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Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Titel: Elwin - Rosenwasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Föhr
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Thorwald öffnete seinen Umhang. In der Nähe der Burg musste er nicht fürchten, erkannt zu werden. Wie jeder Mann der Prinzengarde hatte auch er eine schmale Narbe am Hals. Kaum hatte er dem Prinzen ewige Treue geschworen, war Rago unvermittelt hinter ihn getreten und hatte ihm den Kopf nach hinten gezogen. Ehe Thorwald begriff, was mit ihm geschah, hatte Rago ihm mit seinem Messer einen schmalen Schnitt in den Hals beigebracht. Es sollte eine unauslöschliche Warnung sein vor dem, was geschah, falls er oder ein anderer der Garde den Prinzen verraten oder ihm untreu würde.
    »Sie haben unsere Spur verloren«, flüstere Jerri. »Rago wird sehr zufrieden sein.«
    »Ich kann es kaum erwarten, bis Mittsommer ist«, brummte Thorwald, grinste frech und stieg den Wall zur Burg hinauf.
    Ein tiefer breiter Graben, den eine schmale Brücke aus Stein überspannte, schützte einst den Burgherrn vor Angreifern. Das alte Tor war verfallen, jedoch hatten die jetzigen Bewohner ein neues gebaut, es mit schwarzer Farbe gestrichen und mit einem Schloss versehen. Wer auch immer zufällig vorbeikam, konnte den Burghof nicht einsehen.
    Die Männer betraten die Brücke, lehnten sich zu beiden Seiten über die Mauern und blickten in den Burggraben. In der Tiefe lagen Steine mit scharfen Bruchkanten. Moose hatten sie mit dichtem Grün überzogen und täuschten harmlose Felsen vor. Jeder der verschworenen Männer wusste jedoch um die vielen rostigen Eisenspitzen, die in den Steinen steckten. Immer noch messerscharf, lauerte dort unten eine heimtückische Gefahr. Ein Sturz von der Brücke war tödlich.
    Jerri schloss die Tür auf, ging mit Thorwald hindurch und verriegelte sie sorgfältig. Der äußeren Schutzmauer folgte ein kurzer Gang, der in einen quadratischen Innenhof führte. Die überdachten Wehrgänge und zwei der vier Türme waren beinahe vollständig erhalten. Die anderen Gebäude waren nach und nach eingestürzt.
    Die Männer eilten sofort nach links zu einem der Türme, dessen Zugang noch erhalten war. Direkt hinter der Tür stand ein großes offenes Fass, aus dem Jerri und Thorwald sich jeder einen Eimer Wasser holten, um sich Gesicht und Hände zu waschen. Danach liefen sie quer über den Innenhof zum Wehrgang. Unter diesem stand geschützt ein massiver Tisch aus Stein mit je einer hölzernen Bank davor und dahinter. Der Tisch war leer, ein paar Handvoll Laub waren zur Tarnung darüber gestreut. Thorwald schaute flüchtig auf die Feuerstelle neben dem Steintisch. Die niedrige Glut brannte beinahe rauchlos. Bereits nach wenigen Metern vermischte sich die Hitze unsichtbar mit der Luft. Die Kameraden waren sorgsam, das Feuer stellte keine Gefahr dar.
    Am Ende des Wehrganges befand sich der Eingang zum Turm. Die alte Tür war aus Eichenholz gefertigt, kräftige Eisenbeschläge machten sie uneinnehmbar. Thorwald drückte die Klinke und schob die Tür auf. Knarrend kratzte das Holz über den Boden. Modrig feuchte Luft aus der Ruine schlug den beiden Ankömmlingen entgegen.
    Die Männer traten in einen großen rechteckigen Raum. Durch ein vergittertes Fenster fiel mattes Licht. In einem offenen Kamin lag verkohltes Holz, Wand und Decke darüber hatte der Ruß geschwärzt. Obwohl in den vergangenen Tagen niemand ein Feuer entfacht hatte, hing noch immer der Geruch von kaltem Rauch in der Luft. Aus dem Raum darüber hörten sie Stimmen. Jerri deutete mit dem Kopf zur Decke.
    »Rago hat ohne uns angefangen. Wenn das mal keinen Ärger gibt.«
    Er trat an das vergitterte Fenster, beugte sich vor und blickte auf den Wald und den Weg zur Burg, den sie zuvor genommen hatten.
    »Alles in Ordnung«, murmelte er routiniert. Seit sie die Ruine bezogen hatten, war ihnen noch niemals jemand gefolgt.
    Thorwald hastete zur Treppe, deren steinerne Stufen in das Obergeschoss führten. Grelles Sonnenlicht fiel durch die schmalen Schächte der Schießscharten und zeichnete im Dunst deren längliche Form ab, als steckten weißglühende Schwerter in der Wand. Die Männer achteten nicht darauf, als plötzlich ein pechschwarzer Vogel aufsprang. Beide blieben abrupt stehen. Der Vogel hatte in einem der Schächte gesessen, breitete nun die Flügel aus und schwebte krächzend zum Wald hinüber.
    »Mistvieh«, schimpfte Thorwald, beugte sich vor und blickte dem Raben durch die schmale Öffnung nach. »Man weiß nie, auf welcher Seite sie stehen. Ist er ein Spion oder nur ein normales Tier?« Er wartete, bis sich der Vogel unterhalb der Burg auf einen Ast

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