Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
den Anblick, der sich ihr bot, einzuknicken. Ihr Herz schlug ihr vor Angst bis zum Hals.
Das ist sie also. Die Blutbestie. Mein ganz persönlicher Häscher. Himmel hilf mir! So grausig habe ich ihn mir nun auch wieder nicht vorgestellt!
Nach dem ersten Schock wagte Elea einen längeren Blick an dem Felsen vorbei auf ihren Verfolger. Er war riesig, noch größer als Kellen und der war schon um einiges größer als sie. Er stand breitbeinig auf der Lichtung ganz in schwarz gekleidet. Das konnte sie gut bei dem Mondlicht erkennen. Und sie konnte es kaum glauben - er trug eine schwarze Maske im Gesicht.
Behindert die ihn denn nicht beim Sehen und dann noch nachts?
Er war schlank, hatte breite Schultern, eine schmale Hüfte und... lange Beine.
Schnell rennen kann er bestimmt auch.
Das Gruseligste an ihm war jedoch, dass er genau in ihre Richtung sah, als ob er sie sehen konnte. War das möglich? - Ja, das war es ganz offensichtlich! Er stand nur da, machte nicht die geringste Bewegung und starrte ununterbrochen zu ihr hinüber.
Was soll ich nur tun?
Sie drehte sich um und erkannte zu ihrem Entsetzen, dass sie in der Falle saß. Hinter ihr türmten sich die Felsen auf, auf die sie nicht ohne weiteres mal schnell unentdeckt klettern konnte. Außerdem wusste sie gar nicht, was hinter ihnen lag.
Wie dämlich muss man eigentlich sein! Erst ignoriere ich die Warnung des Uhus. Und dann suche ich mir noch eine Sackgasse als Versteck aus!
Elea musste unwillkürlich an ihren Kosenamen denken, mit dem Kellen sie so gerne neckte: Rehlein. Genau so fühlte sie sich im Moment - wie ein kleines, vor Angst zitterndes Reh, das im Begriff war, von einem bösen hungrigen Wolf gefressen zu werden. Ihr wurde augenblicklich klar, dass sie nur eine Fluchtmöglichkeit hatte: Sie musste auf die Lichtung und seitlich an den Felsen entlang irgendwie wieder in den dunklen, dichten Wald gelangen, um sich dort zu verstecken, falls dies bei diesem Kerl überhaupt möglich war. Er war zweifellos schneller als sie, da nützte ihr auch ihre Ausdauer beim Laufen nicht viel. Ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als auf ihn zu schießen, während sie rannte, um sich so einen Vorsprung zu verschaffen.
Die Tatsache, dass er unentwegt in ihre Richtung starrte und sie offensichtlich entdeckt hatte, ohne dass sie sich ihm gezeigt oder auf irgendeine andere Weise verraten hatte, jagte ihr einen eisigen Schauer nach dem anderen über ihren Körper. Dennoch nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und trat - einen Pfeil bereits in den Bogen gespannt - hinter dem Felsen hervor. Ihr Brustkorb senkte und hob sich unruhig und ihre Arme zitterten. Sie schätzte die Entfernung auf etwa siebzig Schritte. Eine Entfernung, die für sie kein Problem darstellte. Allerdings hatte sie noch nie auf ein Lebewesen geschossen und schon gar nicht auf einen Menschen. Aber dieser hier stellte eine Gefahr für ihr Leben dar. Sie könnte auf ihn schießen. Da war sie sich ganz sicher. Und sie musste es tun - jetzt sofort. Sie atmete noch einmal tief ein, versuchte das Zittern ihrer Arme unter Kontrolle zu bekommen, atmete dann wieder aus, zielte und schoss. Sie sah den Bruchteil eines Augenblicks, wie der Pfeil zischend durch die Luft flog. Doch anstatt sofort loszurennen, blieb sie wie angewurzelt stehen, um zu sehen, was passierte. Ihr stockte der Atem und ihr Herz flatterte wie ein aufgescheuchtes Vögelchen in ihrer Brust. Der schwarze Mann wich ihrem Pfeil tatsächlich aus, als wäre er nur ein Ball. Er machte nicht einmal einen Schritt. Er neigte seinen Oberkörper einfach lässig und blitzschnell zur Seite. So etwas hatte Elea noch nie gesehen, erst recht nicht des Nachts. Sie hatte den Schrecken noch nicht ganz verdaut, da setzte sich der maskierte Mann mit langsamen Schritten in Bewegung - direkt auf sie zu.
Jetzt oder nie!
Elea ergriff blitzschnell einen Pfeil nach dem anderen und schoss sie schnell hintereinander auf den immer näher kommenden Mann ab. Gleichzeitig bewegte sie sich so schnell sie konnte, mit dem Rücken an den Felsen entlang Richtung Wald. Der Mann gab nun seine langsamen Schritte auf und jagte ihr hinterher. Er musste seinen Spurt immer wieder unterbrechen, weil er ihren Pfeilen auswich und auf die Erde hechtete. Er kam jedoch jedes Mal wieder rasch auf die Beine. Plötzlich zuckte er jäh zusammen und stieß einen Fluch aus, bei dem er sich ans Bein fasste. Elea schöpfte Hoffnung. Endlich war es ihr gelungen, ihn zu treffen. Also gab sie das Schießen auf
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