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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Wardetzki
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Streitereien darum, wer recht hat oder etwas besser weiß. Die andere Meinung kann allein schon als Angriff auf die eigene Person erlebt werden, denn sie vermittelt dem unsicheren Menschen: Das weißt du nicht richtig, also bist du dumm. Der Kampf ums Rechthaben ist im Grunde ein Kampf um den Erhalt des positiven Selbstbildes. Recht haben wird zum Existenzrecht, zum Recht, da zu sein. »Nur wenn ich recht habe, bin ich achtenswert und habe ein Recht darauf, da zu sein.«
    Marie klagte in der Therapie immer wieder über ihren Mann, mit dem sie in Gesprächen so schnell aneinandergerät und keine Probleme lösen kann. Ob es nun um Kleinigkeiten geht wie die Frage, was sie heute zusammen unternehmen wollen, oder um größere Entscheidungen, immer enden die Gespräche im Streit oder mit einem unguten Gefühl. Marie leidet sehr darunter, denn jedes Mal hat sie das Gefühl, nicht gehört und ernst genommen zu werden und in den Augen ihres Mannes alles falsch zu machen. Und dabei strengt sie sich schon so an, es ihm recht zu tun. Umso verletzender ist es für sie, wenn er ihr vorwirft, sie würde ihn nur kritisieren und mit Vorwürfen unter Druck setzen.
    Bei Marie und Georg treffen zwei Menschen aufeinander, die beide als Kinder und Heranwachsende wenig Achtung und Beachtung erfahren haben und diese nun beim Partner suchen. Im Grunde wünscht sich jeder, ernst genommen und gehört zu werden. Doch das können sie sich nicht geben, weil sie sich durch die Meinung des anderen sofort unter Druck gesetzt fühlen. Als gäbe es nur die Möglichkeit, sich der Meinung des anderen auf Kosten der eigenen Person unterzuordnen oder sie zurückzuweisen, um das Eigene zu schützen. Beide streiten wie um ihr Leben, glauben aber, es ginge um das neue Auto oder die richtige Geldanlage. Erst wenn einer klein beigibt, hört der Streit auf.
    Doch bei Marie bleibt das Gefühl der völligen Entwertung ihrer Person zurück, so wie sie es als Kind erlebt hat. Es ist, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen und als falle sie in einen Zustand der Nicht-Existenz. Ihrem Mann erzählt sie nichts davon, denn die Angst, nicht verstanden und sich dadurch noch mehr verletzt zu fühlen, ist zu groß, da Georg gelernt hat, seine Gefühle zu verstecken und auf Emotionen anderer abweisend zu reagieren. Im Fachjargon nennt man das mangelnde Empathie. Gefühle seiner Frau machen ihm Angst, sodass er sie abwehren muss. Ließe er sie zu, hätte er Schuldgefühle und würde sich verantwortlich fühlen, weil es ihr schlecht geht, wüsste dann aber doch nicht, was er anders machen könnte. Also bleibt Marie mit ihrem Schmerz allein und der Graben zwischen ihnen wird immer tiefer.
    Was ihr hilft, ist zu verstehen, welche kindliche Verletzung in diesen Momenten bei ihr angerührt wird, dass sie nicht mehr auf ihre erwachsenen Fähigkeiten zurückgreifen kann. Es ist ihr Aschenputtel-Anteil, der aufersteht, der Teil in ihr, der sich abgelehnt, nicht wahrgenommen, entwertet und manchmal sogar unwürdig fühlt. In diesem Zustand kann sie sich nur in sich zurückziehen, denn ihr fehlt wie Aschenputtel das passende Kleid, um auf den Ball zu gehen. Das heißt in ihrem Fall, eine angemessene Form, sich auszudrücken, zu ihren Vorstellungen und Wünschen zu stehen und sich zu vertreten. Das gelingt ihr nicht, weil der Kinderteil die Führung übernimmt und keinen Platz für das erwachsene Verhalten lässt. In der Therapie bekommt dieser Aschenputtel-Anteil endlich Beachtung und kann allmählich integriert werden (siehe auch Kapitel 16: »Die Arbeit mit dem inneren Kind«). Übernimmt sie Verantwortung für ihren verletzten Teil, dann muss es ihr Mann nicht mehr tun. Zum Gelingen der Beziehung reicht das vermutlich nicht aus, denn auch Georg ist aufgerufen, sich seine wunden Punkte bewusst zu machen und zu schützen.
    Rechthaberei und das Gefühl, alles besser zu wissen, kann auch im Berufsleben zu massiven Problemen führen. Sicher kennen Sie Mitarbeiter, die keine Arbeit abgeben und alles alleine machen, weil sie meinen, es besser zu können als die anderen, sich aber über die große Arbeitsbelastung und die geringe Unterstützung der Kollegen beschweren. In ihren Augen sind die anderen faul oder inkompetent und nur sie selbst die Einzigen, die wirklich etwas tun und vom Fach verstehen. Sie stellen sich über die anderen, werten sie ab und sich selbst damit auf. Das hat negative Konsequenzen für das Arbeitsklima, was das Muster immer mehr

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