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Eiszart

Eiszart

Titel: Eiszart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Blick zu, dann lauschte er Ubaldos Ausführungen. Er hatte einiges zu erzählen, gestikulierte leidenschaftlich, lachte tief und ohne Unterlass über seine eigenen Witze und trank ein Bier nach dem anderen. Beaumont sorgte stets für genügend Nachschub, sodass seine Aussprache bald undeutlich wurde. Sorgen bereiteten ihm die beiden anderen Brüder, die zurückhaltend waren und noch immer ihre ersten Humpen vor sich hatten.
    »So ... entschiehhhden wir ... unser Glüüück in ... in ... la France ... zu suchen ... wir waren ... in Paris! Und heu... heute ... in Gagnion ... und morgen ... wieder in Gagnion.«
    »Sind Sie nur zu dritt angereist?“ Beaumont spülte mit seinem Apfelsaft das trockene Gefühl in seiner Kehle hinunter.
    »Nein, wir ... sind eine grrrroooße ... bunte Gauklerfamilie! Wir haben ... Artisten aus ... Russland ... und auch China und von ... überall her bei uns.«
    »Sie haben Großmütterchen Veruschka vielleicht bemerkt. Sie bietet als Wahrsagerin ihre Dienste auf dem Jahrmarkt an, und unsere Schwestern tanzen für die französischen Männer«, ergänzte Chik.
    »Wie hätte ich die hübschen Mädchen übersehen sollen!« Giffards Gesicht nahm einen seligen Ausdruck an.
    »Noch ein Bier, werter Ubaldo?« Beaumont hob den Finger und gab dem Wirt ein Zeichen, ehe sein Gast geantwortet hatte.
    »Gern! Du ... bist ganz schöööhn ... flink. Uuund gro... großzühhgig bist duuu auch.«
    Die Schankmagd stellte den nächsten Humpen auf den Tisch und verschwand mit einem Schmunzeln.
    »Dann treffen Sie nicht allein die Entscheidungen und ich muss eigentlich mit Ihrer Sippe verhandeln?«
    Ubaldo nahm den randvollen Krug, setzte ihn an die Lippen und trank ihn in zwei Zügen leer. Mit dem Handrücken wischte er sich den Schaum vom Mund.
    »Das kommt ... darauf an!«
    »Worauf?«
    »Hören Sie, Doktor, wir wissen, was Sie bezwecken«, ergriff Maryo das Wort. »Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie unseren Bruder betrunken machen. Der Wolfsmann ist nicht zu verkaufen. Das entscheidet nicht der Zirkus, sondern wir, weil er unser Besitz ist. Denken Sie daran, dass er uns Profit einbringt.« Maryos Stimme klang gereizt.
    Aber noch wollte sich Beaumont nicht geschlagen geben. »Sie übersehen etwas Wichtiges, Maryo. Der Wolfsmann bringt Ihnen nicht nur Geld ein, er verursacht ebenso Kosten. Oder wollen Sie ihn auf Ihren Reisen verhungern und verdursten lassen?«
    Maryos Mundwinkel zuckten kaum merklich.
    »Verdursten?«, grölte Ubaldo ungläubig. »Wie ... grääässlich. Da brauche ich ... noch ein Bier ... Mademoiselle!«
    »Übertreiben Sie es nicht«, sagte die Schankmagd, als sie ihm einen weiteren Krug auf den Tisch stellte. Hastig griff er nach seinem Seidel.
    »Langsam ist es wirklich genug, Ubaldo. Ich habe keine Lust, dich später nach Hause zu tragen.«
    »Niemand weiß, wie sich Ihre Geschäfte in Zukunft entwickeln werden. Vielleicht geht das Interesse an dem Wolfsmenschen zurück oder er erkrankt und stirbt an einer Infektion. Eine medizinische Betreuung verweigern Sie ihm ja. Gewonnen hätten Sie dann nichts. Ich hingegen verspreche Ihnen eine fixe Summe ohne Risiken, die ich Ihnen bar auf die Hand gebe.«
    »Von welcher Summe sprechen wir?«, fragte Maryo und blickte Beaumont kalt an.
    Beaumont atmete tief durch. Er hatte bereits alles durchkalkuliert und entschied, alles auf eine Karte zu setzen. Auch wenn dies möglicherweise seinen Ruin bedeutete. Doch er fühlte sich verantwortlich, dem Wilden zu helfen. Und war bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen.
    »Ich gebe Ihnen eine Summe, die Ihren Einnahmen innerhalb eines Jahres entspricht.«
    Giffard zog für alle hörbar die Luft durch die Zähne und pfiff beeindruckt.
    »Die Herren sehen also, dass ich Sie keineswegs übers Ohr hauen möchte.«
    »Warum ist Ihnen unser Wolfsmann so viel wert?«, hakte Chik nach. »Sie geben ein Vermögen aus für einen Menschen, den sie nur einmal gesehen haben.«
    Beaumont zögerte, inwieweit er die Gaukler in seine Pläne einweihen sollte. Nachdenklich nahm er Tabak aus seiner Porzellandose, stopfte ihn in seinen Pfeifenkopf und entzündete ihn mit einem Schwefelholz.
    »Es geht um ein wissenschaftliches Experiment«, erklärte er schließlich, paffte an seiner Pfeife und bedachte die Anwesenden mit einem bedeutsamen Blick. Den drei Männern imponierten seine Worte, lediglich Giffard schüttelte seufzend den Kopf.
    »Aber wie kann er Ihnen nützlich sein? Er ist einfältig und dumm, versteht keine

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