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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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danach zurückkehren und Einzug in ein bereits prächtig erblühtes Elbenreich Elbiana halten, das wär’s doch. Sobald wir groß sind, wird uns unser Vater sicherlich mit allerlei Pflichten am Aufbau des Reiches beteiligen wollen, doch dieser Anstrengung könnten wir auf diese Weise entkommen.«
    »Es könnte sein, das wir nie wieder aus dem Nebelmeer herausfinden, Magolas.«
    Magolas seufzte. »Du bist so verflucht ängstlich! Kaum zu glauben, dass wir von denselben Eltern abstammen.«
    »Nein, ich bin nur vorsichtig. Das ist etwas anderes.«
    Sie segelten also auf Naranduin zu, bis sie in der Ferne deren Küste auftauchen sahen und schließlich das Bergmassiv mit dem Affenkopf. Im Nordwesten war eine graue Nebelwand zu sehen.
    Andirs Sinne waren längst geschärft genug, um die Nähe magischer Kräfte deutlich zu spüren. Das Unbehagen in ihm wuchs, je näher sie Naranduin kamen.
    Bei Magolas jedoch war von diesem Unbehagen nichts zu spüren. Er saß an der Ruderpinne und wirkte zufrieden. Der Wind fuhr ihm durch das dunkle Haar, und sein Gesichtssausdruck wirkte entschlossen.
    »Lass uns umkehren«, sagte Andir. »Die Magie, die hier herrscht, können wir nicht in die Schranken weisen!«
    »Nicht einmal ein Vielleser alter Schriften wie du?«, höhnte Magolas.
    »Wir wissen nicht, ob der alte Zauber, der die Insel damals umgab, vielleicht wieder aktiv ist und wir Naranduin nie wieder verlassen können, wenn wir ihr uns zu weit nähern.«
    »Unser Vater hat den Bann gebrochen«, sagte Magolas. »Was soll uns geschehen? Und die Ouroungour scheinen nicht hinaus aufs offene Meer zu fliegen, sonst wären sie längst schon in Westgard gesichtet worden, was nicht der Fall ist. Du weißt, dass ich mich danach erkundigt habe.«
    »Was wissen wir schon, Magolas!«, sagte Andir besorgt.
    Sein Bruder lachte. »Nach dieser Fahrt werden wir jedenfalls mehr wissen!«
    »Nein, wir kehren um!«, beharrte Andir.
    Erneut lachte Magolas, und für einen Moment sah Andir, wie sich die Finsternis in den Augen seines Bruders ausbreitete und sie vollkommen ausfüllte. Dann beugte sich Magolas und zog das Segel etwas strammer, sodass er härter am Wind fahren konnte.
    Andir stürzte sich auf ihn, riss ihn von der Ruderpinne weg. Die Barkasse drehte in den Wind, das Segel hing schlaff herab, und das Boot verlor innerhalb eines Augenblicks die Fahrt und dümpelte nur noch in den Wellen. Die beiden Elben kämpften, rangen miteinander, und die Barkasse schaukelte dabei so stark, dass ein Schwall Wasser über die Bordwand schwappte.
    Dann ergriff Andir eines der eingezogenen Ruder, die bei Flaute benutzt wurden, schlug zu und traf Magolas am Kopf. Elbenblut rann aus einer Platzwunde, die sich schon zwei, drei Herzschläge danach wieder zu schließen begann. Aber der Schlag war zu heftig gewesen. Wie ein gefällter Baum fiel Magolas der Länge nach ins Boot und blieb bewusstlos liegen.
    Andir wendete das Boot, während sei Bruder bewusstlos dalag. Zunächst sickerte noch Blut aus der Wunde an seinem Kopf und wurde vom Holz der Barkasse aufgesogen, sodass dort für immer ein dunkler Fleck bleiben würde, aber nachdem Andir nach der Wende das Segel wieder festgezurrt und die Barkasse mit seitlichem Wind auf Kurs gebracht hatte, bemerkte er, dass der Blutfluss verebbt war und sich die Kopfwunde bereits wieder schloss. Es dauerte nicht mehr lange, und es war nichts mehr von ihr zu sehen, so als hätte es sie nie gegeben. Lediglich der Blutfleck im Holz zeugte davon, dass sie existiert hatte.
    Die Selbstheilungskräfte der Elben waren sprichwörtlich und übertrafen wahrscheinlich diejenigen fast aller anderen Geschöpfe. Und im Laufe der Jahrtausende hatten die elbischen Heiler ein reichhaltiges Wissen darüber angesammelt, wie diese körpereigenen Heilungskräfte durch den Einsatz von Magie oder wirksame Essenzen noch gefördert werden konnten. Aber das, was Andir bei seinem Bruder sah, übertraf alles, wovon er je gehört hatte, selbst die Geschichten über wundersame Heilungen, die sich die Athranor-Geborenen erzählten.
    Andir schauderte es vor seinem Bruder, und er fragte sich, ob diese besondere Heilkraft vielleicht in irgendeiner Form mit der Finsternis zusammenhing, die er in den Augen von Magolas gesehen hatte. Eine dunkle Magie schien in ihm beheimatet, und sie war vielleicht dafür verantwortlich, dass Wunden, die er sich zuzog, so rasch heilten. Doch da war noch ein anderer Gedanke, der Andir zu schaffen machte.
    Sie waren Zwillinge

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