Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
aber unbestreitbaren Wahrheit zu beschäftigen. Narren und Helden, so sah er nun ein, wurden von einer so dünnen Linie getrennt, daß man sie schon fast als unsichtbar bezeichnen konnte. Er war so versessen darauf gewesen, ein Held zu sein. Und wofür? Für wen? Für einen toten Sohn? Heldentum konnte die Vergangenheit nicht ändern. Nikki war tot und lag im Grab. Tot! und die Besatzung der Ilja Pogodin — die neunundsiebzig Mann unter seinem Kommando — lebte noch. Er hatte die Verantwortung für sie. Es war unentschuldbar, ihr Leben lediglich aufs Spiel gesetzt zu haben, weil er auf eine seltsame Art und Weise einer Verpflichtung an seinen toten Sohn hatte nachkommen wollen. Er hatte den Helden gespielt, aber er war nur ein Narr gewesen. Ungeachtet der Gefahr, ungeachtet dessen, was er hätte tun sollen, war das U-Boot jetzt der Rettungsmission verpflichtet. So kurz vor dem Erfolg konnten sie nicht abbrechen. Nicht, wenn bei diesen beiden schwitzenden Schotten keine Anzeichen von Materialermüdung auftraten. Er hatte seine Männer in diese Sache hineingebracht, und nun oblag es ihm, sie auf eine Weise wieder herauszubringen, die ihre Haut retten würde, ohne sie zu erniedrigen. Männer von ihrem Mut hatten es nicht verdient, von seinem Versagen erniedrigt zu werden, aber sie würden in ihren Augen bestimmt mehr als nur erniedrigt werden, wenn sie jetzt den Schwanz einzogen und einfach davonliefen. Er hatte den Helden gespielt, doch jetzt wollte er nichts weiter, als sie in den Augen der Welt zu Helden zu machen — und sie sicher nach Hause zu bringen.
    »Irgendeine Veränderung?« fragte er den jungen Techniker, der das Oberflächen-Echolot ablas.
    »Nein, Herr Kapitän. Die Position der Taucher hat sich nicht verändert. Sie sind in den letzten paar Minuten um keinen Meter hinabgestiegen.«
    Der Kapitän starrte zur Decke hinauf, als könne er durch die Doppelhülle und den langen Tunnel sehen. Was taten sie da oben? Was war schiefgegangen?
    »Wissen sie nicht, daß keine Zeit mehr bleibt?« sagte Schukow. »Wenn die Sprengladungen den Eisberg um Mitternacht zerreißen, müssen wir unter ihm hinweg sein. Wir müssen ihn dann hinter uns gelassen haben.«
    Gorow schaute auf die Monitore und dann auf die Uhr. Er zog an seinem Bart. »Wenn sie sich in fünf Minuten noch nicht wieder bewegt haben, müssen wir hier heraus. Noch eine Minute länger, und sie schaffen es sowieso nicht mehr vor Mitternacht an Bord.«

23:38
     
    Rita schwamm zu Claude und umarmte ihn. Er erwiderte ihre Umarmung. Ihre Augen funkelten vor Tränen.
     
    Sie drückten die Gesichtsplatten ihrer Tauchermasken flach aneinander. Als sie sprach, konnte er sie verstehen, als befände sie sich in einem anderen Zimmer. Das Plexiglas leitete ihre Stimmen einigermaßen.
    »Brian ist heute abend nicht gestürzt. Er wurde niedergeschlagen, und man hat ihn absichtlich dort liegen lassen. Wir wußten nicht, wer es getan hat. Bis jetzt.«
    »Verdammt noch mal, ich habe mich gefragt, was da los war«, sagte Claude, als Rita geendet hatte. »Ich wollte helfen, ihn zu bändigen, aber Pete hat mir seine Lampe in die Hand gedrückt und mich aus dem Weg gestoßen. Ich kam mir plötzlich so alt vor, wie ich bin.«
    »Du bist nicht mal sechzig.«
    »Dann fühle ich mich älter, als ich bin.«
    »Wir setzen den Abstieg jetzt fort«, sagte sie. »Ich bringe Pete die Lampe zurück.«
    »Ist er in Ordnung?«
    »Ja. Nur eine blutige Nase, als Breskin ihm die Maske über den Kopf gezogen hat. Er wird es schaffen.«
    »Mit George ist irgend etwas nicht in Ordnung.«
    »Der Schock, glaube ich. Harry erklärt ihm die Sache mit Roger.«
    »Du hast Tränen auf den Wangen«, sagte Claude.
    »Ich weiß.«
    »Was ist los?«
    »Nichts«, sagte sie. »Harry lebt.«

23:39
     
    Als er Claude Jobert erneut das Kabel hinab folgte, überlegte Franz, was er Rita sagen würde, falls sie Mitternacht überleben sollten.
     
    Du hat dich gut gehalten. Du bist erstaunlich. Du weißt, ich hab' dich einmal geliebt. Verdammt, ich liebe dich noch immer. Ich bin nie darüber hinweggekommen. Und ich habe viel von dir gelernt, ob es nun je offensichtlich wurde oder nicht. Ach, ich bin noch immer ein Arschloch, ja, ich gestehe es ein, aber ich werde langsam erwachsen. Alte Gewohnheiten gibt man nicht so schnell auf. Ich habe mich in den letzten Monaten wie ein Vollidiot benommen, habe mit Harry Streit gesucht und war zu dir abweisend. Aber das ist vorbei. Wir können nie wieder ein Paar sein. Ich

Weitere Kostenlose Bücher