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Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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einen Kunden am Telefon.«
    »Kannst du die Kleine nehmen?«
    »Wieso denn?«
    »Ich muss weg?«
    »Wohin denn?«
    »Wegen Benny.«
    »Was ist denn mit Benny?«
    »Er hat Probleme.«
    »Ich hab auch Probleme. Mein Kunde kauft gleich woanders ein.«
    »Also, was ist jetzt mit der Kleinen?«
    »Okay, gib her.«
    »Hier. Hast du sie?«
    »Jaja. So, jetzt bin ich wieder da. Wie gesagt, Trommelröstung, nur Arabicabohnen, ausgesuchte Erzeuger, Sie werden das schmecken. Wenn Sie möchten, liefere ich Ihnen auch Zigarren und Wein.«
    »Arndt?«
    »Rotwein, ja, kleinen Moment, bitte …«
    »Arndt?«
    »Ich hätte einen Italiener im Angebot. Aus Apulien. Achtzehn Euro neunundneunzig die Flasche.«
    »A-harndt!«
    »Zwölf Flaschen? Gerne, kein Problem, mach ich Ihnen fertig.«
    »MANN, ARNDT!«
    »Was denn?!? Kleinen Moment noch mal, bitte … Was ist denn schon wieder?«
    »Die Kleine ist die Treppen wieder hochgekrabbelt. Ich muss echt los.«
    »Benny geht mir so was von auf den Keks. Nur, weil der offensichtlich irgendeine Scheiße gebaut hat, kann ich jetzt nicht in Ruhe mit meinen Kunden telefonieren.«
    »Arndt, bitte!«
    »Ist doch wahr. Versager.«
    *
    »Gernot, ich mach mir solche Sorgen um Leander. Ich weiß überhaupt nicht, was werden soll. Muss er jetzt ins Gefängnis? Und wenn er ins Gefängnis muss, darf er dann noch Medizin studieren? Wie ist das denn, wenn man im Gefängnis war? Kann man danach noch Arzt werden? Er muss doch Medizin studieren. Er soll doch mal die Praxis übernehmen. Das geht doch nicht, dass er die Praxis nicht übernehmen kann. Wozu hast du die Praxis denn sonst aufgebaut? Was machen wir denn nur, wenn Leander die Praxis nicht übernehmen kann? Ich kann mir das gar nicht vorstellen, es ist doch alles darauf ausgerichtet, dass Leander das mal macht, du hast das doch alles schon geregelt, was machen wir denn nur …«
    »Sybille?«
    »Hm?«
    »Seit wann interessierst du dich für so was?«
    *
    »Und wie geht’s jetzt weiter, Chastity?«
    »Wie geht was weiter?«
    »Das mit uns. Wie geht das mit uns weiter?«
    »Ist das wichtig?«
    »Ja, für mich ist das wichtig. Ich will dich nicht einfach so aufgeben. Ich mach so was nicht.«
    »Das entscheidest nicht du allein.«
    »Du auch nicht.«
    »Ich bin, wie ich bin.«
    »Menschen können sich ändern.«
    »Warum sollte ich mich ändern?«
    »Weil Veränderung Bewegung ist. Ohne Bewegung wartet nur noch der Tod auf dich.«
    »Der wartet sowieso auf mich. Der wartet auf uns alle. Da kommst auch du nicht drum herum. Egal, wie groß du bist. Egal, wie schön du bist.«
    »Aber ich kann versuchen, Spuren zu hinterlassen. Was hinterlässt du denn mal? Einen Berg voller Angst und Zigarettenkippen?«
    »Und wenn. Na und? Ich bin nicht die Mutter deiner Kinder. Ich kann keine Kinder kriegen. Hab ich dir schon gesagt.«
    »Da kann man doch bestimmt was machen.«
    »Bist du bescheuert? Ich lass nicht an mir rumpfuschen.«
    »Ich hab nichts von rumpfuschen gesagt. Ich sage nur: Wer will, der kann auch.«
    »Ich will nicht.«
    »Verstehe.«
    »Also.«
    »Also was?«
    »Dann war’s das, oder?«
    »Sieht so aus.«
    »Na dann.«
    »Mach’s gut, Chastity.«
    »Mal sehen.«

31. Dezember:
    Raketen, Baby
    E s ist wie jedes Jahr am Silvesterabend: Um Punkt sechs Uhr, in der Zeit vor dem großen Ballern, steht der Faller an meiner Tür und wartet auf mich. Und dann machen wir einen Spaziergang, schnurstracks laufen wir auf die Elbe zu, unten am Hafen biegen wir rechts ab, und dann gehen wir und gehen und gehen. Unter unseren Füßen liegt der Schnee, auf der Elbe schwimmen dicht an dicht die Eisschollen, der Fluss ist so voll davon, die können sich kaum noch bewegen. Sie bilden fast eine zusammenhängende Eisdecke, aber nur fast. Das ergibt eine merkwürdige Geräuschkulisse, ein Knirschen und Kratzen und Schubbern. Hin und wieder jagen ein paar Jungs buntes Raketenfeuer in die Luft.
    An Silvester weiß der Faller so wenig, wohin mit sich, wie ich das ganze Jahr über. An Silvester kümmert sich der Faller nicht um mich, an Silvester kümmere ich mich um den Faller. Das machen wir seit sieben Jahren so. Seit der Faller am Neujahrsmorgen aufgewacht ist und nichts mehr war wie vorher.
    Je nach Gemütslage ist unser alljährlicher Silvesterspaziergang für den Faller entweder ein sentimentaler Toast auf unsere Freundschaft – oder ein Countdown zum Jahrestag seiner Demontage. Heute, ich glaube, weil der Faller sich erkältet hat, geht es geradewegs in Richtung

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