16 Science Fiction Stories
Vorwort
Sind die Autoren von Zukunftsromanen Propheten? Fast könnte man es meinen, wenn man sich einiger schon klassisch gewordener Beispiele erinnert. Jules Vernes ›Reise um die Welt in 80 Tagen‹ ist vom Zeitalter der Düsenclipper längst überholt, Huxleys ›Schöne, neue Welt‹ ist zumindest teilweise Wirklichkeit geworden, und Orwells ›1984‹ scheint manchen Diktatoren als Vorbild gedient zu haben. Noch besser bestätigt es sich in den vorausgeahnten Erfindungen – Fernsehen, Radar, Elektronengehirne, Raketen tauchten in den utopischen Romanen schon lange vor ihrer Zeit auf. Arthur C. Clarke beschrieb das Telstarsy stem in allen technischen Einzelheiten, und bei einem amerikanischen Autor erschienen während des zweiten Weltkriegs Beamte des FBI, weil er eine Atombombe so genau geschildert hatte, daß man Verrat witterte.
Ganz anders steht es mit den Voraussagen von Professoren und Gelehrten, die immer viel vorsichtiger waren. Eisenbahn und Flugzeug wurden als Phantasterei verworfen, in seriösen Arbeiten wurde die Unmöglichkeit einer Mondrakete bewiesen, und selbst Rutherford, einer der Väter der Kernenergie, bezeichnete jede Hoffnung, diese einst technisch verwerten zu können, als Unsinn.
Nun ist man nachher immer klüger als zuvor – und macht dann die Fehler der Väter, über die man lacht, selbst immer wieder. Das zeigt sich in mancher Beurteilung der neuen Utopie, der Science Fiction. Vieles von dem, was dort beschrieben wird, erscheint phantastisch: Raumfahrten bis ans Ende des Weltalls, Roboter, die von Menschen nicht zu unterscheiden sind, maschinelle Telepathie und Teleportation. Aber ist es deshalb unmöglich?
Sucht man die Antwort von Fachleuten auf diese Frage, dann hört sie sich weniger apodiktisch und absolut an. Die Existenz von Intelligenz auf anderen Planetensystemen etwa oder die Möglichkeit willensbefähigter Elektronengehirne werden von vielen für sicher gehalten. Anderes freilich wird pessimistisch beurteilt – die Schranke der Lichtgeschwindigkeit beispielsweise, die die interstellare Raumfahrt behindert, wird sich wohl nie überwinden lassen.
Die Frage der Realisierbarkeit liegt aber nur am Rande der Science Fiction-Thematik. Notwendigerweise hat jeder, der sich mit seinen Ideen in die Zukunft begibt, die Chance, sich als Prophet zu erweisen. Aber darum geht es dem Science Fiction-Autor eigentlich nicht. Das, was ihm diese Literaturgattung so dankenswert erscheinen läßt, ist vielmehr die Möglichkeit, zu experimentieren. Er kann von den klassischen Konflikten abgehen und den Menschen in Situationen hineinstellen, die völlig neu sind. Wie wird er sich verhalten? Was wird er empfinden? Wie wird er seine Aufgabe lösen? Die Situation kann mehr oder weniger Aussicht haben, sich zu verwirklichen, sie kann auch ins Absurde gehen, und hier verfließt die Grenze zur phantastischen Literatur; bei mancher Story wird aber erst die Zukunft entscheiden, auf welcher Seite der Grenze sie liegt.
Unser erster Band hat viele Liebhaber und Freunde gefunden, die nicht mehr von der Science Fiction verlangen, als sie ihnen zu geben vermag – Spiele mit Ideen und Möglichkeiten, oft amüsant und geistreich, immer abenteuerlich und spannend, manchmal beklemmend in den Aussichten, gelegentlich sogar eine ernste Warnung an uns alle – aber keine Prophezeiung. Nun liegt der zweite Band vor – wieder bietet er eine bunte Mischung aus allen Sparten der Phantasie und Science Fiction, ausgewählt aus dem weltbekannten amerikanischen Magazin gleichen Namens. Wir wünschen unseren Lesern viel Vergnügen – und ein wenig Besinnung auf den Ernst mancher Probleme im Hintergrund.
Charlotte Winheller
Kem Bennett Blick ins All
Jurko Andropow fühlte sich nicht im geringsten vom Schicksal vernachlässigt, als er sein herzhaftes Frühstück zu sich nahm. Er saß auf der Terrasse der Villa der Roten Luftwaffe in Aluschta an der Krim-Riviera und trug nichts außer einem Pyjama. Unter der Terrasse, am Fuße der dreißig Meter steil abfallenden Felsen, glänzte das Schwarze Meer im strahlendsten Blau. Der Tag versprach angenehm warm zu werden.
Nach dem Frühstück zündete sich Jurko eine Zigarette an und vergegenwärtigte sich die Tatsache, daß der Tag ihm ganz allein gehörte; bis Mitternacht war er frei. Er hatte sich noch nicht recht entschieden, wie er den Tag verbringen wollte, und da dies ein ganz besonderer Tag war, möglicherweise sein letzter, hatte er das Gefühl, daß
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