Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
wieder zurück, da das Kratzen seiner Krallen auf dem steinernen Boden immer lauter wurde. Warum sind meine Weggefährten eigentlich immer Wesen, die sich über mich amüsieren? Es muss wirklich an mir liegen. Wieder ein Brummen.
Als Arabín nahe genug war, konnte Elea erkennen, dass er eine große Holztruhe im Maul trug. Wenige Schritte vor der jungen Frau blieb er stehen und stellte die Truhe vorsichtig auf den Boden ab. Allerdings hatte sie zunächst gar keine Augen für die Truhe, da Arabín zum ersten Mal sein Maul geöffnet hatte, sodass sie seine Zähne aufblitzen sehen konnte. Elea hielt unwillkürlich den Atem an. Das riesige Raubtiergebiss der Akrachón-Wölfe war schon angsteinflößend. Die Innenausstattung von Arabíns Maul stellte jedoch alles in den Schatten. Nicht nur, dass sich seine Zähne von beeindruckender Länge lückenlos aneinanderreihten, nein, sie schimmerten dem Betrachter in einem fremdartigen, gräulich-metallischen Glanz entgegen, was sie zusammen mit ihren scharfen Spitzen wie Dolche erscheinen ließ. Elea schluckte schwer. Arabíns messerscharfe Krallen erschienen im Vergleich zu seinem Gebiss, mit dem er zweifelsohne einen Menschen mit einem Biss in zwei Teile durchtrennen könnte, geradezu harmlos.
Elea konnte nicht aufhören, auf das inzwischen geschlossene Maul des Drachen zu starren. Ihr eingeschüchterter Blick löste in Arabín ein bisher noch nie dagewesenes Unbehagen aus. Andere Menschen, denen er in seinem Leben begegnet war, hatte er damit gerne in Angst und Schrecken versetzt. Bei Elea war dies jedoch ganz anders. Obwohl er sie erst seit gut einem Tag kannte, war sie ihm bereits an sein Drachenherz gewachsen.
„ Um deiner Frage vorzugreifen: Nein! Ich weiß nicht, wem die Truhe gehört. Sie war schon da, als ich hierher kam. Sieh mal hinein, vielleicht ist etwas Brauchbares drin!“ Elea war froh, wieder die freundliche Stimme des Drachen zu hören, die ganz im Widerspruch zu seiner mehr als stark ausgeprägten Drachenqualitäten standen. Eine Sache stieß ihr allerdings bitter auf. Arabín gab häufig die Antwort auf eine Frage, die ihr gerade in den Sinn gekommen war, die sie aber noch gar nicht gestellt hatte. Sie machte sich schon auf eine spöttische Erwiderung auf diesen Gedanken hin gefasst. Diese blieb jedoch aus. Stattdessen hatte sich Arabín wieder niedergelassen und seinen gewaltigen Kopf zwischen seine Beine abgelegt. Sein Kopf ist so groß, der muss ihm auf Dauer zu schwer werden. Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, fiel ihr auch schon ein, dass er ihn gehört hatte. In der Tat: Es brummte bereits schon wieder in ihrem Kopf. Sie wandte ihren verärgerten Blick von dem sich amüsierenden Drachen ab und öffnete die Kiste. Seile, Werkzeuge und glitzernde Steine bildeteten ein großes Wirrwarr in der verstaubten Truhe. Elea nahm sich ein paar Seile heraus und schloss die Kiste sofort wieder, ohne den anderen Gegenständen größere Aufmerksamkeit zu schenken. Sie begann unverzüglich mit der Arbeit. Ohne Scheu warf sie ein Seil über Arabíns Hals. Der Drache hob verdutzt den Kopf in die Höhe, was sie sofort ausnutzte, um das Ende, das sie über ihn geworfen hatte, unter ihm hervorzuholen, sodass sie beide Enden miteinander verknoten konnte. „Was hast du vor?“
„ Ich kann wohl kaum alles an meinen Körper binden, Arabín! Die paar Seile werden dich ja wohl mit deinen harten Schuppen nicht stören. Daran kann ich dann Maéls Sachen und die Provianttasche befestigen.“ Sie warf noch zwei weitere Seile über den Rücken des Drachen. „Los, steh schon auf, damit ich die Seile unter deinem Bauch hervorholen kann. Du machst mir ja einen ziemlich trägen Eindruck. Hoffentlich stürzen wir nicht ab!“
Elea gab sich großer Geschäftigkeit hin. Dies war die einzige Möglichkeit, sich von dem unmittelbar bevorstehenden Aufbruch und der damit verbundenen Trennung von Maél abzulenken. Arabín tat wie sie ihm geheißen hatte, ohne seinen wachen und neugierigen Blick von ihr abzuwenden. „Wieso starrst du mich die ganze Zeit so an?“, fragte ihn Elea nervös, ohne in der Verschnürung des Drachen und des Gepäcks inne zu halten. „Ich wundere mich über dich. Du verhältst dich ganz und gar nicht wie eine typische Menschenfrau. Dein Vater hat dich in der Tat, wie ein Junge aufgezogen. Das wird dir vieles in deinem neuen Leben mit mir erleichtern. Du musst wissen, es gab bisher nur sehr, sehr wenige Frauen, die Drachen geritten haben.“
Elea zuckte
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