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Eis

Eis

Titel: Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kosch
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Vergangenheit.
    „Auf jeden Fall!“ stimmten alle ein. „Alte große Kulturen, die Wiegen der Menschheit!“ Und es meldete sich auch der Direktor der staatlichen Reserven zu Wort, der bisher geschwiegen hatte: „In Dahomey zum Beispiel, am Hofe Krkrkarama Nambaj Saramandulahs, könnte der Genosse Babic uns mit Erfolg repräsentieren. Und auch den Genossen und die Genossin Krekić sollte man dorthin schicken. Seine Majestät Krkrkarama wäre bestimmt entzückt, und da sein Land dünn besiedelt ist, könnte man ihn bitten, die Ansiedlung einer größeren Anzahl unserer Menschen zu gestatten. Versteht sich, nur der allerqualifiziertesten, von denen hier unser Genosse Dichter heut abend so begeistert gesprochen hat.“
    Sie sahen ihn an. Ungläubig. Sie waren sich nicht sicher, ob er Spaß mache oder es ernst meine. Es war spät geworden, und die Hausfrau hatte anscheinend nicht die Absicht, den Gästen noch mehr Tee anzubieten.
    „Äh!“ seufzten einige und erhoben sich. „Es war richtig schön. Wir haben uns herrlich aufgewärmt bei euch.“
    Es zog sie nicht in den Frost und in den Schnee draußen, aber sie wußten nicht wohin sonst. Die Hausherren begleiteten sie hinaus, als trieben sie sie vor sich her, und pferchten sie zusammen, als wollten sie sie alle mit einem Schlag loswerden. Sie gingen langsam, einer nach dem anderen, und die Krekićs zogen schnell die Tür hinter ihnen zu. Auf der Straße aber setzten sie sich alle gemeinsam in Bewegung. Wie ein Rudel. Voran der Genosse Gewesene, dahinter die Genossin Dara, Babic, der Journalist, dessen Frau und noch einige andere. Gewohnheitsmäßig schauten sie zum Himmel auf – da drang ein seltsamer Laut an ihre Ohren. Es war still, die Luft kalt, dicht – sie leitete jedes Geräusch weiter. Aus großer Entfernung war etwas wie ein Schrei zu hören. Danach noch einmal. Die paar Menschen vor dem Tor blieben jäh stehen und scharten sich zusammen. Die Genossin Dara hakte sich bei Babic unter und spürte, wie sein dünner Bizeps gallertartig zitterte. Mit der anderen Hand griff sie aus dem Nebeldunst, wie aus Wasser, nach Plećasch. „Was ist das?“ fragte sie, aber die anderen konnten oder wollten es ihr nicht sagen. „Nichts, nichts“, versuchte Plećasch sie zu beruhigen. „Bringen Sie mich nach Haus!“ ordnete sie an, und er unterwarf sich mit Genugtuung und ging allen wie ein Leithund voran. So brachte er sie alle der Reihe nach heim und machte sich dann langsam auf den Weg zu seiner weitentfernten Wohnung. Und in der Ferne erschallte wieder jener furchtbare, einsame Schrei. Der Himmel war durchsichtig, klar und rein wie blankes Eis.
    Bei den Krekićs wurden derweil Tassen und Aschenbecher von den Tischen geräumt. „Den Gewesenen werden wir nicht mehr einladen“, sagte sie. „Er ist jetzt unbrauchbar und unnütz. Aber was halst du von dem von der Staatsreserve? Wird es möglich sein, ihn zu erweichen und zu zähmen?“
    „Nein, jede Mühe ist umsonst. Im übrigen frag ich mich, ob er in seinen Reserven überhaupt etwas hat, und wahrscheinlich war es besser, auch ihn durch einen Nützlicheren zu ersetzen. Vielleicht doch durch einen Meteorologen? Mir scheint, Dara hatte recht: sie sind es tatsächlich, die jetzt den Himmel erhellen oder verdunkeln. Und statt europäischer Diplomaten lieber einen aus dem Süden einladen, vom Äquator nach Möglichkeit.“
    Er erhob sich und spazierte mit winzigen Schritten im Zimmer auf und ab. „Immerhin haben sie uns die Wohnung schön angeheizt. Wir haben mit dem Tee aus jedem von ihnen so viel Kalorien herausgetrieben, daß wir’s wenigstens drei Tage warm haben werden.“ Er bückte sich, tastete flüchtig die Kiste hinter dem Ofen ab, dann die Ikone an der Wand, das Bücherbord, bis sein Blick an der Figur der nackten Eskimofrau hängenblieb. Das Licht fiel auf sie, und sie funkelte wie mit feinen Eiskristallen bestäubt. Er griff nach ihr; sie war kalt, als war sie soeben aus dem hohen Norden angekommen. Sein Blick ging weiter – bis zu einem weißlichen Fleck an der Wand; der sah aus, als habe die Eskimofrau ihren Schatten bis hierher geworfen. Im gleichen Augenblick fiel ihm die Figur aus der Hand und schlug auf den Fußboden auf.
    Die Hausfrau kam angeflogen:
    „Was ist passiert?“
    Herr Krekić antwortete nicht. Stumm, starr stand er da, den Blick unverwandt auf die Stelle gerichtet, wo die Figur gestanden hatte. Dann hob er langsam den Arm und streckte den Finger aus. Er zeigte auf den kleinen

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