Ella auf Klassenfahrt
Lehrer das Fenster einen Spaltbreit öffnete und eine neue Schaufel Sand auf den Haufen kippte.
Der Sandhaufen war schon so hoch, dass wir nach dem Frühstück Schnee darauf schaufeln und eine Rodelbahn bauen konnten. Als wir sie fertig hatten, brauchten wir nur noch Schlitten.
»Schlitten stehen immer hinterm Haus«, sagte Timo, der alles weiß.
Leider war es dann nur einer. Aber wenn man mal dran war, schaffte man es damit bis hinter den Schuppen – den, in dem das alte Moped des Lehrers stand und an dessen Tür der Weihnachtsmann ein großes Vorhängeschloss gehängt hatte.
Den Weihnachtsmann hatten wir an dem Morgen noch gar nicht gesehen, aber jetzt kam er gestiefelt.
»Hört mal«, sagte er, »aus meinem Motorschlitten ist über Nacht das Benzin verschwunden. Ihr habt nicht zufällig was gesehen?«
Wir hatten natürlich nichts gesehen. Wir wussten aber, wer als Verdächtiger in Frage kam.
Dann sah der Weihnachtsmann unsere Rodelbahn. »Na, da seid ihr aber schon fleißig gewesen«, sagte er. »Und das habt ihr alles selbst hierher geschaufelt?«
Wir sagten nichts, weil man nicht lügen soll. Und den Lehrer wollten wir auch nicht verraten. Von dem Tunnel hing schließlich unser zukünftiges Leben ab.
»Du liebe Güte, ihr habt ja nur einen einzigen Schlitten!«, sagte der Weihnachtsmann, als wir nichts sagten. Dann rannte er hinter den Schuppen. Wir fanden, dass er ganz schön flink war für seine tausend Jahre. Dass der Weihnachtsmann tausend Jahre alt war, hatte Hanna irgendwo gelesen.
Als der Weihnachtsmann zurückkam, rollte er einen großen Reifen vor sich her, von einem Lieferauto vielleicht oder einem kleinen LKW. Dann ging er zurück zum Schuppen und holte einen zweiten. Und dann noch einen dritten und vierten. Erst als der Weihnachtsmann einen der Reifen auf die Rodelbahn hob und Hanna und Tiina draufsetzte, kapierten wir: Die Reifen sollten Schlitten sein. Die Rodelreifen schlitterten super und kreiselten dabei wie wild um sich selbst. Wir rutschten bis auf den See und hatten so einen Spaß, dass wir schon überlegten, ob wir dem Weihnachtsmann was von dem Tunnel des Lehrers erzählen sollten. Ein paar von uns wollten nämlich lieber bleiben, jeden Tag Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade essen und reifenrodeln. Wir berieten gerade, was wir machen sollten, als der Weihnachtsmann verkündete, dass er jetzt auch mal die Rodelbahn runterfahren wolle. Er setzte sich auf einen Reifen, und wir warteten gespannt, was passieren würde.
»Aufgepasst, jetzt seht ihr wie ein Champion rodelt!«, rief der Weihnachtsmann. »Wusstet ihr übrigens, dass ich 1952 Olympiasieger im Reifenrodeln war? Ich bin so weit gerodelt, dass der Wettkampf unterbrochen werden musste. Von Helsinki bin ich übers zugefrorene Meer bis rüber nach Estland geschlittert. Das war vielleicht eine lange Fahrt, kann ich euch sagen! Ich bin erst 1960 wieder zurückgekommen, weil mich die begeisterten Esten gar nicht mehr fortlassen wollten.«
»Aber die Olympischen Spiele von 1952 waren doch Sommerspiele 5 «, sagte Hanna.
»Stimmt genau. Das macht das Ganze umso merkwürdiger, findet ihr nicht?«, sagte der Weihnachtsmann. Dann rodelte er los.
Man muss sagen, er hatte nicht übertrieben: Er war wirklich ein Rodelchampion. Und er hatte Mut. Keiner von uns hatte sich getraut, genau von vorn gegen die Schuppenwand zu brettern, aber der Weihnachtsmann traute sich. Der Reifen prallte von der Wand zurück, stellte sich auf, und statt zu schlittern rollte er jetzt. Er rollte erst ein Stück aufs Haus zu und von da hinaus auf die Straße.
Wir kannten den Weg natürlich, denn wir waren ihn schon hinter dem Moped her gefahren. Wir wussten auch, dass er bald steil bergab gehen würde, aber wir machten uns keine Sorgen. Für einen Rodelchampion war das bestimmt kein Problem. Und wie geschickt der Weihnachtsmann war, konnte man schon daran erkennen, dass er die ganze Zeit in dem rollenden Reifen stecken blieb und nicht herausfiel. Von weitem sah es so aus, als steckte er in einer Waschmaschine im Schleudergang. Und die ganze Zeit juchzte der Weihnachtsmann, als hätte er dabei einen Riesenspaß. Wir hörten ihn sogar noch, als das tiefe Brummen eines Busses näher kam.
Als Nächstes sahen wir dann den Bus und staunten, wie gut der Weihnachtsmann im Ausweichen war. Er war mindestens genauso gut im Ausweichen wie der Lehrer. Dann sahen wir nur noch den Bus, und der Weihnachtsmann verschwand hinter der Kurve, in der bei unserem Mopedausflug das
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