Elegie - Fluch der Götter
ritt Uschahin Traumspinner die Pfade zwischen Wachen und Träumen entlang, stürzte sich in die Mittlande und hinterließ eine Spur aus Albträumen. Ein Schwarm von Raben bahnte ihm den Weg, und zu jeder Seite trabte ein reiterloses Pferd neben ihm her – eines in geisterhaftem Grau, das andere so schwarz wie Kohle.
Wenn er geträumt hätte, was er nicht tat, dann hätte er vom Rat der Drachen geträumt.
Vorax der Gierschlund erwartete ihn in Finsterflucht, murrend über seinen Vorräten.
Die Unsterblichen Drei würden bald wieder vereint sein.
Haomanes Prophezeiung musste sich noch erfüllen.
In der mächtigen Feste von Finsterflucht, in der die Hohe Frau Cerelinde gefangen war und gegen die ansteigende Flut der Zweifel kämpfte, brannte noch immer das Feuermark. In ihm hing der Dolch Gottestöter, rubinrot, ein Splitter der Souma. Einst hatte er Satoris verwundet; es war eine Wunde, die nimmermehr heilen würde. Allein der Gottestöter konnte das Leben eines Schöpfers beenden – das Leben des Fürsten Satoris und das Leben der anderen Schöpfer. Und solange das Feuermark brannte, vermochte keine Menschenhand den Dolch zu berühren. Niemand außer einem Schöpfer würde dies wagen.
Nur das Wasser des Lebens, geschöpft aus dem Brunnen der Welt, besaß die Macht, das Feuermark zu löschen. Das Wasser war geschöpft, doch sein Träger war verschwunden.
Dani von den Yarru, der durch Malthus den Gesandten in einer verzweifelten Anstrengung aus den Bahnen geschleudert worden war, wanderte in den kalten Landen von Nordegg tief im Gebiet der Fjeltrolle umher und hatte nur seinen Onkel als Führer. Zusammen gedachten sie, den Flüssen, dem Lebensblut von Urulat, bis nach Finsterflucht zu folgen.
Und auch sie wurden gejagt …
Die Fjel, angeführt von dem Tungskulder Skragdal, waren ihnen auf der Spur. Ihre Treue zu Fürst Satoris war über jeden Zweifel erhaben. Haomanes Prophezeiung versprach ihnen nichts als den Tod. Sie würden ihre Suche niemals aufgeben, wohin sie auch immer führen mochte. Sie würden obsiegen oder untergehen.
Alle Linien laufen in einem Schnittpunkt zusammen.
Neherinach war ein grünes, flaches Tal, das sich in die Hänge des Berges schmiegte. Hier und da durchbrachen kleine Felsen den Boden; an anderer Stelle erhob sich ein halbes Dutzend kleiner Hügel, die mit blühendem Efeu überzogen waren. Ein kleiner, aus einer Quelle gespeister Bach wand sich durch die Mitte des Tals, schlängelte sich westwärts und versickerte im Boden. Niedrige Berge mit täuschend sanften Flanken betteten es ein. Stechginsterbüsche boten Nahrung für Damwild und Unterschlupf für Hasen, die in den Schatten kleiner Felsvorsprünge hockten.
Es war ein friedvoller und zugleich schrecklicher Ort.
An seinem Rande warteten die Späher der Kaldjager und beobachteten mit ihren gelben Augen das langsame Vorankommen der anderen. Skragdal, ihr Anführer, wusste, was die Kaldjager fühlten. Hier hatte es seinen Ausgang genommen.
Sie sammelten sich still auf dem Felde von Neherinach. Das grüne Gras fühlte sich weich unter den Füßen an. Wasser glitzerte unter der hellen Sonne. Vögel regten sich in den Bäumen; Insekten sprangen von den Grashalmen in Sicherheit.
»Kommt«, sagte Skragdal leise.
Gemeinsam überquerten sie das Feld. Das Gras knickte unter ihren Schritten und richtete sich wieder auf, sobald sie vorübergegangen waren. Es roch frisch und süß. Skragdal spürte, wie die Krallen seiner Füße in die reiche und zerbröckelnde Erdkrume drangen. Uralte Wut erfüllte ihn. Blut hatte vor langer Zeit diesen Boden getränkt. Tausende und Abertausende von Fjel waren an diesem Ort gestorben, wo sie ohne Waffen gegen die gewaltigen Streitkräfte der Menschen und der Ellylon gekämpft hatten. Ohne Pardon waren sie für das Verbrechen angegriffen worden, dem verwundeten Schöpfer Unterschlupf gewährt zu haben, der sie das Ausmaß ihres eigenen Wertes gelehrt hatte. Die efeubedeckten Hügel, die das Feld sprenkelten, kennzeichneten die Grabhügel der Fjel, einen für jeden der sechs Stämme.
Am Ende hatten sie doch gewonnen – durch Verrat und Heimtücke, wie es in den Liedern der Verbündeten Haomanes hieß. Es stimmte, sie hatten Fallen gestellt, doch was bedeutete Verrat einem Volk, das in keiner Weise den Angriff herausgefordert hatte? Es war ein bitterer Sieg gewesen.
In der Nähe des Ufers, wo der Boden so weich war, dass sich Abdrücke in ihm erhielten, fanden sie alte Hufspuren. Skragdal zog
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