Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
starker Verwesungsgeruch zu ihr wehte, je nach dem, aus welcher Richtung der Wind blies. Elea musste ein Würgen unterdrücken. Ihre Lage war so aussichtslos wie noch nie. Ihre einzige Hoffnung war, dass Maél sie fand, bevor diese widerlichen Kerle ihr ihre Aufmerksamkeit schenkten. Wenn Maél dies nicht gelänge, dann wäre sie ihnen hilflos ausgeliefert. Das Einzige, was sie im Moment tun konnte, war Maél Zeit zu verschaffen, indem sie sich möglichst lange bewusstlos stellte. Dann würden sie sie vielleicht vorerst in Ruhe lassen. Eleas Plan ging auch für eine Weile auf. Aus halb geschlossenen Augen behielt sie die Unterschlüpfe im Auge. Von Zeit zu Zeit erschien ein Kerl und vergewisserte sich, dass sie noch bewegungslos am Boden lag. Plötzlich nahm sie jedoch größere Bewegungen wahr und die Stimmen wurden lauter. Ihre Haare stellten sich im Nacken auf und ihr Magen krampfte sich zu einem Knoten zusammen, als sie sah, wie sich zwei Kerle ihr näherten. Durch ihre geschlossenen Lider hindurch konnte sie sehen, wie ein Schatten über sie fiel. Jemand beugte sich über sie. Mit einem groben Griff packte sie jemand an den Schultern und schüttelte sie durch. Ein ekelerregender Geruch nach Tabak, Branntwein und etwas, von dem Elea gar nicht wissen wollte, was es war, stieg ihr in die Nase, sodass sie sofort wieder zu würgen begann. „Ergad, sie ist wach!“, rief der Mann zu den Unterschlüpfen hinüber. „Na endlich! Dann kann ja unser Spaß beginnen! Schneide ihr die Fußfesseln durch und bring sie zu uns rüber.“ Elea wurde unsanft auf die Füße gestellt und von den beiden Männern zu einer Gruppe von vielleicht fünfzehn zum Teil mit Schwertern bewaffneten Männern gezogen. Einer, wahrscheinlich ihr Anführer, trat hervor und ging auf Elea zu. Er trug schmutzige, von Löchern durchsetzte Kleider. An seinem Gürtel hing ein langes Messer, an dem altes, getrocknetes Blut klebte. Und so wie sein Gesicht aussah, war er schon seit Wochen nicht mehr mit Wasser in Berührung gekommen. Langes, strähniges Haar umrahmte sein Gesicht. In seinem zotteligen Bart hingen Essensreste. Er blieb unmittelbar vor ihr stehen und ergriff mit seiner dreckigen Hand roh das Kinn der jungen Frau, um ihr Gesicht ihm zu zu drehen. Eleas Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust.
Jetzt ist es soweit. Was soll ich nur tun?
„ Wie ist dein Name?“, wollte der Anführer wissen. Dabei riss er ihr das Kopftuch vom Kopf. Staunend pfiff er laut durch die Zähne, als sich die dicke, dunkelbraune Mähne mit den drei roten Strähnen vor seinen Augen entfaltete. Der Mann griff nach einer der Strähnen. „Ja, stimmt! Das hatte ich ja völlig vergessen. Deine Haare, die haben gestern Abend sogar geleuchtet. Offenbar tun sie dies nur, wenn es dunkel ist. Was bist du? Eine Hexe? Oder vielleicht nur eine Missgeburt? Aber eine besonders hübsche und reizvolle, mit der wir auch unseren Spaß haben werden. Was meint ihr Männer?“ Der Rest der verwahrlosten Gruppe stimmte lachend seinem Anführer zu und forderte ihn ungeduldig auf, Eleas weibliche Reize zu enthüllen. Doch der Anführer ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er gab seinen Männern mit der Hand das Zeichen, zu schweigen. „Wir wollen doch nicht, dass unser Gast glaubt, bei Wilden gelandet zu sein. Wir wollen doch den Regeln des Anstandes Genüge tun und uns erst einmal miteinander bekannt machen, bevor wir unsere Beziehung vertiefen. – Ich bin Ergad. - Wie heißt du?“ Lautes Gelächter ertönte von Neuem. Eleas Herz machte panikartige Sprünge, als sich alle Augen auf sie hefteten. Den Würgereiz aufgrund des ihr entgegenströmenden ekelerregenden Gestanks, der von den Männern in ihrer Nähe ausging, hatte sie immer noch nicht bezwungen. Sie stellte sich weiterhin taub, um noch wertvolle Zeit zu gewinnen. „Du kannst sprechen, das wissen wir. Wir hatten gestern schon eine Kostprobe deiner süßen Stimme. Also wird’s bald! Wie ist dein Name?“, fragte der Mann jetzt schon wesentlich ungeduldiger. Elea hatte nicht die Absicht, dem widerlichen Kerl ihren Namen zu verraten. Sie schwieg weiterhin beharrlich und versuchte, ein so ausdrucksloses Gesicht wie möglich zu machen. Blitzschnell und für Elea völlig unerwartet holte der Mann aus und gab ihr eine Ohrfeige, deren Wucht sie beinahe zu Boden stürzen ließ. Sie konnte den Schwung gerade noch abfangen. Mit dem heiß aufflammenden Schmerz in ihrem Gesicht begann in Elea langsam Wut hochzusteigen. Mit diesem Gefühl
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