Einige werden überleben
tun sollte, und ließ, wiederum instinktiv, jemand anders den ersten Schritt tun. Er sah über den Tisch zu Gus, der bei dem verdunkelten Fenster vor sich hin brütete, als sähe er die anderen Häuser draußen in der Nacht.
„Also, irgend etwas müssen wir tun.“ Jack Hollands Stimme erhob sich scharf über das Stimmengewirr. „Sonst werden wir als die Leute in die Geschichte eingehen, die beinahe etwas angefangen hätten, aber es dann doch nicht geschafft haben.“
„Die Geschichte ist mir scheißegal“, meinte ein anderer Mann. „Aber ich habe fünf Kinder, denen ich etwas zu essen geben möchte.“
Damit war die Sache wohl klar, dachte Garvin. Keiner von ihnen konnte es jedoch etwas anderes nennen als ein schlechtes Geschäft. Besonders Gus, und er, weil sie hinausgehen und mit Conner reden mußten.
„Es ist bald Weihnachten“, sagte Gus mit einer leisen, brütenden Stimme. Er und Garvin standen beim Fenster. Die Decken waren wieder abgenommen worden, weil die Männer fortgegangen waren und sie das Licht ausgeschaltet hatten. „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Stuyvesant, du kleine Stadt, wie liegst du so still …“ Er schnaubte. „In hundert Jahren – da wird man wieder richtig Weihnachten feiern. Dann gibt es wieder Weihnachtsbäume und Lametta und Kerzen. Und ich hoffe, die Kinder spielen dann mit Spielzeugschleppern.“
„Für Jim habe ich einen Teddybär besorgt“, sagte Garvin. „Was hast du für Ted?“
Gus schnaubte wieder. „Was besorgt man für einen normalen Vierjährigen? Bücher mit vielen Bildern, weil Carol bald anfangen will, ihm das Lesen beizubringen. Einen kleinen Zug aus Holz … solche Sachen eben. Die sind für einen Vierjährigen richtig. Wenn er ein oder zwei Jahre älter ist, dann können wir anfangen, ihm zu erklären, warum die Bücher ohne Bedeutung sind und sein kleiner Zug eine Spielzeugnachbildung von etwas ist, das es nicht mehr gibt. Was man ihm dann schenkt, das ist die Frage, die mir Unbehagen bereitet.“
Auch Matt starrte mit stumpfen Augen auf die kalte Stadt. Berendtsens Stimmung übertrug sich auf ihn und beherrschte seine Laune.
Morgen würde es besser sein. Für irgend jemanden würde es immer morgen besser sein. Die schwierige Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, daß dieser Jemand zu den eigenen Leuten gehörte.
Er hatte Jim und die einjährige Mary. Außerdem war sich Margaret fast sicher, daß sie wieder schwanger war. Gus und Carol hatten Ted.
Das Gewicht, das auf Berendtsens Schultern ruhte, drückte auch Garvin zu Boden.
„Glaubst du, es klappt?“ fragte Gus ausdruckslos.
„Man hat schon Pferde kotzen sehen“, antwortete Matt.
Die Morgendämmerung schimmerte durch das Gewebe der Decken, die vor Garvins Schlafzimmerfenster hingen. Er schüttelte den Kopf, um den letzten Rest Schläfrigkeit loszuwerden. Er glitt auf seiner Seite aus dem Bett und schüttelte sich.
„Der Ofen ist wieder ausgegangen, Liebling“, murmelte Margaret verschlafen unter den Decken hervor.
„Ich weiß. Wahrscheinlich habe ich wieder vergessen, ihn vor dem Schlafengehen zu bestücken. Schlaf weiter“, flüsterte er und zog sich hastig an. Sie drehte sich einmal um, lächelte und vergrub ihren Kopf wieder in dem Kissen. Als er sich seine Stiefel zuschnürte, war sie wieder eingeschlafen, und er lachte leise über ihr leichtes Schnarchen.
Bevor er in die Küche ging, um Rasierwasser zu erhitzen, sah er noch kurz nach den Kindern. In der Küche starrte er lange in die Flamme, bevor er den Topf aufsetzte. Dann ging er leise in das Badezimmer, noch immer nachdenklich. Er war mehr bemüht, Gedanken auszuweichen, als ihnen nachzuhängen. Er wusch und rasierte sich automatisch, aber mit ruhiger Hand. Er spülte die Toilette mit einer Schüssel Spülwasser aus, füllte den Ofen auf und zündete ihn an, aß sein Frühstück. Schließlich seufzte er, schob seinen Teller weg und stand auf. Er ging zu der groben Tür hinüber, die sie nach dem Durchbrechen der Wand eingesetzt hatten, und klopfte leicht daran.
„Ja, Matt“, antwortete Gus von drinnen. „Komm herein. Ich trinke gerade noch eine Tasse Kaffee.“
Matt ging hinein und setzte sich zu Berendtsen an den Tisch. Gus stutzte sich auf seine Ellbogen. Seinen Kopf hatte er tief in die Schultern gezogen. Die Tasse mit dem schwachen, fast gelblichen Kaffee hatte er mit beiden Händen umfaßt und hielt sie in der Höhe seines Kinns. Ab und zu hob er sie an seinen Mund, um daraus zu
Weitere Kostenlose Bücher