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Elternunterhalt - Wenn Kinder zahlen sollen

Elternunterhalt - Wenn Kinder zahlen sollen

Titel: Elternunterhalt - Wenn Kinder zahlen sollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Baczko
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zahlen kann, die Übernahme der Zahlungen an das Heim verweigern und die Kinder der Betroffenen „nötigen“, die ungedeckten Heimkosten zu zahlen. Diese Vorgehensweise ist rechtswidrig. Nur wenn Angehörige oder Dritte tatsächlich freiwillig bereit und in der Lage sind, dem Hilfesuchenden Leistungen zukommen zu lassen, darf vom Sozialhilfeträger auf die Selbsthilfe verwiesen werden. Weiter ist erforderlich, dass die benötigten Mittel auch im Zeitpunkt des bestehenden und aktuell noch nicht befriedigten Bedarfs tatsächlich zur Verfügung stehen (Grundsatz der Zeitidentität; BVerwGE, 21 S. 208, 212; 67 S. 163, 166; Kommentar von Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 2 Rn. 10; Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil 2, Stand: 2005, Rn. 15 f.). Somit kann die Zahlung der Sozialhilfe an den Elternteil nur dann verweigert werden, wenn tatsächlich von den Kindern die ungedeckten Heimkosten ganz oder teilweise übernommen werden. Wenn Mitarbeiter der Sozialhilfebehörden „Druck“ ausüben, soll vermutlich damit erreicht werden, dass aufgrund der „tatsächlichen Zahlung anderer“ Sozialhilfebedürftigkeit nicht vorliegt.
    Für die Ablehnung von Sozialhilfeansprüchen reicht es nicht aus, wenn zwar ein Anspruch des „bedürftigen“ Elternteils auf eine vorrangige Leistung gegen einen Dritten (Unterhaltsanspruch oder Anspruch auf Widerruf der Schenkung wegen Verarmung, Abgeltung von Wohnrechten, Wart und Pflege) gegeben ist. Dieser Anspruch muss tatsächlich realisierbar sein bzw. es muss eine tatsächliche Zahlung erfolgen. Ist dies nicht der Fall, muss der Sozialhilfeträger in Vorleistung gehen und ggf. vor dem Familiengericht (bei Unterhaltsansprüchen) oder dem Zivilgericht (bei sonstigen Ansprüchen) die Leistung gegen die Kinder oder sonstige Personen einklagen.
    Beantragen Kinder bei der Sozialhilfebehörde, die Übernahme der ungedeckten Heimkosten für ihre Eltern und wird diese verweigert, ist es möglich, im Namen des betroffenen Elternteils (soweit sie Vollmacht haben oder Betreuer sind) beimSozialgericht per einstweiliger Anordnung zu beantragen, dass die Sozialhilfe die ungedeckten Heimkosten vorläufig übernimmt.
    Welche Unterhaltsansprüche darf der Sozialhilfeträger geltend machen?
    Familienrechtlich (§ 1601 BGB) sind Verwandte in gerader Linie gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet (also auch Enkel gegenüber Großeltern und umgekehrt). Dagegen ist im Sozialhilferecht (§ 94 SGB XII) geregelt, dass der Sozialhilfeträger nur Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades, also von Eltern gegenüber Kindern und umgekehrt geltend machen darf. Unterhaltsansprüche dürfen vom Sozialhilfeträger nicht geltend gemacht werden, wenn der betroffene Elternteil Grundsicherung bei dauernder voller Erwerbsminderung oder im Alter erhält. Weitere Voraussetzung ist, dass das zu versteuernde Jahreseinkommen des unterhaltpflichtigen Kindes weniger als 100.000 Euro beträgt. Ist also Ihr Vater oder Ihre Mutter im Pflegeheim und erhält er oder sie Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder im Alter, so kann dieser Betrag in der Regel nicht von Ihnen gefordert werden.
    Leistungen des Staates und Unterhaltspflicht
    Die Tabelle zeigt, in welchen Situationen Ihre Eltern Leistungen vom Staat erhalten können und der Staat einen Unterhaltsanspruch Ihnen gegenüber geltend machen kann. Bei den dargestellten, möglichen Leistungen ist immer Voraussetzung, dass das eigene Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Rente etc. unter dem sozialhilferechtlichen Bedarf bzw. unter dem Bedarf des ALG II liegt. Dass Ihre Eltern pflegebedürftig werden und das eigene Einkommen und Vermögen sowie die Leistungen der Pflegeversicherung nicht zur Deckung der Kosten ausreichen, ist dabei nur eine Situation von vielen, in die allerdings immer mehr Menschen geraten.
    Eltern/Elternteil
Mögliche Leistungen
Kann der Staat Unterhaltsanspruch gegenüber den Kindern geltend machen?
18. bis 65. Lj. (bzw. 67 Lj.), erwerbsfähig oder teilweise erwerbsfähig
Alg II
Nein, wenn Eltern den Unterhalt nicht geltend machen oder mit Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft wohnen
Sozialhilfe
Ja
18. bis 65. Lj. (bzw. 67 Lj.), dauernd voll erwerbsgemindert (z. B. pflegebedürftig)
Grundsicherung bei Erwerbsminderung
Nur wenn der Unterhaltspflichtige über ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 100.000 Euro verfügt
Sozialhilfe
Ja
18. bis 65. Lj. (bzw. 67 Lj.), nicht arbeitsfähig und vorübergehend voll erwerbsgemindert

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