Elke und ihr Garten
dir nicht denken, was es für eine Arbeit macht, ein einziges Beet
erstens an den Rändern richtig gerade und dann auf der Oberfläche richtig glatt
zu kriegen! Bei mir ist erst mal immer alles noch Berg und Tal. Die Käfer
werden denken, daß sie auf meinen Beeten richtige Gebirgswanderungen machen
müssen, übrigens, was die Käfer anlangt und das verschiedene Ungeziefer: Wir
haben neulich mal von unserer Samenhandlung ein Heft zugeschickt bekommen, in
dem drin steht, was es alles für schädliche Insekten gibt, — du lieber Himmel!
da kann man wirklich verzagen. Ich glaube, wenn es keine Vögel gäbe, dann
würden erst alle Pflanzen und danach auch alle Menschen von Insekten
aufgefressen werden!“
Katje nickte. Ja, das hatte sie auch
einmal gelesen, daß ohne Vögel die ganze Welt rettungslos der Vernichtung durch
Insekten ausgeliefert sei.
Aber Elke kam dann doch ein
tröstlicher Gedanke. „Na ja“, sagte sie, „ganz so schlimm ist es ja vielleicht
auch doch nicht. Erinnerst du noch, wie ich Ali damals gekriegt hatte, und wie
ich mir dann auf einer Bücherkarre für fünf Pfennige ein Buch über
Hundekrankheiten kaufte? Da haben wir beide es für ausgeschlossen gehalten, daß
Ali am Leben bleiben könnte, soviel Krankheiten gab es, die er kriegen konnte!“
„Wie geht es Ali überhaupt?“ fragte
Katje jetzt. „Ich habe ihn heute noch gar nicht gesehen.“
Elke lachte und begann zu erzählen.
Von Alis neuer, herrlicher Freiheit im großen Garten erzählte sie, von seiner
Leidenschaft fürs Schwimmen im Silberteich, von seiner Freundschaft mit Etzel,
dem Dackel der Nachbarn, ja, und leider auch noch von seinem unbezähmbaren
Drang, überall große Löcher in die Erde zu buddeln, ganz gleich, ob diese Erde
ein Rosenbeet war oder ein sorgsam gehütetes Spargelbeet oder ein frisch
angelegter Steingarten. Gärtner Westphal war neulich schon mit einem Stock
hinter ihm her gewesen, und seitdem betätigte er sich hauptsächlich in ihrem —
Elkes — Stück Land. Einesteils war das erfreulich, gewiß, denn dann kriegte er
wenigstens keine Prügel, aber schön war es natürlich nicht, wenn er in seinem
Haß gegen alles, was Feldmaus hieß, jede Rücksicht vergaß.
Als Elke ein paar Tage später aus der
Schule nach Hause kam — sie fuhr morgens immer mit ihrem Vater und Ulf mit dem
Auto in die Stadt hinein, und mittags kam sie mit der Eisenbahn wieder nach
Hause zurück —, machte sie eine trübe Entdeckung in ihrem Garten, aber diesmal
war nicht Ali der Schuldige, sondern sie selber.
Sie hatte am Abend vorher ihren
Grasplatz vor dem ,Tirolerhäuschen’ mit dem
Gartenschlauch besprengt, damit das Gras besser wachsen sollte, und hatte dann
vergessen, den Schlauch vom Hahn wieder abzuschrauben, und außerdem hatte sie
den Hahn selbst nicht wieder fest zugedreht. Die Folge war eine richtige kleine
Überschwemmung, und zwei von den Blumenbeeten, auf die sie große Hoffnungen
gesetzt hatte, waren wie weggewischt vom Erdboden.
Im ersten Augenblick ihres Ärgers rief
sie den Gärtner herbei und meinte, die Schuld auf ihn schieben zu können. Sie
sprach das nicht deutlich aus, aber Westphal wußte doch, was sie dachte und
sagte deshalb: „Der Garten ist groß, Fräulein Elke, und wenn ich an dem einen
Ende bin, kann ich nicht gleichzeitig an dem anderen sein. Sie haben neulich
auch zu mir gesagt, daß ich mich in Ihrem Stück Garten um nichts kümmern soll,
außer wenn Sie es mir sagen, und daß Sie allein die Verantwortung haben wollen.
Wo jetzt nun mal was schiefgegangen ist— —“
„Ich hab’ Ihnen doch gar keine Schuld
gegeben!“ verteidigte Elke sich.
„Nee, das haben Sie ja nicht gerade —
—“, sagte Westphal.
Elke bekam noch nachträglich einen
roten Kopf, denn sie mußte dem Gärtner innerlich recht geben. Sie hatte sich um die Verantwortung drücken wollen!
Heute war überhaupt ein rechter
Unglückstag. Als sie abends mit ihrem Vater durch den Garten ging und ihm
zeigen wollte, daß auf ihrem Erbsenbeet die ersten grünen Blättchen erschienen
waren, da war alles abgefressen, und nur noch die kleinen, kahlen Stengelchen
der jungen Erbsenpflanzen standen da. Waren Spatzen die Sünder gewesen? Wer
wußte das! Tatsache war nur, daß der Samen und all die viele Arbeit, die das
Bereiten des Beetes mit sich gebracht hatte, verloren waren.
„Was sind das bloß immer alles für
Enttäuschungen!“ meinte Elke niedergeschlagen. „Wenn ich bloß kein Bauer oder
so was sein sollte!“
Der Vater
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