Eine Zuflucht aus Rosen
von Euren Reisen in das Heilige Land zu hören? Ich habe Karten der Gegend dort studiert, aber wünsche darüber mehr zu erfahren – von jemandem, der dort war.“
Es war hörbar, wie alles im Raum die Luft anhielt, und Judith klammerte sich an die Stickerei in ihren Händen. Eleonore reagierte nie gut darauf, wenn man sich nicht auf ihre Wünsche konzentrierte.
„Eine Frau mit ihren eigenen Wünschen“, murmelte die Königin.
Als Madelyne sich gehorsam auf den Platz neben der Königin setzte, schien sie sich keinen Begriff davon zu machen, dass sie ihre oberste Lehensherrin verärgert haben könnte.
Über ihre Nasenspitze hinweg schaute Eleonore pointiert auf Madelyne herunter, als würde sie das Auftreten ihrer Hofdame abwägen. „Ich würde gerne von Eurem Leben im Kloster hören, Madelyne de Belgrume, und dann – wenn es mir beliebt – werde ich Euch von Jerusalem und anderen Orten erzählen.“
Judith atmete wieder aus und nahm ihre Stickerei zur Hand – hocherfreut, dass die Königin keinen Anstoß genommen hatte. Sie konnte die nachfolgende Unterhaltung zwischen Madelyne und Eleonore nicht hören, aber stellte fest, dass die Königin an den Erzählungen, die man ihr darbot, interessiert schien, weil sie mehrmals zustimmend mit dem Kopf nickte und bisweilen betrübt lächelte.
Der Vormittag ging rasch vorbei und auch wenn es an den Rändern der Grüppchen rund um den Thron herum immer noch rumorte, war das Wispern nicht offenkundig.
Beständig klopfte es an der Tür und immer wieder kamen neue Leuten herein, so dass dies keinerlei Aufmerksamkeit unter den Frauen erregte, bis ein Page eintrat, der um die Erlaubnis für Einlass von Gavin Mal Verne bat. Judith blickte rasch zur Tür und sah die große, dunkle Gestalt ihres Cousins, als er entschlossen eintrat. Schweigen legte sich über die Damen, als er durch sie hindurch schritt, sein schneller Schritt wirbelte die Luft auf und der Saum seiner Tunika wippte ihm dabei an den kraftvollen Schenkeln.
„Was führt Euch zu mir, Lord Mal Verne?“
Er verneigte sich vor der Königin. „Der König schickt mich, um Euch in seine Gemächer zu geleiten, Eure Majestät.“
Eleonore erhob sich und auch wenn sie nun auf ihrem Podest stand, musste sie doch in sein unergründliches Gesicht, dem eines Falken nicht unähnlich, hochblicken. „Wie töricht von meinem Gatten, die Fähigkeiten eines guten Mannes zu verschwenden, indem man ihn auf einen Botengang entsendet, den ein Page übernehmen könnte. Nichtsdestotrotz nehme ich Eure Eskorte an.“ Sie blickte sich im Zimmer um, während sie ihr Gewand zurechtzupfte. „Eure kleine Nonne hat mich am heutigen Morgen recht gut unterhalten“, merkte Eleonore an, als ihre Augen auf Madelyne zu ruhen kamen.
„Daran hege ich keinen Zweifel.“ Gavins Antwort verriet keinerlei Emotion und Judith sah, dass er Madelyne hier kaum beachtete. „Eure Majestät, würdet Ihr mich begleiten?“
Mit einem Nicken drehte Eleonore sich um und schritt schnell aus dem Zimmer, wobei ihre juwelenbestickten Röcke hinter ihr her schleiften, während Gavin ihr folgte, ohne Judith auch nur zur Kenntnis zu nehmen.
„Der Mann jagt einem Angst ein“, flüsterte eine der Frauen, kaum schloss sich die Türe. „Ich bekomme wahrscheinlich Alpträume, nur weil ich ihn sah!“
„Man sagt, er habe seine Gemahlin in einem Anfall der Wut getötet. Ist das wahr?“, fragte Lady Beatrice, die noch nicht lange bei Hofe war.
„Selbstverständlich nicht“, entfuhr es Judith da und sie erhob sich abrupt. Ihre Stickerei glitt auf den Boden und sie stieg darüber hinweg, um sich den anderen zu nähern. „Lady Nicola starb bei einem Sturz von ihrem Pferd.“
Artemis warf ihr von der Seite einen braunäugigen, abschätzenden Blick zu. „So hat es Lord Mal Verne erzählt, aber was würde ein solcher Mann denn sonst sagen, wenn er die Ursache ihres Ablebens war? Und was würdet Ihr, Judith, denn anderes sagen, wenn es Euch darum geht, Euren Cousin zu verteidigen? Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass er ihr bei dem Sturz behilflich war, denn so wie ich gehört habe, hat sie ihm mit einem anderem Mann die Hörner aufgesetzt!“
„Aber wie Ihr über den Mann immer noch Gutes sprechen könnt nach Eurer eigenen Tragödie, die Mal Verne verursacht hat, ist mir nicht begreiflich“, fügte ein weitere Hofdame – Renee von Hintenston – hinzu.
Judith hatte das Gefühl in die Magengegend geboxt worden zu sein. Wie wussten diese bösartigen Katzen
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