Elben Drachen Schatten
des totgeweihten Gottes Mund. Es klang fast so wie ein menschliches Lachen. Es war ein zynisches Lächeln, welches auf seinem lippenlosen Mund stand - das Lächeln einer Echse, eines Tieres - eines Gottes!
„Ich...“, wollte Krask sagen.
„Was hindert dich? Ich weiß, dass du es tun wirst! Ich habe es gesehen! Worauf wartest du also?“
Ja, worauf wartete er eigentlich? Krask verwirrte es, dass Xilef sich nicht wehrte. Er stand einfach nur da und starrte den Wüstengott an. Seine Facettenaugen waren gläsern und kalt. Krask konnte nicht erahnen, was hinter dieser, von Schuppen bedeckten Stirn vor sich ging.
„Wenn ich dir jetzt meinen Dolch in den Leib rammte, du ließest es einfach geschehen?“
Xilef antwortete nicht. Er schien erstarrt zu sein.
„Sag mir etwas über meine Zukunft, Xilef!“, schrie Krask.
„Ich könnte dir nichts sagen, was ich nicht schon gesagt habe, mein Freund!“
Er nannte ihn Freund! Ihn, seinen Mörder!
Die Antwort des hellsehenden Gottes traf Krask wie ein Schlag. Gab es überhaupt noch einen Grund, an den seherischen Fähigkeiten dieses Gottes zu zweifeln?
Ja, Xilef sah die Zukunft. Aber warum gab er sich so gleichgültig?
Wusste er, dass es unmöglich war, die Zukunft zu beeinflussen? Nein, es musste möglich sein!
Krask wollte nicht sterben! Er hatte es so viele Jahrhunderte und Jahrtausende geschafft, am Leben zu bleiben - es wäre eine Schande, wenn er nun von gewöhnlichen Sterblichen dahingeschlachtet würde! Aber das war nun einmal das Wesen der Revolution!
Krask musste die kommende Entwicklung aufhalten! Er musste, wenn er weiterleben wollte!
Aber hatte er die Macht dazu?
Vielleicht log Xilef ja doch! Das wäre die einfachste Lösung des Problems gewesen.
Xilef lügt! Xilef lügt! Er muss lügen! Es kann gar nicht anders sein: Er muss lügen!, hämmerte es in Krask.
Und er darf seine Lügen nicht noch länger verbreiten, denn sie könnten unter Umständen zu Zukunft verändern!
Langsam zog Krask seinen Dolch hervor.
Ich muss es tun!
Er schaute sich einmal um, gerade so als fürchtete er, jemand könne ihn sehen. Dann stieß er blitzschnell zu.
Ein Röcheln, kein Schrei.
Xilef sank zu Boden und blieb dort reglos liegen.
Krask erschrak.
Ich habe es getan! Ich habe es wirklich getan!, dachte er entsetzt. Dann wischte er das Blut Xilefs von der Klinge seines Dolchs und eilte hinaus.
Vor irgendetwas hatte Krask Angst. Er wusste selbst nicht so recht, was es war.
Jedenfalls war er so schnell wie irgend möglich ins Freie geeilt. Auf dem Burghof sah er Gria mit den aus den Achselhöhlen wachsenden Schlangenhälsen.
„Hallo, Krask!“, rief sie, aber der stierköpfige Wüstengott gab keine Antwort. Er hatte den Dolch eingesteckt, aber nun bemerkte er, wie seine Hand zitterte.
Er war völlig durcheinander. Weshalb?
Nein, es konnte nicht an seinem Mord an Xilef liegen. Er war nicht der erste Gott, den er kaltblütig getötet hatte!
Tausende der Lanar waren an der großen Dürre und dem unbarmherzigen Fluch gestorben, den er geschickt hatte und das ganze hatte ihn nicht einmal mit der Wimper zucken lassen!
Nein, das konnte es nicht sein. Aber was war es dann, das ihn so aufwühlte?
Konnte es mit seiner Zukunft zusammenhängen, der Zukunft, welche Xilef ihm offenbart hatte?
Etwas zögernd trat Gria auf ihn zu und er wandte seine Stierschnauze zu der Göttin hin.
„Was ist mit dir los, Krask? Habe ich dir etwas getan?“
„Nein... natürlich nicht!“
„Was ist es dann? Du bist so...aufgewühlt! Du zitterst ja!“
Krask wich vor Gria zurück.
„Lass mich!“, sagte er und versuchte, an ihr vorbeizukommen. Die Göttin zuckte lediglich mit den Schultern und zog ihres Weges. Krask war sich im Augenblick unschlüssig darüber, was er jetzt tun sollte. Das was er schon seit längerer Zeit hatte tun wollen, hatte er getan: Er hatte Xilef getötet.
Aber er fühlte sich keinesfalls erleichtert! Unruhe war in ihm und wollte nicht von ihm weichen...
*
Mergun weilte nun schon einige Wochen in Balan. Irrtoc, der fahrende Sänger, war inzwischen weitergezogen, denn für jemanden wie ihn war es durchaus nicht ungefährlich, längere Zeit an ein und demselben Ort zu leben. Wie oft war er schon nur mit großer Mühe den priesterlichen Häschern entkommen, die nicht zulassen wollten, dass er mit seinen Liedern ihre Götter verspottete, ja sogar zur offenen Revolution gegen diese aufrief.
Kein Priester konnte so etwas dulden und so musste Irrtoc ständig
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