Yvonne Lindsay
1. KAPITEL
Matt Hammond war allein.
Er tippte die Nummernfolge ein, die ihm Zugang zum Allerheiligsten des Diamantenimperiums House of Hammond gewährte. Allein sein. Diesen Zustand kannte er gut. Selbst Lionel Wong, ohne den hier fast nichts lief und der die Firma normalerweise als Letzter verließ, war schon gegangen. Umso besser. Kurz blieb Matt stehen und genoss die Stille. Wie immer empfand er auch jetzt die tiefe Befriedigung eines Mannes, der nach Hause kommt.
Dieses Gefühl überkam ihn regelmäßig, wenn er die Räume des Familienunternehmens betrat. Hier war er zu Hause. Hier fühlte er sich wohl.
Aufatmend ließ er sich in den großen Ledersessel fallen und legte die Aktentasche auf den Schreibtisch. Nur zögernd mochte er sich eingestehen, dass er körperlich und seelisch erschöpft war, dass die letzten sechs einsamen Monate nicht ohne Wirkung geblieben waren. Dennoch durfte und wollte er sich nicht hängen lassen. Jeder Tag brachte neue berufliche Herausforderungen, die er annahm und letzten Endes siegreich bewältigte. Doch diese Siege waren das Einzige, was ihm noch im Leben geblieben war.
Schnell griff er nach den Notizen, die seine Sekretärin neben das Telefon gelegt hatte. Während er sie oberflächlich durchsah, bildeten sich zwei scharfe Falten neben seiner Nasenwurzel. Ein und derselbe Name tauchte immer und immer wieder auf.
Jake Vance. Oder, wie er seit Neuestem hieß, James Blackstone. Der Erbe und älteste Sohn von Howard Blackstone war nach dreißig Jahren wieder aufgetaucht und wurde seitdem stürmisch gefeiert.
Wütend knüllte Matt die Zettel zusammen und warf sie in den Papierkorb. Und wenn sie noch so oft das Gespräch suchten, mit einem Blackstone würde er auf keinen Fall reden. Schließlich waren die Blackstones schuld an dem Elend, das er in seinem Leben hatte erfahren müssen. Verräter und Diebe, das waren sie alle, auch Kimberley Blackstone, verheiratete Perrini. Auch sie hatte ihn verraten, und das hatte ihn hart getroffen. Denn das hätte er von seiner Cousine nie gedacht. In den letzten zehn Jahren hatte sie sehr eng mit ihm zusammengearbeitet, war sozusagen seine rechte Hand gewesen. Aber dann hatte sie sich doch genauso schäbig benommen wie ihr Vater und damit bewiesen, dass sie eine echte Blackstone war.
Verbittert lachte er auf. Und dann hatte sie noch die Unverschämtheit, zu glauben, dass die Blackstones und die Hammonds sich wieder versöhnen könnten!
Heißer Zorn, der immer unterschwellig in ihm brannte, loderte auf. Aber mit der ihm eigenen Disziplin gelang es Matt, sich zu beherrschen. Der Tag der Rache würde kommen. Und alles, was die Blackstones ihm angetan hatten, würde letzten Endes auf sie zurückfallen.
Mit einem triumphierenden Lächeln lehnte Matt sich zurück. Nicht mehr lange, und er würde bei Blackstone Diamonds das Sagen haben. Endlich würde ein Hammond das Unternehmen leiten, was schon lange der Fall gewesen wäre, wenn Howard Blackstone die Hammonds nicht skrupellos um ihre australischen Anteile betrogen hätte. Immer hatte er sich einfach genommen, was er wollte, und nur so hatte er sein Vermögen gemacht. Aber er war zu weit gegangen. Das mit Marise hätte nicht passieren dürfen.
An Howards Grab hatte Matt Hammond geschworen, dass er sich dafür rächen würde. Und jetzt war er kurz vorm Ziel. Es fehlte nur noch wenig, bevor er die ausreichende Menge Blackstone-Aktien aufgekauft haben würde.
Schnell richtete er sich wieder auf. Seltsam, dass von Quinn Everard noch keine Nachricht da war. Sollte der Edelsteinhändler bei der Suche nach dem fünften Stein des berühmten Diamantencolliers Blackstone Rose immer noch erfolglos sein? Zumindest hatte Matt erwartet, dass Quinn eine ziemlich sichere Spur hätte. Vielleicht waren seine Kontakte doch nicht so gut, wie er geglaubt hatte. Genau das war das Problem mit Diebesgut. Es war schwer wieder aufzutreiben. Das war umso ärgerlicher, weil das Collier eigentlich zum Familienschmuck der Hammonds gehören sollte, anstatt mit dem Namen Blackstone „beschmutzt“ zu sein.
Seufzend machte Matt die Aktentasche auf und nahm ein paar Unterlagen heraus. Seine Miene hellte sich auf, als er begann, darin zu lesen. Dieser Vertrag mit der neuseeländischen Handelsgesellschaft für die berühmten pazifischen Perlen versetzte ihn in die Lage, endlich mit seiner eigenen Schmuckmarke herauszukommen, mit Matt Hammond Antik-Design.
Seit Monaten arbeitete er an einer ganz bestimmten Design-Linie, die
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