Eine Zuflucht aus Rosen
Reginald neben ihr Platz genommen. Gavin biss die Zähne aufeinander und beobachtete sehr aufmerksam, um zu sehen, was für eine Reaktion – wenn es überhaupt eine gab – dies bei Madelyne hervorrufen würde. Er sah ein Lächeln, ein kurzes, und dann lenkte sie den Blick wieder zu dem Jongleur.
Ihm wurde da bewusst, dass Clem schon ein Weilchen zu irgendetwas vor sich hin grummelte – und aufgrund der Tatsache, dass er immer noch weiterredete, kam es, dass Gavin ihm seine volle Aufmerksamkeit schenkte. „Was ist mit Euch?“, fragte er und sah seinen Begleiter an.
„Du kannst denen nie vertrauen! Und wenn du denkst, jetzt sagen sie, was sie wollen, und du hast sie über ihre Wut gelotst, dann werden sie wegen was ganz anderem fuchsig!“ Clem nahm einen großen Schluck Ale zu sich, als hätte diese ungewohnt lange Rede ihm die Kehle ausgetrocknet.
Gavin starrte ihn an. „Gibt es denn ein hübsches Frauenzimmer, das Euer Herz erobert hat, Clem?“
„Mein Herz? Aber nicht doch! Es ist nicht mein Herz, was sie erobert hat – es sind meine Ohren und die Beine! Die Zofe von Lady Madelyne – dieses Frauenzimmer Patricka – verfolgt mich mit ihren Botengängen und Befehlen. Während ich vor der Türe der Lady Wache stehe, treibt mich die Zofe in den Wahnsinn mit all ihren dummen Geschichten und ihren Aufforderungen, dass ich dieses verrücke, jenes herunterreiche oder das da aufmache und derlei. Ich komme mir allmählich wie die Amme von dem Weib vor!“
Gavin schwieg da nur, nickte mit dem Kopf und trank weiter sein Ale, wobei er Madelyne immer wieder einen verstohlenen Blick zuwarf, während er Clem gestattete, seine Tirade fortzusetzen. So seltsam seine dahergefaselte Tirade auch war, es enthob Gavin von der Notwendigkeit ihm etwas darauf zu erwidern.
„Es ist Jube, dessen Augen von der Zofe gefangen genommen worden sind – nicht die meinen“, sagte Clem säuerlich und unterbrach sich kurz, um sich etwas Ale hinter die Binde zu kippen. Er wischte sich mit der Hand über den Mund und fuhr fort, „soll doch er an ihrer Tür Wache stehen und dem Weib da mit dem Haushaltsarbeiten zur Hand gehen!“
Gavin, der gesehen hatte, wie Madelyne sich erhob und in seine Richtung herkam, wandte Clem rasch wieder seine Aufmerksamkeit zu – gerade rechtzeitig, um seine letzte Nörgelei zu vernehmen. „Also gut, wenn es mir Euer Gejammer erspart, entbinde ich Euch vom Wachdienst und werde von nun an Jube dort den Tag über postieren. Er mag sich so viel er will mit dem Weib amüsieren, solange er seine Aufgabe, auf Lady Madelyne aufzupassen, nicht vernachlässigt.“
Clem öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber schloss ihn dann abrupt wieder. „Meinen Dank, Mylord“, sagte er barsch und vergrub das Gesicht dann in seinem Weinkelch.
„Seid gegrüßt, Lady Madelyne“, sagte Gavin, der aufstand, als sie auf ihn zukam. Ihr Kopf war nicht bedeckt – immer noch merkwürdig für ihn, dieses wunderschöne Haar unbedeckt zu sehen, trotz der Tatsache, dass sie es seit ihrer Ankunft bei Hofe stets so getragen hatte. Lange Locken dunklen Haars, eingewickelt in eine goldene Kordel, hingen ihr von beiden Schläfen, während der Rest aufgerollt und geflochten hinten in ihrem Nacken zusammengefasst worden war. Ihr Gewand schleifte über den Boden, die weiten Ärmel ihres Obergewands streiften fast den Saum davon, während Andeutungen des eng geschnürten Bliaut darunter die herrlichen Rundungen eines sehr un-nonnenhaften Körpers verrieten.
Er verbarg seine Überraschung darüber, dass sie ihn aufgesucht hatte, und fuhr gewandt fort. „Soeben habe ich Clem mitgeteilt, dass Jube für eine Weile die Wache draußen vor Euren Gemächern übernehmen wird – also während des Tages. Nachts wird Rohan natürlich weiterhin vor Eurer Türe auf und ab gehen.“
Madelyne machte einen kleinen Knicks, blickte mit einem Lächeln zu Clem und wandte sich dann wieder Gavin zu. „Fürwahr, ich danke Euch Mylord.“ Sie fühlte, wie sein Blick schwer auf ihr ruhte, als er sie eingehend von Kopf bis Fuß betrachtete. Wärme stieg ihr da über Hals und Gesicht und sie schaute weg, um wieder die Kontrolle über ihre plötzlich verdatterten Gedanken zu bekommen.
„Ich hoffe Euer erster Tag am Hofe Eleonores verlief ohne besondere Zwischenfälle?“ Madelyne nickte und das seltsame Gefühl ebbte wieder ab. „Es ist ganz und gar nicht wie im Kloster, aber ich bin mir gewiss, dass ich mich daran gewöhnen werde. Ich habe wenig Wahl,
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