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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H. Reichholf
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griechische phoen- ( Phoenicoparrus und Phoeniconaias ). Die wissenschaftliche Benennung der Flamingos nimmt wie die Alten Griechen Bezug auf das besondere Rot, das Phönix-Rot. Was hat es damit auf sich?
    Die chemische Zusammensetzung des Stoffs, der die Flamingos rot macht, ist bekannt. Es handelt sich um einen Farbstoff, der zur Gruppe der Karotinoide gehört. Die Bezeichnung Karotinoide bezieht sich auf das Gelb(rot) der Karotten, die solche Farbstoffe enthalten. Es sind also Pflanzen, die diese Farben entwickeln. Die Spirulina -Blaualgen (Cyanobakterien) erzeugen Karotinoide in großen Mengen. Die Bedeutung dieser Farbstoffe besteht darin, das empfindliche Blattgrün (Chlorophyll) vor dem zerstörerischen Licht zu schützen, das auf die Salzseen niederbrennt. Das Blattgrün selbst, das Chlorophyll, hatten ihre fernen Vorfahren, die urzeitlichen Cyanobakterien, bereits vor mehreren Milliarden Jahren entwickelt. Die Entwicklung von Chlorophyll ist gleichbedeutend mit der Erfindung der Photosynthese. Diese setzt Sauerstoff frei. Daher verdanken wir den Cyanobakterien den freien Sauerstoff in der Luft. Er ist die Grundlage unseren und allen tierischen Lebens. Früh schon, in grauer Vorzeit, wurden frei lebende Cyanobakterien von anderen Organismen aufgenommen und nicht, wie das Millionen von Jahren lang üblich war, gleich verdaut, sondern im Innern der Zellen am Leben gehalten. Es entwickelte sich daraus eine Partnerschaft. Von dieser stammen alle grünen Pflanzen ab. Die »Körnchen«, die in unserer gesamten Pflanzenwelt das Blattgrün in sich tragen, sind nämlich symbiotische Cyanobakterien. Auch manche Tiere versuchten sich in der Aufnahme solcher Helfer, wie zum Beispiel der grüne Süßwasserpolyp ( Chlorohydra viridissima ) und manche Korallentiere. Sie waren aber bei weitem nicht so erfolgreich wie die Vorfahren der Pflanzen mit ihren Blaugrünalgen, den Cyanobakterien.
    Der Grund, dies zu betonen, liegt in der Lichtempfindlichkeit des Blattgrüns. Zu viel oder zu starkes Licht beschädigt das große, komplex gebaute und unserem roten Blutfarbstoff (dem Hämoglobin) sehr ähnliche Molekül. Dort, wo im Zentrum des Hämoglobins ein Eisenatom sitzt und das »Rot« des Bluts erzeugt, befindet sich im Chlorophyll ein Magnesiumatom. Es verursacht die grüne Farbe. Blutrot und Blattgrün sind einander im Aufbau also sehr ähnlich – und durchaus ähnlich empfindlich. Auch das in uns und in den Körpern anderer Tiere vorhandene Blut braucht Lichtschutz. Da es im Körper fließt, reicht das Fell als Schutz. Ist solches, wie bei uns Menschen, nicht vorhanden und wird die Haut starkem Licht ausgesetzt, bildet der Körper braune bis schwarze Schutzstoffe, die Melanine. Sie tönen die Haut mehr oder weniger dunkel. Ihrer Wirkung entsprechen bei den Pflanzen und den Cyanobakterien rote oder bräunliche Farbstoffe. Manche von ihnen eignen sich besonders gut, die sogenannten freien Radikale, die im Stoffwechsel entstehen, aufzunehmen und unschädlich zu machen. Als Antioxidantien verhindern sie, dass freie Radikale lebenswichtige Stoffe angreifen und zerstören. Die Carotine gehören zu dieser Gruppe von Farbstoffen. Ihre Vorstufen, die Carotinoide, schützen insbesondere das Blattgrün und den mit der Photosynthese verbundenen, komplexen Chemismus. In der extremen Umwelt der alkalischen Salzlagunen, in denen das flache Wasser tagsüber häufig auf 40 Grad Celsius und mehr aufgeheizt wird und zudem sehr starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist, benötigen die Cyanobakterien besonders guten Lichtschutz. Sie erzeugen entsprechend viel Carotinoide. Die Flamingos nehmen diese mit der Nahrung zu sich; die Zwergflamingos direkt aus der Spirulina , die Rosaflamingos indirekt mit den Kleinkrebschen. Denn auch die Krebschen, von denen hauptsächlich die Rosaflamingos leben, sammeln Carotinoide in ihren Körperchen an, weil auch sie sich von Cyanobakterien und Mikroalgen ernähren. Die direkt von den Produzenten der Carotinoide, den Cyanobakterien, lebenden Zwergflamingos bekommen größere Mengen Carotinoide ab als die Flamingos, die Kleinkrebse aus der Salzlake filtern. Daher sind die Zwergflamingos am rötesten.
    Alle Flamingos nehmen die Carotinoide mit ihrer Nahrung auf. Intensiv farbig werden diese Stoffe erst, nachdem sie in der Leber der Vögel zu Canthaxanthin umgebaut worden sind. Das ist der eigentlich rote Farbstoff. Die Flamingos lagern ihn in den Federn ab, und zwar insbesondere in solchen, die schnell wachsen

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