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Emil

Emil

Titel: Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Burstein
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Wort. Der Zettel selbst war verlorengegangen. Ein Glück, dass man den Namen rechtzeitig notiert hatte.
    Er blickte das schlafende Kind an und sagte mit leiser Stimme, in der ein leichter Zweifel schwang: Emil? Und dann noch einmal, als schaffe er damit eine vollendete Tatsache, als sei das Kind hier in diesem Taxi kraft seiner Worte zur Welt gekommen. Der Fahrer fragte sie, die neben ihm saß, mit russischem Akzent: War es eine schwere Geburt? Und sie entgegnete: Aber nein, ich hab kaum etwas gespürt, und auf dem Rücksitz sagte Joel: Ich auch nicht.

Joel – Emil
    Emil spielte Kellner. Er kam mit einem Tablett und einem Glas Wasser daher. Joel trank das kalte Wasser. Bat um noch ein Glas. Das ihm Emil brachte. Und er wusste, dass er ihm immer neue Gläser bringen würde, so viele er nur wollte, und auch dass er, Joel, ihm, Emil, so viele Gläser Wasser, wie er nur bestellte, in demselben Glas, auf diesem Tablett gebracht hätte. Das sagte er Emil, aber Emil war in sein Spiel versunken und fragte, ob der Papa die Rechnung wolle, und Joel dachte einen Moment nach und sagte: Ja. Papa will. Danke, Herr Oberkellner, und Emil riss ein Stück Papier entzwei und überreichte ihm mit einer Verneigung die Rechnung. Dann ging er in die Küche und goss noch ein Glas ein, ging ins Schlafzimmer und stellte es auf das Tischchen neben ihr Bett, ganz sachte, um sie nicht aufzuwecken. Und tatsächlich wachte sie nicht auf.

Die Stadt
    Ein Wüstenball, auf dem der Wind bläst, Sand schlängelt sich über Weiten, in denen einmal irgendetwas war. Schon nimmt die große rote Sonne den halben Himmel ein. Füllt alle Blicke. Doch es gibt keine Blicke. Gäbe es jemanden, sie zu sehen, würde er erblinden. Staub. Deswegen sieht man nichts. So was zu sehen ist auch nicht gut. Man muss nicht alles sehen. Lange schon ist da nichts. Und es wird lange dauern, bis es wieder etwas Neues gibt. Ein Vogel zwischen zwei Bäumen, die an beiden Enden der Welt stehen. Es wird aber etwas sein, dachte er plötzlich, es wird sein, es ist nur eine Frage der Zeit. Nur gut, dass wir nicht da sein werden, um zu warten, dass die Zeit vergeht. Das ganze Warten bleibt uns erspart. Wenn er den anderen Baum erreicht, wird er zwitschern, und wir werden aufwachen. Eines Tages werden wir einfach wieder da sein. Und ich werde wieder sein Vater sein. Eigentlich ist dieses ganze Arrangement nicht so schlecht, dachte er, schloss das Buch, legte es auf die karierte Decke, die über seine Knie gefaltet war, und legte seine Hand aufs Buch. Der Hund schüttelte sich, während er hin und her, um Vater und Sohn herum lief, aus seinem Pelz spritzte etwas Wasser zurück ins Meer und auf die dunklen Brillen. Sie warfen ihm einen alten Tennisball zu, den er apportierte. Das Wasser stieg etwas an, und mühelos zog der Sohn den Rollstuhl seines alten Vaters nach hinten, die Räder gruben Furchen in den feuchten Sand, die sich sogleich verwischten.

Emil
    Ich stehe vor ihm und zwischen uns ist eine Tür. Sie ist nicht verschlossen und lässt sich nach beiden Seiten öffnen. Auf meiner Seite ist das Licht sehr schwach. Wie seltsam, auch seine Seite kann ich sehen. Ich kann sie sehen, obwohl ich hier, auf dieser Seite bin. Das Licht auf seiner Seite ist heller. Vielleicht ist es eine Illusion. Meines ist das gelbe Licht einer Lampe. Seines ist das Licht der Mittagssonne. Wenn ich nur die Türklinke anfasse, wird auch er sie anfassen. Wenn ich die Tür mit den Fingerspitzen anstoße, wird er zur Seite treten, und ich werde hineingehen. Ist es eine Schiebetür? Ich stehe vor der Tür. Mein Name steht auf der Tür, gewiss steht auch sein Name auf der anderen Seite. Und vielleicht steht mein Name sowohl hier als auch dort. Aber was ist mein Name? Er schließt / ich schließe die Tür, von seiner, meiner Seite. Die Tür steht fest vor mir, und ich lese meinen vollständigen Namen auf der geschlossenen Tür. Da ist keine Tür. Sein feuchtes Auge tanzt im Guckloch auf und ab. Vielleicht ist es mein anderes Auge.

Rechnung
1 Glas Wasser: 0 Schekel
1 Glas Wasser: 0 Schekel

Hebräische Originalausgabe:
    Karov, Keter Books, Jerusalem 2009
    Copyright © by Dror Burstein
    Worldwide Translation Copyright © by The Institute for the Translation of Hebrew Literature
    © Porträt S. 6 (Kohle auf Papier): Uzi Katsav
    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte

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