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Eisprinzessin

Eisprinzessin

Titel: Eisprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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war er so langsam im Denken und im Erkennen, was er wollte, und vor allem, was er nicht wollte. Noch langsamer war er allerdings darin, seine späten Erkenntnisse auch noch in Sprache umzusetzen und seinem Gegenüber eine klare Ansage zu machen. Nur im beruflichen Umfeld gelang ihm das mittlerweile meistens, aber das hatte er sich auch wie eine Vernehmungstechnik antrainieren müssen. Privat galt diese erworbene Fähigkeit allerdings nichts. Da war er zu langsam, zu träge, zu wenig auf der Hut. Womöglich hätte er auch Ja gesagt, wenn Carola ihm Thaiboxen oder Pilates vorgeschlagen hätte. Da hatte er mit Joggen womöglich noch Glück gehabt, denn Carola war immer für Überraschungen gut.
    Als er um halb zehn seinen Wagen bei der Tennisanlage des RTC abstellte, schien schon halb Ingolstadt entweder zu Fuß oder auf dem Rad draußen am Baggersee oder am Donau-Stausee unterwegs zu sein. Die vierzehn Grad, die das Thermometer in seinem Audi anzeigte, waren zwar nicht besonders verlockend, aber es war Samstag, die knappe Freizeit musste genutzt werden. Weil Meißner im Bett, beim Duschen oder beim Kaffeekochen zu sehr getrödelt hatte, war auch noch das Frühstück ausgefallen. Wahrscheinlich wegen des Kaffeeautomaten. Das Warnlämpchen seiner Saeco hatte ihm signalisiert, dass der Filter bis oben hin voll war. Aber statt ihn einfach zu entleeren, hatte Meißner das ganze Ding einer gründlichen Reinigung unterzogen, das abgestandene Wasser gewechselt und die Milchschaumdüse gründlich mit einer alten Zahnbürste gereinigt, bis er schließlich nicht einmal mehr Zeit hatte, seinen Kaffee auch noch zu trinken, wollte er nicht zu spät zu seiner Verabredung kommen.
    Aber anscheinend war es nun Carola, die zu spät kam, denn er konnte sie nirgendwo entdecken. Er widerstand der Idee, auszusteigen und sich warm zu machen oder alternativ vor sich hin zu bibbern, und blieb im Auto sitzen, um weiter sein Klassikradio zu hören. Bayern 4. War ja niemand da, der sich über ihn hätte lustig machen können. Ein Schubert-Lied, gesungen von einem Menschen namens Fischer-Dieskau. Fast konnte er die verdrehten Augen von Kollegin Marlu oder Kollege Fischers ruckartig auf die Ohren gelegte manikürte Hände sehen, wenn er zum leeren Beifahrersitz hinüberschaute. Meißner war ein nicht übermäßig anspruchsvoller Klassikfan, sondern von vielem relativ leicht zu begeistern. Ein Staunender.
    Da klopfte es, und als er den Kopf Richtung Seitenfenster drehte, sah er tatsächlich in zwei himmelwärts gedrehte Augen. Sie gehörten Carola. Er hatte das Radio so laut gestellt, dass Fischer-Dieskau wie eine Posaune auf dem Kirchturm sein Kunstlied schmetterte. Wahrscheinlich war es auch außerhalb des Wagens noch laut genug zu hören. Er stellte das Radio aus und sah Carolas Kopfschütteln nur noch aus den Augenwinkeln.
    »Los, raus, du Sportler«, sagte sie, während er sich aus dem Sitz schälte.
    Carola hatte eine gesunde Gesichtsfarbe und schwitzte bereits. Weit und breit kein Auto, das ihr gehört hätte. Sie war also schon von zu Hause hierhergelaufen, wobei sie den kleinen Konstantin in einem geländegängigen Fahrzeug, das wahrscheinlich so etwas wie einen Kinderwagen darstellen sollte, vor sich her geschoben hatte. Drei Ballonreifen mit Alufelgen.
    »Scheibenbremsen beidseitig und Hinterachsfederung. Das Ding heißt Joggster«, sagte Carola, als sie sein ungläubiges Staunen bemerkte.
    Konstantin schlief wie ein kleiner Buddha, ein Fettröllchen zierte ganz ungeniert seinen Babyhals, während er hoffentlich von den schönen Dingen des Lebens träumte. Eine Elster krächzte ihr spottendes Schäck-schäck-schäck, und Meißner setzte sein Skelett in Bewegung und hoffte, dass nur er das unangenehme Knirschen seiner Gelenke hören konnte. Für die fünf Kilometer um den See müsste seine Kondition gerade so reichen.
    Carola lief voraus und erzählte, dass Konstantin sich nun schon allein hochziehen und auch stehen könne, aber zur Fortbewegung immer noch alle vier Extremitäten benutze.
    »Ich war auch ein Spätzünder beim Laufen«, sagte Meißner. »Das hängt mir wahrscheinlich bis heute noch nach.« Er konnte nicht erkennen, ob Carola das witzig fand, und hatte alle Mühe, mit ihr mitzuhalten. Eigentlich war ihm das Tempo zu schnell, aber das wollte er nicht zugeben. Mit Unterhalten war schon nach ein paar Metern nicht mehr viel, aber das hatte er sich ja schon gedacht.
    Als sie am Tiergehege vorbeigelaufen waren, das Konstantin

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