Elben Drachen Schatten
dem Fremden möglicherweise um einen gedungenen Meuchelmörder handeln, von den anderen Göttern geschickt. Oder vielleicht war Gibram auch ein Spion...
Eins mochte so verhängnisvoll wie das andere sein...
Mergun und Gibram schritten vorbei an verrufenen Tavernen in denen selbst zu dieser späten Stunde noch Leben herrschte.
„Wohin führt Ihr mich?“, fragte Gibram, aber Mergun antwortete nicht. Immer düsterer wurden die Straßen, in die der Gott den Lanar führte. Hier kannte sich Mergun bestens aus.
Schließlich hielt er an.
„Was ist los, warum gehen wir nicht weiter?“
„Wir sind am Ziel, Gibram!“
„Wo ist Mergun?“ Die Augen des Wüstensohnes leuchteten jetzt gefährlich und katzenhaft. „Oder sollte dies eine Falle sein?“ Eine leichte Drohung war aus Gibrams Worten zu hören. Der Lanar griff zu dem Krummschwert an seiner Seite, doch noch ehe er es herausziehen konnte, schloss sich Merguns Hand um des anderen Unterarm.
„Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben.“
„Ihr habt versprochen, mich zu Mergun zu führen!“ Einen Augenblick lang starrten sich die beiden Männer an. Das Mondlicht warf seltsame und gespenstische Schatten auf ihre Gesichter.
„Ich bin Mergun!“
Gibram riss sich aus Merguns Umklammerung los und wich einen Schritt zurück.
„Ihr seid Mergun?“
„Ja. Ich konnte es Euch nicht sogleich sagen, denn ich wusste nicht, ob ich Euch trauen kann.“
„Aber nun wisst Ihr es?“
„Ich glaube nicht, dass Ihr etwas gegen mich im Schilde führt. Außerdem seid Ihr allein und notfalls könnte ich Euch jeden Moment niederstechen!“
Gibram trat wieder einen Schritt vor. Nein, dies war nicht das Gesicht, welches er in seinen Visionen und Träumen gesehen hatte! Aber die Augen!
Sie kamen ihm bekannt vor.
„Woher wusstet Ihr, dass ich hier in Balan weile?“
„Ich habe die Gabe der Hellsicht. Ich sah Euch in meinen Visionen. Das heißt: Dort seht Ihr anders aus!“
„Ich bin in Verkleidung hier!“
Mergun nahm den falschen Bart von seinem Gesicht.
„Erkennt Ihr mich nun, Gibram?“
Gibrams Augen verengten sich.
Er sah Mergun prüfend an.
Schließlich nickte er.
„Ja! Wahrlich, Ihr seid Mergun!“, stieß er hervor. „Warum habt Ihr Euer Aussehen nur auf natürliche Weise verändert? Besitzt ein Gott nicht die Macht, seine Gestalt vollkommen zu wechseln?“, fragte Gibram.
„Ja, das schon. Aber die Magie birgt erhebliche Gefahren. Es könnte sein, dass ich einen solchen Verwandlungszauber nicht mehr rückgängig machen könnte. Anderen Göttern ist solches bereits geschehen! Aber nun sagt mir, was Ihr eigentlich von mir wollt! Ihr scheint von weit her zu kommen...“
„Ein Mann namens Luun hat mich geschickt.“
„Luun?“
„Ja. Er ist völlig in grau gekleidet, hat graue Haare, einen grauen Bart und graue Augen. Plötzlich tauchte er in der Wüste auf und bat mich, Euch aufzusuchen. Ihr habt die Macht dazu, die Revolution einzuleiten, aber Ihr habt Euch noch nicht endgültig dazu entschlossen! Ihr seid Euch noch nicht sicher, ob die Revolution wirklich der richtige Weg ist!“
Mergun erschauderte. Ja, genauso war es.
„Und meine Aufgabe ist es nun, Euch in die Wüste zu führen!“
„Weshalb das?“
„Luun sagte, Ihr solltet auf diese Weise das furchtbare Unrecht erkennen, welches die Götter begangen haben!“
„Aber ich habe dieses Unrecht doch schon mit eigenen Augen gesehen! Ich habe mit ansehen müssen, wie der schreckliche Ahyr Menschen allein zum Zweck seines Vergnügens hat zu Tode quälen lassen!“
Aber Gibram schüttelte den Kopf.
„Ahyr ist tot, Mergun. Ihr selbst habt ihn in den Tod geschickt!“
„Ich weiß, aber...“
„Im Grunde Eures Herzens wollt Ihr einfach nicht glauben, dass andere Götter ebenso schlimme Verbrechen begehen können, wie Ahyr und Taykor - wenn nicht noch schlimmere!“
Insgeheim musste Mergun dem Lanar Recht geben. Er hätte nie und nimmer gedacht, sich einst wieder von einem Sterblichen belehren lassen zu müssen. Aber er musste Gibram für das, was er gesagt hatte, dankbar sein.
„Kommt mit mir in die Wüste und ich zeige Euch Dinge, die Ihr einfach gesehen haben müsst, wenn Ihr eine Entscheidung in der Frage fällt, die Euch beschäftigt!“
Mergun spürte, dass er Gibram vertrauen konnte.
„Also gut. Ich werde mit Euch in die Wüste gehe!“
„Ihr werdet mir einst dankbar sein!“
„Vielleicht.“
„Wann brechen wir auf?“
„Jetzt gleich.“
„Jetzt gleich? Mein Pferd und
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