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Emma und der Rebell

Emma und der Rebell

Titel: Emma und der Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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kleines Mädchen mit blondem Haar und großen,
ängstlichen Augen, das ganz allein in einem Zug nach Westen saß.
    »Es wird
ihr nichts passieren«, sagte Chloe beruhigend und nahm die Zügel in eine Hand,
um Emma die andere auf die Schulter zu legen. »Der Herrgott paßt auf die Kinder
auf. Hat er nicht auch dafür gesorgt, daß ich zufällig am Bahnhof war, um eines
meiner Mädchen zu verabschieden, als du ankamst?«
    Emma konnte
weder Chloes Logik folgen noch der des Herrgotts, aber sie schaute ihre
Wohltäterin mit argwöhnischem Interesse an. »Haben Sie noch andere Mädchen
außer mir?«
    Chloe
lächelte und brachte den Buggy vor einem großen Haus zum Halten. Die Worte auf
dem vergoldeten Schild über der Tür konnte Emma nicht lesen, aber sie war ein
Mädchen aus der Stadt und erriet, daß es sich um ein Hotel handeln mußte. »Ja,
ich habe noch andere Mädchen«, antwortete Chloe. »Aber sie sind nicht meine
Töchter, wie du es von jetzt an sein wirst.« Dann brach sie ab. »Du lieber
Himmel, ich weiß ja nicht einmal, wie du heißt!«
    »Emma«,
sagte das kleine Mädchen höflich. »Emma Chal mers.«
    Chloe
reichte ihr eine behandschuhte Hand. »Ich freue mich, dich kennenzulernen, Emma
Chalmers. Ich bin Chloe Reese, falls du es vorhin nicht gehört haben solltest.«
Sie befestigte die Zügel geschickt an der Bremsvorrichtung des Buggys, raffte
mit einer Hand ihre Röcke und ihren Umhang und kletterte vom Wagen. »Komm,
Emma. Du bist viel zu dünn. Es wird Zeit, daß du etwas Gutes zu essen bekommt.«
    Emmas Kehle
war wie zugeschnürt, sie wußte, daß sie nichts herunterbringen würde beim
Gedanken, daß Lily den ganzen Tag nichts anderes zu essen und zu trinken bekam,
als einen verschrumpelten Apfel und ein Glas kalten Tee. »Ich ... ich habe
keinen Hunger«, flüsterte sie, als sie vom Buggy kletterte und auf die Straße
trat.
    Ihre
Retterin berührte Emmas kalte Wange. »Du möchtest deine Schwestern bestimmt
gern wiederfinden?«
    Emma
nickte. »O ja, Madam. Ich habe Caroline versprochen, mich an alles Wichtige zu
erinnern ...«
    »Und dafür
mußt du gesund und kräftig bleiben, nicht wahr?« fuhr Chloe lächelnd fort.
    Emma dachte
über ihre Worte nach, dann schluckte sie und nickte zustimmend. Sie konnte
Lilys Los nicht erleichtern, indem sie selbst hungerte. »Ja, Madam«, sagte sie
leise.
    Chloe
führte sie in das Hotel, und kurz darauf saßen sie an einem Tisch, der mit
einem schneeweißen Tuch gedeckt war. Chloe zog ihre Handschuhe aus, legte sie
beiseite und lächelte Emma an. »So, und jetzt sag mir, was du am liebsten
tust.«
    Ein
köstlicher Duft drang aus der Küche, als eine Frau mit einem Block und einem
Stift in der Hand an ihren Tisch trat. Und da wurde Emma erst bewußt, wie
hungrig sie war.
    »Essen«,
beantwortete sie Chloes Frage eifrig.
    Chloe
lachte. »Und was sonst noch? Zeichnest du? Oder reitest du gern?«
    Emma
schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht viel – außer fegen und singen und auf Lily
aufpassen, damit ihr nichts geschieht.«
    Ein
trauriger Ausdruck huschte über Chloes hübsches Gesicht, aber das Bestellen
lenkte sie für einen Moment ab. Sie forderte die Kellnerin auf, zweimal
Hühnchen zu bringen, Kaffee für sie selbst und ein großes Glas Milch für Emma.
    Als das
Essen kam, konnte Emma es lange Zeit nur stumm anstarren und daran denken, wie
Lilys braune Augen beim Anblick einer solchen Festmahlzeit aufgeleuchtet
hätten. Und Caroline hätte sich bestimmt mit ihnen um die Schenkel gestritten ...
    Emmas Hand
zitterte, als sie die Gabel in die Hand nahm. Ihre Mutter und den Soldaten
vermißte sie nicht, aber was sollte sie ohne ihre Schwestern tun?

1

    Whitneyville, Idaho,
    15. April 1878
    Das
schrille Pfeifen
des Zugs vergrößerte Emmas Verzweiflung noch, als sie bei den letzten Zeilen
von Anna Karenina angekommen war, und mit Tränen in den Augen klappte
sie das Buch zu. Dann trocknete sie hastig ihre Tränen und strich den Rock
ihres braunen Satinkleids glatt.
    Einen
Stapel frischbedruckter Plakate unter dem Arm, ging sie zur Tür. Die
Leihbücherei war leer, aber Emma machte sich nicht die Mühe abzuschließen, denn
niemand, den sie kannte, wäre so tief gesunken, ein Buch zu stehlen.
    Für einen
kurzen Moment sah sie ihre schlanke Silhouette im blitzsauberen Fenster des
Krämerladens, dann beschleunigte sie ihren Schritt, weil sie die Erfahrung
gemacht hatte, daß einige der Zugführer und Postkutschenfahrer ihr aus dem Weg
gingen, wenn sie es konnten.
    Als

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