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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Mit kerzengeradem Rücken stand sie vor ihm. »Kühnheit ist in ihm, und Edelmut. Ich bin eine Frau, Tanaros Königsmörder. Auch eine Ellyl, aber vor allem eine Frau.« Ihre Wangen röteten sich. »Und es ist nichts in ihm, dem sich eine Frau nicht …«
    Er schnitt ihr das Wort ab. »Ihr wolltet die Prophezeiung erfüllen.«
    Cerelinde öffnete den Mund, dann schloss sie ihn wieder.
    Tanaros lachte auf seltsame, trockene Weise. »Ihr wolltet die Prophezeiung erfüllen. Macht Euch nichts vor. Es war eine kriegerische Handlung.«
    »Ich versuche, mein Volk am Leben zu erhalten, Tanaros Schwarzschwert.« Ihre grauen Augen waren ernst. »Könnt Ihr das Gleiche von Euch sagen?«
    »Ja, das kann ich, und das tue ich auch. Ihr seid eine Spielfigur, Hohe Frau, in einer Kriegspartie, die Haomane der Erstgeborene plant.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar; es war fettig, nachdem er tagelang einen Helm getragen hatte. »Wer hat Euch zu dieser Heirat gedrängt? Ingolin der Weise? Malthus der Gesandte, Haomanes Diener und Waffe?« Tanaros lächelte bitter angesichts ihrer Miene. »Da seht Ihr, wie weit ihre Weisheit sie gebracht hat! Nun, jetzt habe ich Euch in meine Gewalt gebracht, und nun seid
Ihr Fürst Satoris’ Spielfigur. Er ist wenigstens ehrlich dabei. Und als sein Bote sage ich Euch: Er will Euch nichts Böses.«
    »Ich bin entführt worden.« Cerelindes Stimme bebte, zum einen vor Zorn, aber auch, weil sie sich alle Mühe gab, ihre Angst zu unterdrücken. »Mit Gewalt entführt, gegen meinen Willen hierhergebracht, gefangen gehalten von …« Ihr Blick fiel auf Uschahin, der auf der anderen Seite der Höhle an der Wand saß, und sie deutete mit einem zitternden Finger auf ihn: »Von solchen Geschöpfen , von Fjeltrollen und diesem ekelhaften Fehlgezeugten …«
    »Das reicht!« Tanaros schlug ihre Hand mit einer harten Bewegung herunter, die sie erschreckte.
    Unangenehm nahe standen sie sich nun gegenüber und starrten einander an.
    »Euer Volk hat Uschahin im Stich gelassen, Hohe Frau«, sagte Tanaros. »Vergesst das nicht. So wie er ist, so wären Eure Kinder geworden, wenn Ihr Aracus Altorus geheiratet hättet.«
    »Niemals!« Sie schleuderte ihre Entgegnung trotzig heraus. Seine Worte hatten an ihre dunkelsten Ängste gerührt. »Sie wären in Liebe empfangen worden, in Übereinstimmung mit Haomanes Prophezeiung.« Cerelinde schüttelte den Kopf. »Das ist nicht das Gleiche, das ist überhaupt nicht das Gleiche. Was glaubt Ihr, wieso wir ihn als Fehlgezeugten bezeichnen? Es geht dabei nicht darum, dass er ein Mischling ist. Uschahin der Fehlgezeugte wurde durch Lust, durch reine Begierde gezeugt.« Sie sprach die Worte voll Verachtung. »Und das ist die Gabe des Weltenspalters, nicht Arahilas.«
    Tanaros hob die Brauen. »Dann macht Ihr ihn also für seine Geburt verantwortlich?«
    »Nicht für seine Geburt, aber für das, was er aus dem Leben gemacht hat, das unter so bösen Voraussetzungen gezeugt wurde«, sagte Cerelinde nüchtern. »Und mein Volk hat ihn in die Obhut der Euren gegeben, Tanaros Königsmörder. Man kann uns nicht für die Grausamkeit verantwortlich machen, die von den Menschen verübt wurde.«
    »Nein.« Er sah von ihr zu Uschahin hinüber. »Und dennoch wart Ihr noch schneller bei der Hand, ihn zu verstoßen, als die Menschen
später damit, ihn zu quälen. Nur Oronins Kinder waren über eine derartige Kleingeistigkeit erhaben. Die Wehre haben ihn aufgenommen, als alle anderen ihn im Stich ließen.« Sein Blick kehrte zu ihr zurück. »Lasst ihn in Ruhe. Er hat im Tal von Lindanen mehr verloren als wir alle.«
    Sie erinnerte sich an die grauen Gestalten in ihrer Mitte, an Aracus und seinen Kampf. Ihr Atem ging schnell und flach. »Das Geschöpf, das meinen Verlobten angriff …«
    »Der Traumspinner nannte sie ›Mutter‹«, sagte Tanaros ruhig. »Erinnert Euch daran, wenn Ihr uns in Haomanes Namen verflucht, Hohe Frau. Ihr habt mein Wort als Gewissheit: Hier wird Euch nichts Böses widerfahren.«
    Er verbeugte sich steif und verabschiedete sich.
    Cerelinde sah ihm nach. Ein Teil ihres Herzens brannte, denn falls seine Worte die Wahrheit gewesen waren, dann bedeutete das, dass Aracus lebte. So schlimm ihr die Zukunft erschien, solange sie beide noch atmeten, war nicht alle Hoffnung vergebens. Haomanes Prophezeiung konnte immer noch erfüllt werden, und dann würde Satoris Fluchbringer durch seine eigene Narrheit vernichtet.
    Und dennoch sorgte sie sich.
    Tanaros ging durch das Lager,

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