Einsame Herzen
aus dem Wagen. Danielle folgte ihm langsamer, zögerlicher. Zusammen schritten sie über einen schmalen Pfad, der zum Anwesen führte.
"Es ist doch nicht etwa deines?", fragte sie in einem Ton, der deutlich machte, dass sie dies nicht glaubte.
Er drehte sich zu ihr um, wieder dieses stolze Lächeln auf den Lippen. "Es ist meines. Seit mehreren Jahren schon. Ich habe es gekauft, als ich noch im Dienst war. Das war bevor..."
Er brach schnell ab, fügte dann aber hinzu: "Ich habe es zusammen mit Linda gekauft, meiner Frau", murmelte er, nun tief in Gedanken versunken. Er wandte sich ab und näherte sich dem Haus, wohingegen Danielle wie erstarrt stehen blieb.
Frau! Frau! Er hatte eine Frau! Er war verheiratet! Sie spürte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich. Ihr wurde schwindlig und ihre Knie drohten unter ihr nachzugeben. Das erklärte natürlich alles! Deshalb hatte er in ihr nichts anderes gesehen, als eine willkommene Abwechslung. Wahrscheinlich war sie für Darko so eine Art Ferienflirt gewesen. Einen Ferienflirt verband man zwar gemeinhin mit Strand und Meer, zärtlicher Sonne und süssen Drinks. Darko hatte den Ferienflirt einfach neu definiert.
Wie war sie bloss auf die Idee gekommen, dass er das ganze Jahr auf dem Feuerberg verbringen würde? Aus irgendeinem Grund überwinterte er dort, kehrte im Frühling jedoch in die Arme seiner liebenden Frau zurück.
Linda
.
Danielle erinnerte sich an die Nacht, als sie Darko damals getröstet hatte, an die Nacht seines Albtraums. Sie hatte das getan, was Linda normalerweise tat. Nur, dass Linda nicht da gewesen war. Also hatte sie die Rolle der trostspendenden Ehefrau übernommen. Sie war ein Ersatz gewesen, weiter nichts. Ein Winterersatz für Linda, die ihrem Mann nicht in die Berge hatte folgen mögen.
Danielle gab ein undefinierbares Gurgeln von sich. Nur mit grösster Mühe gelang es ihr, ihre Beine wieder in Bewegung zu setzen. Nur unter grösster Anstrengung konnte sie Darko folgen, der bereits die Haustür aufschloss. Er stiess die Tür weit auf und wartete auf sie. Als Danielle ihn erreichte, musterte er sie besorgt. "Geht es dir gut?", hörte sie ihn fragen, wie durch einen dichten Nebel hindurch. Sie nickte nur, trat wortlos an ihm vorbei ins Haus.
Wohnte er schon hier? Hatte er sie tatsächlich zu sich nach Hause eingeladen? Aber weshalb nur? Sie wollte nicht hier sein, wenn seine Frau nach Hause käme. Ohne sich nach ihm umzudrehen, fragte sie gepresst: "Was willst du mir zeigen?"
Er trat zu ihr, nahm ihre Hand. Danielle wusste nicht, wieso sie es geschehen liess. Wahrscheinlich weil sie nicht die Kraft besass, Darko ihre Hand zu entziehen. So liess sie sich stattdessen durchs Erdgeschoss führen, liess sich Wohnzimmer, Küche und Bad zeigen. Sie erkannte an den fehlenden Möbeln, dass das Haus noch unbewohnt war. Darko sagte nichts, führte sie nur von einem Zimmer zum nächsten und führte sie schliesslich die Treppe hinauf in den ersten Stock. Dort gab es einen schmalen Korridor, an dessen Seite je zwei Zimmer lagen. Am Korridorende fand sich ein weiteres Bad. Darko zeigte ihr ein Zimmer nach dem anderen, von stillem Stolz erfüllt, als hätte er das Haus selbst gebaut.
"Was hältst du davon?", fragte er, als sie alle Räume gesehen hatte.
Sie nickte. "Wirklich... wunderschön. Ein kleines Juwel."
Er lächelte breit. "Nicht wahr?"
Danielle folgte Darko ins Erdgeschoss hinunter.
m Wohnzimmer trat sie an ein Panoramafenster, das den Blick auf den Wald freigab. Sie starrte in den Wald hinaus, betrachtete die Natur. Die Atmosphäre erinnerte sie so sehr an den Feuerberg, dass ihr Herz schwer wurde vor Trauer.
"Wann... wann zieht ihr denn ein?"
Hatte er wirklich gedacht, er würde ihr einen Gefallen machen damit, ihr dieses Haus zu zeigen? Wusste er denn gar nicht, was für eine Qual es für sie war, hier zu sein?
Wahrscheinlich hatte er einfach gedacht, sie zähle jetzt zu seinem Freundeskreis. Vielleicht würde er sie ja zur Einweihungsfeier einladen.
Sie hörte Schritte hinter sich, drehte sich jedoch nicht um.
"Wir? Wen meinst du damit?"
"Du und deine Frau", murmelte Danielle, den Blick fest auf den Wald gerichtet.
Sie ballte die Hände zu Fäusten, grub ihre Fingernägel in die Handfläche. Sie zwang sich, sich zu konzentrieren, sich zusammenzureissen und gleichmässig zu atmen. Als auch das nicht half, um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten, schloss sie verzweifelt die Augen, presste diese fest zusammen in dem Versuch, die Tränen zu
Weitere Kostenlose Bücher