Elfensturm (Mithgar 04)
gewisser Weise eine Möglichkeit, Furcht und Wut und andere starke Gefühle auszuleben und sie damit unschädlich zu machen. Sonst würden sie sich beständig verstärken, zum Schaden der betroffenen Person. Einen Traum vollständig zu entfernen, würde meiner Ansicht nach großen Schaden anrichten. Vielmehr muss der Traumheiler einen Weg finden, Harmonie in Geist und Seele einer Person einkehren zu lassen, ohne den Traum gänzlich zu verjagen.«
»Aylis, wollt Ihr damit sagen, dass Albträume und andere Angstträume gut für den Geist und die Seele sind?«
Aylis schüttelte den Kopf. »Nein, Jinnarin. Ich sage nur, dass ich einfach nicht genug über ihre Bedeutung weiß. Daher dürfen wir nicht so weit gehen, den Traum auszulöschen.«
»Aber ich dachte, Ontah hätte Träume im Geist jener umgeformt, denen er geholfen hat.«
Aylis nickte. »Das hat er auch. Aber Ontah hat diese Träume in etwas anderes, Sicheres verwandelt und nicht beseitigt. Wie er das gemacht hat, weiß ich nicht… und solange wir es nicht wissen, stellt das Herumpfuschen im Traum einer anderen Person ein Risiko dar, das wir unbedingt vermeiden sollten.«
Jinnarin dachte einen Augenblick über das Gesagte nach und meinte dann: »Unter dem Strich steht ganz einfach, Aylis, dass Ontah wusste, was er tat, und wir nicht.«
Aylis lächelte. »Ja, meine liebe Pysk… obwohl wir in der Kunst des Traumwandeins nicht völlig ahnungslos sind, wissen wir doch nichts über die Kunst des Traumheilens oder der Umwandlung eines bösen Traums in einen guten.«
»Ich will auf gar keinen Fall an Farrix’ Sendung herumpfuschen, das ist sicher.« In ihrem Gesicht zeigte sich deutlich die Sorge, den Traum zu verändern, welcher ihr von ihrem Gefährten in vielen Nächten und immer wieder gesandt worden war.
»Oh, ich habe auch nicht vor, diesen Traum umzuformen. Ich glaube aber, dass wir mehr über das Wesen dieses Traumes herausfinden müssen.«
Jinnarin schauderte. »Wahrscheinlich finden wir etwas Furchtbares darin… das Ontah getötet hat.«
»Ja, Jinnarin, aber vergesst nicht, dass mein Traum eine Sendung ist. Aber Ihr habt Recht – eine große Gefahr ist darin verborgen –, und dieser Gefahr würde ich gern ausweichen.«
»Und wie wollt Ihr das anstellen? Habt Ihr einen Plan?«
Aylis breitete die Hände aus. »Nicht gerade einen Plan. Aber zumindest eine Strategie. Ich glaube, dass man sich in einem natürlichen Schlaf befinden muss, um in eine Sendung geführt zu werden. Und eine Sendung ist der Traum eines anderen. Wenn Ihr also zu träumen begonnen habt, und ich zu Euch komme und Euch darauf aufmerksam machte, seid Ihr vielleicht in der Lage, Euch aus der Sendung zu lösen, als würdet Ihr traumwandeln. Sollte also etwas schief gehen, können wir beide über eine Brücke fliehen – aus der Sendung und nach Hause.«
»Aylis, glaubt Ihr denn, dass diese Strategie von Euch funktioniert? Bin ich schon so weit? Weiß ich genug?«
»Was die Strategie betrifft, so kann ich nur hoffen, dass sie aufgehen wird, Jinnarin. Was Eure Bereitschaft angeht, brauchen wir nur noch in einer Hand voll von Jatus Träumen zu wandeln, damit Ihr Erfahrung mit den Brücken sammelt und erkennen lernt, wann es Zeit wird zu gehen. Dann will ich in einigen von Euren Träumen wandeln, um zu üben, Euch Euren eigenen Traum gewahr werden zu lassen. Und dann und nur dann werden wir in Farrix’ Sendung wandeln.« Aylis spitzte die Lippen. »Mir fällt sonst nichts ein, wie wir uns auf die Reise vorbereiten können. Habt Ihr noch einen Vorschlag?«
Jinnarin saß mit untergeschlagenen Beinen da und dachte angestrengt nach. Schließlich sagte sie: »Ich werde meinen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen mitnehmen.«
Aylis sperrte Mund und Nase auf. »A-aber Jinnarin, das ist ein… Wie wollt Ihr…?«
»Ganz leicht«, warf Jinnarin ein. »Da wir unsere Träume formen können, wenn wir uns ihrer bewusst sind, werde ich einfach meinen Bogen und meinen Köcher herbeirufen.«
Aylis lachte erfreut und klatschte in die Hände.
Der Boden bestand aus ungetrübtem Glas und gab den Blick auf eine Schlägerei frei, die in dem Schankraum darunter tobte. Jatu wälzte sich im Bett herum und sagte zu der schönen, nackten Frau, die neben ihm lag: »Tut mir Leid, mein Schatz, aber ich…«
… und plötzlich warf er einen arbalinischen Hafenarbeiter aus dem Roten Pantoffel Bokar stand neben ihm, unbekleidet, aber am ganzen Körper behaart, und seine Arme waren unnatürlich lang,
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