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Emil

Emil

Titel: Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Burstein
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verschleiertem Blick, der jedoch wie um Verzeihung bittend auf ihn gerichtet war, war ihm klar geworden, dass es nicht an ihr lag. Der Laden quoll von Blumensträußen über. Unvermittelt kamen ihm Geschichten aus der Bibel in den Sinn. All diese unfruchtbaren Frauen. Und die Gebete. Und Gott erhörte sie und sie ward schwanger. Lea kam näher und ergriff seine beiden Hände. Plötzlich verfärbte sich das Kleid, erschien es ihm schwarz. Seit seiner Adoleszenz hatte Joel sich vor Unfruchtbarkeit gefürchtet. Nun, im Alter von siebzig Jahren, konnte er sich der Vorstellung nicht entziehen, seine obsessiven Unfruchtbarkeitsgedanken, die mit knapp fünfzehn begonnen hatten, hätten sich in Geist und Körper angesammelt und wären so letztendlich zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung geworden. Es kam doch alles zusammen. Vom Gedanken in den Kopf und vom Kopf in den Körper, in die Fortpflanzungsorgane also, ins Glied. Jedes Mal, wenn sie miteinander schliefen – Joel blickte auf die Braut, die sich hinuntergebeugt hatte, um einen langen Handschuh aufzuheben –, klappte es aus irgendeinem Grund nicht, und er sagte sich, jetzt bekomme ich meine Strafe, ich habe versagt, es wird sich im Ergebnis weisen. Er glaubte nicht daran, das heißt, er fürchtete sich davor, das heißt, er wusste nach Jahren des Sichverzettelns nicht, was eigentlich los war. Er bemühte sich beharrlich, über seine eigenen Gedanken zu lachen. Hauptsache, nicht ernsthaft darüber nachdenken, sagte sich Joel, und alles wird in Ordnung kommen. Aber es war nicht in Ordnung gekommen. Mutter und Tochter stiegen ins Taxi und quetschten sich auf den Rücksitz. Beide, sah Joel, hatten einen gewaltigen, prallen Busen unter dem T-Shirt, mit großen, hervorstehenden, geradezu aufgeschwollenen Brustwarzen, und die Größe ihres jeweiligen Busens, verzeichnete Joels Ingenieursauge, war zweifelsohne völlig gleich, auch wenn der der Tochter, die sehr dünn war, größer wirkte. Eine optische Täuschung, dachte er. Als ihm die Mutter auf den Rücken klopfte, drehte er sich zu ihr um. Sie drückte ihm zehn Ein-Schekel-Münzen in die Hand, sagte: Reichen Sie das weiter? Zwei Fahrkarten. Und eine Quittung auf zehn. Scheinbar gleichgültig musterte er ihren Körper, ignorierte dabei ihr Gesicht und das große Pflaster, das ebenso wie bei der Tochter quer über den Nasenrücken verlief. Wenigstens ist sie ihre. Zweifellos. Das heißt, die Tochter. Sie war ihre, und sie würden einander immer ähnlicher werden. Die Tochter würde immer reifer und die Mutter immer jünger werden. Die gleiche Nase würden sie haben und die gleichen Brüste, gemeinsam würden sie ins Fitness-Studio gehen und ihre Körper würden einander gleichen. Vielleicht sollten wir auch so was machen. Ich lege mich in ein Sonnenstudio, dann lassen wir uns hier den Goldenen Schnitt machen – Augenlider – Beinkürzung ohne Narkose – ein eingewachsener Nagel, es wird weh tun, und sie werden uns schneiden, Sterilisierung, es brennt, aber es muss sein, jedenfalls werden sie plangemäß schneiden, und wenn wir fertig sind, steigen wir ins Linientaxi und ich zahle mit zwei Fünfermünzen, und dann werden wir endlich richtig Vater und Sohn sein. Ihr werdet schon sehen, sagte er, doch zu wem.
    Weit hinter ihnen auf der Dizengoff-Straße strömte etwas Kälte aus den offenen Ladentüren. Die Straße selbst stank wie eine Müllhalde.
    Mutter und Tochter verschwanden unter den Bäumen der Balfour-Straße, und Joel sagte sich, es sei besser auszusteigen, bevor der Boulevard zu Ende war und das Taxi ins Gelände des Busbahnhofs einfuhr. Dorthin wollte er unter keinen Umständen. Das heißt, dorthin hätte er eigentlich gemusst. Er sagte: Ich steige an der Nachmani-Straße aus, bitte, und der Fahrer tat, als höre er nicht, weil er noch rasch bei Grün über die Ampel wollte, sagte: Was?, und Joel sagte: Nachmani-Straße, bitte, und der Fahrer: Was, hier?, und schlug ganz grundlos noch einige Meter heraus, und nachdem er links in die Bezalel-Jaffe-Straße eingebogen war, hielt er an. Dort hielt er gerne an.
    An jenem Tag war es sehr still in Tel Aviv. Unerklärlicherweise.
    Nachdem Joel sich zum Aussteigen erhoben hatte, wandte er sich plötzlich ohne besonderen Anlass an den Fahrer mit den Worten: Ich möchte Ihnen etwas sagen, mein Herr, und der Fahrer sah auf die grüne Ampel und fragte, sichtlich ungeduldig, mit bucharischem Akzent: Nu was?, und Joel sagte: Ich wollte Ihnen für die Fahrt danken, es war

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