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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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tut das nicht.« Cerelinde
atmete flach und war sich der knappen Luft ebenso bewusst wie des großen Gewichts der Erde, die über ihnen lastete. Es war ein Übelkeit erregendes Gefühl. Ihr Kopf schmerzte, und ihr Herz lag wie zusammengepresst in ihrer Brust. An ihrem Körper haftete noch eine vage, schreckliche Erinnerung daran, dass die Arme des Fjeltrolls sie umfasst und getragen hatten. Sie hatte recht gehabt; es war gefährlich gewesen, zu gefährlich.
    Das Tal von Lindanen war ein Fehler gewesen.
    »Es ist für mich ein Leichtes«, sagte Hyrgolf, der ihr Zögern missverstand. Seine Krallen berührten ihre Fingerspitzen.
    »Nein! « Cerelinde zuckte zurück. Sie stieß mit dem Rücken gegen die Wand des Tunnels und richtete sich auf. »Wenn ich laufen muss«, sagte sie mit aller Würde, die sie aufbringen konnte, »dann werde ich laufen.«
    »Hohe Frau.« Hyrgolf sagte etwas in der gutturalen Sprache der Fjel, und die anderen Trolle erwachten daraufhin aus ihrem scheinbaren Dämmerzustand. Das Licht ihrer Fackeln wurde schwächer, als sie in gemächlichem, gleichmäßigem Schritt im Tunnel vorausschritten. Die andere Gestalt neben dem Pferd stand weiter bewegungslos da. Hyrgolf bedeutete Cerelinde voranzugehen.
    Der steinige Tunnelboden fühlte sich unter ihren Füßen, die noch in den bestickten, leichten Hochzeitsschuhen steckten, hart an. Als sie an der bewegungslosen Gestalt mit dem blassen Haar vorüberkamen, sah sie schnell hin.
    Uschahin der Fehlgezeugte hob den Kopf, und in seinen ungleichen Augen glänzten unvergossene Tränen und Hass. Sein zweifaches Erbe stand ihm ins Gesicht geschrieben, ebenso wie die Spuren der Gewalt, mit der man versucht hatte, sein Dasein zu beenden.
    »Ah Haomane!« Sie stieß die Worte hervor wie ein Gebet.
    »Kommt, Hohe Frau«, sagte Hyrgolf leise. Seine Krallen lagen auf ihrem Arm und schoben sie weiter. »Überlasst den Traumspinner seiner Trauer.«
    Sie folgte ihm widerstandslos.
    Hinter ihnen hörte sie Hufe scharren und stampfen; ein Pferd schnaubte. Dann erklang Hufschlag, der ihnen folgte. Als sie es
wagte, sich wieder umzusehen, ritt er hinter ihnen, einen kleinen Lederkoffer vor sich auf dem Sattel. Er sah sie mit hartem Blick an und erschien ihr mit seinem schiefen Gesicht wie eine Parodie auf Haomanes Kinder, auf alles, was ihr lieb und teuer war.
    Und jetzt waren keine Tränen mehr in seinen Augen, nur noch Hass.
    Sie war den Handlangern des Weltenspalters ausgeliefert.
    Die Fjel gingen nicht besonders schnell, aber stetig und unermüdlich. Sie sprachen wenig, schritten lediglich gleichmäßig aus, und der Fehlgezeugte sprach gar nicht. Cerelinde ging stundenlang mit ihnen, fühlte Uschahins Hass in ihrem Rücken, der so deutlich spürbar war wie die Hitze eines lodernden Feuers. Der Tunnel senkte sich ein wenig, und mit jedem Schritt hatte sie das Gefühl, sich mehr und mehr von der Erdoberfläche zu entfernen, von Aracus und ihren Verwandten, von reiner Luft und vom Licht der lebensspendenden Sonne. Die Luft in den Gängen war feucht und stickig, und das verstärkte sich, je weiter sie kamen. Nur einige wenige Schächte durchdrangen die erstickende Dunkelheit und sorgten gerade eben für genug Luft, um sie am Leben zu erhalten und die Fackeln weiter brennen zu lassen.
    Gleich in der ersten Stunde unterschritten sie den Aven.
    Ein tiefes, gedämpftes Rauschen kündigte es an. Die Wände des Tunnels bebten und stöhnten. Cerelinde blieb starr vor Entsetzen stehen, während die Fjel unbeeindruckt weitertrampelten.
    »Ganz ruhig, Kleine«, grollte Hyrgolf. »Das ist nur der Fluss über uns.«
    »Über uns?«, wiederholte Cerelinde, und ihr wurde übel. Sie konnte es sich kaum vorstellen, das Gewicht des vielen Wassers, das über sie hinwegströmte. Sie kannte den Fluss gut. Einige Weglängen weiter südlich lag Meronil, die weiße Stadt, an seinen Ufern.
    »Ja, weit über uns.« Hyrgolf sah sie an. »Die Fjel kennen sich in den Tunneln aus, Kleine. Ihr seid bei uns sicher. Ihr braucht keine Angst zu haben.«
    »Kleine!« Ein verzweifeltes Lachen entrang sich ihrer Kehle. »Oh Marschall! So nennt Ihr mich, die ich lange genug gelebt habe,
um zehnmal zwanzig Generationen Eures Geschlechts im Namen des Weltenspalters schuften und sterben zu sehen. Habt Ihr eine Vorstellung von dem, was Ihr hier tut?«
    Er zuckte wieder die Achseln, als ob ihre Worte von seiner undurchdringlichen Haut abprallten. »Wie Ihr meint, Hohe Frau. Könnt Ihr jetzt weiter?«
    »Ja«,

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