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Eiskaltes Herz

Eiskaltes Herz

Titel: Eiskaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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sein. Ich hatte es unendlich vermisst. Es war so schön, dass ich sogar bereit war, mich mit Nadine zu versöhnen.
    »Los, kommt. Ich habe später noch Training«, sagte Nadine. »Ewig kann ich sowieso nicht bleiben.«
    Wir standen schon unten vor der Schule, als mir siedend heiß einfiel, dass Vanessas Handy ja gar nicht mehr in meiner Tasche war, sondern oben im Schrank. Sollte ich es holen? Aber im Gedränge auf dem Rummel würde ich es vielleicht erst recht verlieren. Andererseits müsste ich so nach dem Rummel noch mal zurück zur Schule und dann zu Leander. Und überhaupt – Leander wartete auf mich, da konnte ich doch nicht einfach über den Rummel spazieren, als hätte ich sonst keine Sorgen. Ich stand da wie gelähmt und konnte mich nicht entscheiden, als mich plötzlich jemand ansprach.
    »Hey, Lena. Endlich erwische ich dich mal.«
    Ich fuhr herum. Erst sah ich nur die kleine gedrungene Gestalt und die dunkle Jacke und fuhr so erschrocken zusammen, dass ich meine Tasche fallen ließ. Dann erkannte ich ihn. Es war Ben. Der Typ aus dem Café. Der sich jeden Abend mein Foto reinzog. Und er lachte wie ein Idiot voller Freude, als hätten wir uns hier zum Date verabredet oder so.
    »Hast du schon was vor?«, fragte er tatsächlich. »Vielleicht könnten wir ja irgendwas zusammen machen?«
    »Wir gehen auf den Rummel«, blökte Julia prompt. Sie starrten Ben alle drei mit einer Mischung aus Neugierde und Belustigung an.
    »Auf gar keinen Fall«, brachte ich endlich heraus. »Tickst du noch ganz richtig?« Ich betrachtete ihn –sein schwammiges und gleichzeitig kindliches Gesicht, die blöde Zahnspange, die sein Lächeln metallgrau und irgendwie schmutzig aussehen ließ. Seine Arme, die in zu langen Ärmeln der dunklen Jacke fast bis an die Knie baumelten. Die dunkle Jacke. Plötzlich hatte ich eine Eingebung.
    »Du warst gestern bei mir, stimmt's?«, fragte ich. »Du hast geklingelt und abends hast du vor meinem Fenster gestanden, nicht wahr?«
    Er senkte schuldbewusst den Kopf, grinste aber. »Sorry. Hab gedacht, du guckst mal aus dem Fenster.«
    Tine und die anderen beiden wechselten einen bedeutungsvollen Blick. Tine räusperte sich demonstrativ und sagte: »Wir gehen dann schon mal vor, Lena.«
    Ich wollte nicht, dass sie gingen. Aber gleichzeitig wollte ich nicht, dass sie Zeugen wurden, wie mir dieses Puddinggesicht gestand, dass er in mich verknallt war oder so was.
    »Ich komme mit«, sagte ich, aber sie liefen schon kichernd weiter.
    »Ihr geht also auf den Rummel?«, fragte Ben.
    »Hörst du irgendwie schwer?«, fragte ich zurück. »Du sollst mich in Ruhe lassen. Wenn du noch mal bei mir klingelst oder vorm Fenster stehst, dann rufe ich die Polizei.«
    »Warum?«, fragte er.
    Ich konnte es nicht glauben. Er war sich keiner Schuld bewusst. »Warum? Warum? Weil du dich aufführst wie ein Stalker, verdammt noch mal. Machstirgendwelche Fotos und … und …« Mir fehlten die Worte, es war alles so lächerlich. Etwas quietschte auf der Straße. Ich drehte mich um. Neben uns hatte ein roter Renault angehalten, der Fahrer stieg aus und kam auf mich zu. Ich kannte ihn nicht, er hatte eine dunkle Sonnenbrille auf und ganz hellblonde Haare, die schon fast weiß wirkten.
    »Lena?«, sagte er. »Du bist doch Lena, stimmt's? Leander schickt mich.«
    Augenblicklich hatte ich den blöden Ben vergessen.
    »Was ist denn?«, fragte ich erschrocken. Das musste Hendriks Bruder sein. »Bist du Hendriks Bruder?«
    Er wirkte leicht überrascht, nickte aber dann. »Ich soll dich holen und zu ihm bringen. Damit du nicht alleine laufen musst, du weißt schon.« Er sah sich nervös um. Leander musste ihn eingeweiht haben.
    Mein Magen krampfte sich zusammen. »Ist irgendwas passiert?«
    Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, dass Ben immer noch dastand.
    »Keine Ahnung. Hat er mir nicht gesagt.« Hendriks Bruder wandte sich plötzlich an Ben. »Wartest du auf was Bestimmtes?«
    Er wollte ihn loswerden. Nicht vor ihm reden. Irgendetwas war passiert. Ben stand immer noch da wie angewurzelt.
    »Los, Lena, komm.« Hendriks Bruder nickte mit dem Kopf zum Auto und ich stieg wie ferngesteuert ein, warf einen letzten Blick auf Ben, der mich verdattertansah, entdeckte Tine, Julia und Nadine weiter vorn an der Ecke, wo sie jemanden getroffen hatten und laut lachten und sich nicht umdrehten.
    »Sag denen Bescheid, dass ich später nachkomme«, befahl ich Ben. Der nickte gehorsam.
    »Steig mal lieber hinten ein, wir holen noch jemanden ab«,

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