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Elfenmeer: Roman (German Edition)

Elfenmeer: Roman (German Edition)

Titel: Elfenmeer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Qunaj
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braucht einen Helden, pflegte er zu sagen, die Leute müssen zu jemandem aufsehen, um auch die Widrigkeiten des Lebens zu überstehen, sie müssen an Wunder, Ehre und Ritterlichkeit glauben. Daher erwarteten sein Vater und Großvater auch, dass Valuar die nächste schillernde Gestalt Valdoreens wurde.
    Wie sollte Valuar sich einem Mann widersetzen, der selbst auf alles verzichtet hatte, um seinen Vetter zu unterstützen? Wie sollte er all die Bewohner Valdoreens enttäuschen, die ihn seit Nevliins Tod als Ritter sahen? Sie brauchten jemanden, anden sie glauben konnten, und Valuar war der Einzige, der übrig war, um in die Fußstapfen des Weißen Ritters zu treten. Sein Vater hatte ein Fürstentum zu regieren, und Nevliin hatte bewiesen, dass ein Fürst nicht gleichzeitig auch ein Ritter der Königin sein konnte.
    Marinels Stimme begleitete seine Gedanken. Sie sprach von einer weiteren Begegnung mit dem großartigen Nevliin, doch Valuar hörte ihr nicht mehr zu. Er zweifelte an seiner Beobachtungsgabe. Bisher hatte er stets geglaubt, andere gut einschätzen zu können, und er hatte Marinel nie für eine dieser dummen, verliebten Nevliin-Verehrerinnen gehalten. Sie war doch eine so kühne Kämpferin, mit einem Durchhaltevermögen, das seinesgleichen suchte. Wie konnte sie also plötzlich so von einem verstorbenen Mann schwärmen, als sei er ihr Geliebter? Sie sprach von Romantik und wusste doch nichts darüber! Mit ihm, Valuar, könnte sie romantische Stunden verleben, jetzt, in dieser Situation. Er könnte sie küssen, könnte sie an sich ziehen und sie vergessen lassen, dass es je einen anderen Valdoreener Ritter gegeben hatte als ihn. Doch er verharrte reglos und ließ das Summen ihrer Stimme über sich ergehen – bis er es nicht mehr länger ertragen konnte.
    »Wusstest du, dass es in meiner Familie auch sehr erfolgreiche Musiker gab?«, fragte er mitten in eine Schilderung von Nevliins und Prinzessin Vanoras Rückkehr aus Tantollon.
    Marinel verstummte. Er konnte ihren Blick auf sich spüren und wartete angespannt auf eine Antwort. »Musik?«, fragte sie schließlich mit unverhohlenem Spott. »Valuar, ich bitte dich! Wen kümmert die Musik, wenn er nach dem Lied der Klinge tanzen kann? Oh, wie sehr ich dich darum beneide, Nevliins Schwert führen zu dürfen. Hast du jemals eine wunderbarere Arbeit …«
    Valuar schloss die Augen und wünschte, er könne auch seineOhren verschließen. Etwas in ihm gefror zu Eis, seine Brust zog sich zusammen und wurde kälter und kälter.
    Sein Schwert. Deshalb also hatte sie es für ihn aufbewahren wollen. Natürlich! Wie dumm er doch gewesen war. Aus diesem Grunde hatte sie ihn ständig angestarrt und jeden seiner Kämpfe beobachtet. Deshalb war sie bei ihren Gesprächen genauso befangen gewesen wie er! Und hatte sich so gefreut, mit ihm gemeinsam diese Prüfung anzutreten. Es ging gar nicht um ihn, es war nie um ihn gegangen. Was war er doch für ein Narr gewesen. Sie sah in ihm einen Elfen mit dem weißgoldenen Haar Nevliins, den scharf geschnittenen Gesichtszügen Nevliins, der eleganten Klinge Nevliins, der tänzerischen Wendigkeit Nevliins. Sie sah nicht, dass er sich lieber der Musik hingab als dem Tanz mit dem Schwert. Wie sehr er sich doch wünschte, dass er mehr von seiner Mutter und nicht jene charakteristischen Merkmale der Fürstenfamilie geerbt hätte. Wie viel leichter wäre sein Leben mit dunklem Haar und weicheren Gesichtszügen, die seine Liebe zur Poesie anstatt zum Schwert zum Ausdruck bringen würden. Wie gerne würde er ihre Augen mit seinem Flötenspiel zum Strahlen bringen anstatt beim Einschlagen auf Kameraden. Und wie gerne würde er die Zeit zurückdrehen, um in ihr wieder jene Marinel zu sehen, die er hundert Jahre lang aus der Ferne beobachtet und zu kennen geglaubt hatte.

    *
    Sie brachen noch vor Sonnenaufgang auf. Mit dem ersten blassgelben Licht am Horizont packte Valuar die Decken und machte sich an den weiteren Abstieg. An Marinel richtete er kein einziges Wort, doch ihr schien seine Schweigsamkeit nicht weiter aufzufallen, schließlich hatte Valuar in den letztenTagen nie besonders viel gesprochen. Ein Fehler, wie sich nun herausstellte. Hätte er schon früher ein Gespräch mit ihr gesucht, anstatt sich fruchtlosen Träumereien hinzugeben, wäre ihm schon vor langer Zeit aufgefallen, dass Marinel lediglich eines dieser verliebten Dummchen war, wie sie seit Jahrzehnten um ihn herumscharwenzelten. Erstaunlich, dass sie ihn nicht gefragt hatte,

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