Elfenzauber (Mithgar 1)
Wangenknochen fielen. Wie ein Krieger stand sie da, ausbalanciert und sicher, und sie war zum Schlag bereit. Wie eine dieser jordischen Kriegermaiden… nur dass sie mit ihren Schlitzaugen und der gelben Haut und allem sicher keine Jordierin ist.
Bewaffnet und gerüstet sah sie Tryg aus ihren schräg stehenden Augen dunkel und gleichmütig an. »Kanshu, meine Gebieterin möchte mit diesem Mann reden«, sagte sie ruhig und mit einem sonderbaren Akzent, während sie mit einem Kopfnicken auf Alos deutete. Der alte Mann grinste sie an und zeigte dabei ebenso viele Zahnlücken wie verbliebene gelblich braune Zähne.
Tryg warf einen Blick auf die Dylvana in der Ecke und wandte sich dann wieder an die Kriegerin. »Gute Frau, er ist doch nur ein bettelnder Trunkenbold, der nichts Gutes mit sich bringt.«
Die Schwerter bewegten sich ein wenig und funkelten dabei bedrohlich.
Endlich ließ Tryg von Alos ab. »Aber das geht auf Eure Kappe«, murmelte er leise, während er vor der Frau zurückwich. »Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.«
Betont würdevoll richtete Alos sich kerzengerade auf, packte die Aufschläge seines nassen Mantels, zog das Kleidungsstück gerade und reckte dabei seinen schmutzverkrusteten, mageren Hals. Dann richtete er sein weißes Auge auf seine Retterin, schüttelte den Kopf und grinste. »Zuerst genehmigen wir uns was zu trinken, aye?«
Die Frau mit den Schwertern beäugte ihn einen Moment ungerührt. Dann änderte sie mit einer raschen Drehung ihrer Hände den Griff um den Knauf ihrer Waffen und schob sie mit einer flüssiger Bewegung in die Scheiden zurück, machte auf dem Absatz kehrt und ging zu den Schatten, wo die Dylvana wartete. Der alte Mann leckte sich erwartungsvoll die Lippen, als er ihr tropfend folgte.
2. Kapitel
Noch bevor Tryg den Tisch wieder verlassen konnte, hatte der durchnässte alte Mann sein Ale heruntergestürzt und fuhr mit einem schmierige Finger den Rand des Bechers entlang, um den verbliebenen Schaum aufzuwischen und dann seinen Finger sauber zu lecken. Er sah zuerst Tryg und dann die beiden Damen erwartungsvoll an und grinste, während sein Kopf eifrig hin und her schwankte.
Die schwarzhaarige Kriegerin betrachtete ihn lediglich gleichmütig. Die Dylvana seufzte und schaute in das blinde Auge des alten Mannes, als wäge sie ihre Möglichkeiten ab.
Tryg wandte sich mit fragend hochgezogener Augenbraue an die Dylvana. Sie war ebenfalls wie ein Mann gekleidet und trug ein langärmliges, hellgrünes Seidenwams und eine ockerfarbene Hose, dazu braune Stiefel. Ihre kastanienfarbenen Haare wurden von einem grünen Seidenband gebändigt. Er schätzte, dass sie sieben oder acht Fingerbreit kleiner war als die safranhäutige Frau – also vielleicht nicht größer als vier Fuß sechs oder sieben –, obwohl das schwer zu sagen war, solange sie saß. Soweit er sehen konnte, war sie im Gegensatz zu ihrer Begleiterin unbewaffnet. Er räusperte sich. »Edle Dame?«
Sie musterte ihn mit ihren braunen Mandelaugen und nickte. Tryg nahm den leeren Krug und ging zum Tresen. Die ganze Aufmerksamkeit des alten Mannes gehörte jetzt seinem Rücken.
»Der Tavernenwirt scheint zur anständigen Sorte zu gehören, Aiko«, sagte die Dylvana. »Ich glaube, er hätte unseren Gast auch losgelassen, wenn Ihr ihm Eure Schwerter nicht gezeigt hättet.«
Aikos wachsame Augen folgten Tryg ebenfalls. »Ein Schwert in der Hand sagt mehr als viele Worte, Dara.«
Die Dylvana lächelte, dann wandte sie sich an Alos, aber der Alte war völlig in die Beobachtung Trygs versunken, der seinen Becher nachfüllte. Die Dylvana seufzte erneut, sagte jedoch nichts, sondern musterte vielmehr das Gesicht des alten Mannes, wobei ihr Blick immer wieder zu seinem blinden Auge zurückkehrte.
Nach kurzer Zeit kam der Tavernenwirt wieder zum Tisch zurück, und Alos streckte beide leberfleckigen Hände aus, um den Becher begierig entgegenzunehmen. Wiederum leerte er ihn rasch und wischte den Restschaum auf, um ihn abzulecken. Er sah die Dylvana erwartungsvoll an und lächelte wieder, aber seine Miene verdüsterte sich rasch, als sie den Kopf schüttelte, Tryg mit einer Handbewegung entließ und sagte: »Zuerst reden wir, dann trinken wir vielleicht noch mehr Ale.«
»Aber mein Täubchen, ich könnte viel besser reden, wenn…«
Aikos Hand zuckte flink wie eine Viper über den Tisch und schloss sich um das noch immer feuchte Handgelenk des Alten. »Kojiki, du wirst sie mit ›edle Dame‹ oder ›Dara‹
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