schrie verzweifelt und rannte auf das zusammengefallene Gebäude zu, als Rauch daraus hervorquoll. Jube, der ihr nicht von der Seite gewichen war, seit sie ihr Gemach verlassen hatte, folgte ihr auf dem Fuße und rief Clem und Arden um Hilfe. Er schob sie zur Seite, gab ihr kurz angebunden den Befehl dort stehen zu bleiben, während er sich auf die wacklige Konstruktion zubewegte.
Sie blieb gehorsam stehen, kaute nervös an ihrer Faust, während sie zusah. Wie die drei Männer auf das Gebäude zu rannten. Ein kleines Grüppchen von Frauen und Kindern, angeführt von der Frau, die Mal Verne auf die fehlenden Leute aufmerksam gemacht hatte, drängte sich hinter Madelyne.
Jube, gefolgt von Clem und dann Arden, bückte sich und schob sich vorsichtig durch den Eingang ins Haus hinein. Sie verschwanden in dem Rauch.
Madelyne sah, wie die Flammen allmählich über Dach auftauchten, und sie ballte die Hände noch fester zusammen, ihre Augen auf das Gebäude
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