Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
Stringtheorie sinnvolle Ergebnisse. Damit die Stringtheorie also sinnvoll ist, muss das Universum wenigstens aus zehn Dimensionen bestehen. Und zwar aus neun Raumdimensionen und einer Zeitdimension. Ohne diese Extradimensionen bringt die Stringtheorie etwa so viel wie ein Auto ohne Lenkrad. Zu Beginn der Siebzigerjahre versuchte man, zur starken Kraft eine Quantentheorie zu finden. Diese Kraft ist eine der vier Grundkräfte. Sie hält, vereinfacht ausgedrückt, den Atomkern (Protonen und Neutronen) zusammen. Nun versuchte man, die starke Kraft durch eindimensionale Teilchen zu beschreiben, so genannte „Strings“. Bis zu diesem Zeitpunkt war man davon ausgegangen, dass die Quanten nulldimensionale Punktteilchen sind und damit beispielsweise Elektronen keine räumliche Ausdehnung haben.
57 Die spezielle Relativitätstheorie lässt sich derweilen gut in die Quantenphysik integrieren. Erst bei der Allgemeinen Relativitätstheorie, die die Gravitation enthält, treten die Probleme auf.
Im Jahr 1974 zeigte sich, dass dieser Ansatz mit eindimensionalen Strings nur in einem 10 oder 26 dimensionalen Universums funktionieren würde. Durch Arbeiten und die Forschung namhafter Wissenschaftler wie Joel Scherk oder später auch Michael Green und John Schwarz zeigte sich, dass dieser „String“-Ansatz nicht nur eine Hypothese zur Formulierung der starken Kraft war, sondern ein Ansatz zur Vereinheitlichung der Quanten- und Relativitätstheorie. Oder anders ausgedrückt: Ein Pfeiler der Weltformel.
Mit der ersten so genannten Superstring-Revolution konnten Michael Green und John Schwarz im Jahr 1984 nachweisen, dass die Stringtheorie zu einer zehndimensionalen Supergravitation führt, in der es nur linksdrehende Neutrinos (Paritätsverletzung) gibt. Ohne näher darauf eingehen zu wollen, bedeutete diese Entdeckung einen starken Schub für die Stringtheorie-Forschung. Ebenso hat die Stringtheorie die „bemerkenswerte Eigenschaft, die Gravitation vorherzusagen“, wie Edward Witten einst ausführte.
Obwohl weder Kaluza-Klein noch die Forscher der starken Kraft explizit nach der Weltformel suchten, entdeckten sie zwei der grundlegenden Elemente der daraus erwachsenden Stringtheorie. Einerseits die Hypothese eines zehndimensionalen Universums mit aufgewickelten Extradimensionen. Andererseits die Strings als eindimensionale Grundsteine aller Materie.
Da wir nun wissen, wie die Stringtheorie entstanden ist, wollen wir uns mit der Frage befassen, was die Stringtheorie genau ist.
4.3 Strings – Die kleinsten Bausteine der Materie
In der Stringtheorie sind die kleinsten Bausteine der Materie nicht mehr die Quarks oder Elementarteilchen, sondern eindimensionale Fäden, so genannte Strings. Diese Strings haben eine endliche Länge im Gegensatz zum bisherigen Standardmodell, in dem die Elementarteilchen als nulldimensionale Punkte betrachtet wurden (deren Ausdehnung entsprechend unendlich klein war).
Die Strings kann man sich vorstellen wie die Saiten einer Gitarre. Wenn man die Gitarre spielt und an den Saiten zupft, entstehen verschiedene Töne. Durch die Anregung der Strings beziehungsweise dadurch, dass die Strings schwingen, entstehen die unterschiedlichen Elementarteilchen und Kraftübertragungsteilchen. Je schneller ein String schwingt, desto massereicher ist das Elementarteilchen, das er dadurch erzeugt. Alle Materie und alle Kräfte sind letztlich auf dieses „einfache“ Grundelement zurückzuführen, die Strings.
Wie wir bereits im vorherigen Kapitel ausgeführt haben, benötigt die Stringtheorie mindestens zehn Dimensionen (neun Raumdimensionen und eine Zeitdimension). Die vier Dimensionen der Raumzeit sind uns bekannt. Bleiben sechs Dimensionen. Da wir diese Dimensionen bisher nicht gesehen haben und sie unseren Experimenten nicht zugänglich sind, können wir davon ausgehen, dass es sich um aufgewickelte Dimensionen handelt.
Diese sechs Extradimensionen sind nun an jedem Punkt der Raumzeit wie ein Wollknäuel aufgewickelt. Wenn Sie Ihren Kopf drehen, bewegen Sie sich durch Abermillionen dieser sechsdimensionalen Knäuel.
Legende
1. Materie
2. Molekulare Struktur
3. Atome
4. Elektronen
5. Quarks
6. Strings
Abbildung 10Die fundamentalen Bausteine der Materie
Da diese aber sehr klein und zudem überall im gesamten Raum sind, merken Sie davon nichts. Jede Schwingung eines Strings schwingt aber immer durch alle Extradimensionen. Die Art und Weise, wie diese Dimensionen aufgewickelt und miteinander verflochten sind,
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