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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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der Dolch hatte sich nicht gerührt …
    Dafür hatte Kus die Augen offen, und sie flammten gelbes Licht. Er war wach und schrecklich lebendig. Seine Hand umklammerte das Gelenk der Hand, die Nalor auf den Rand des Sarkophags gestützt hatte.
    Narr! Wurm! Dachtest du, ich würde nichts sehen und nichts merken, wenn ich hier in meinem stillen Schlaf liege? Hast du die Macht vergessen, die ich über dich habe, weil du an den Semrog-Riten teilgenommen hast?
    »Mitra – hilf mir …!« krächzte Nalor.
    Mitra gibt es nicht, Menschlein von Fleisch und Blut. Mich aber gibt es – und dich!
    »Oh, ihr Götter …«
    Es gibt überhaupt keine Götter!
    »Nei-ein!« kreischte Nalor. Er zog den Arm zurück und ließ den Dolch fallen. Klappernd landete er in der Dunkelheit auf dem Boden hinter ihm. Aber Kus’ Augen glühten noch, und er gab Nalors Hand nicht frei.
    Sei gewarnt! Wenn ich erwache, komme ich zu dir! Narr! Narr!
    Das Glühen schwand, die Lider schlossen sich, und Kus ließ Nalors Handgelenk los.
    Keuchend warf Nalor sich zurück. Er torkelte durch die Dunkelheit und wäre fast gefallen.
    Als lebte er oder hätte zumindest einen eigenen Willen, glitt der Sarkophagdeckel zurück und verbarg Kus wieder.
    Nach Luft schnappend und ohne die Schreie herauszubringen, die seine Kehle quälten, rannte Nalor zur nächsten Wand und tastete sich an ihr entlang durch den Keller und die Treppe hoch. Immer noch hallte die lautlose Stimme Kus’ in seinem Kopf wider.
     
    Es fiel Areel nicht leicht, ihren Stolz zu überwinden und sich zu entschließen, zu Sonja zu gehen. Sie würde mit ihr sprechen, würde ihr klarmachen, dass sie trotz allem, was geschehen war, im Grund genommen doch auf der gleichen Seite standen: gegen Nalor und gegen Kus. Ja, sie musste es tun. Also hatte sie sich am Vormittag nach einem wohltuenden Bad bereitgemacht. Sie hatte ein rotes Gewand angezogen und sich für viel Geschmeide entschieden: um den Hals, die Taille, an den Armen und Fingern. So aufgeputzt verließ sie ihr Haus.
    Sie nahm sich eine Mietkutsche zu dem ärmlichen Viertel. Als sie durch die Tür von der Gasse trat, wurde es ihr fast übel, nicht vom Magen her, sondern weil ihr Stolz sich auflehnte. Eine ganze Welle von Erinnerungen schlug ihr entgegen, dasselbe Gefühl bemächtigte sich ihrer, das sie empfunden hatte, als sie zum ersten Mal hierhergekommen war, um Osumu zu besuchen. Sie verdrängte es und schritt den Gang entlang zu der Stube, in der ihrem Gefühl nach Sonja hauste – ganz stark fühlte sie es!
    Einen Augenblick blieb sie vor der Tür stehen. Ein roter Drache war darauf gemalt. Wie passend, dachte Areel. Das gesuchte Amulett stellte etwas wie einen Drachen dar. In der Stube unterhielten sich drei Personen – eine zweifellos Sonja. Sie klopfte an die Tür.
    Sie wurde sofort aufgerissen. Die Rote Sonja, die hyrkanische Kriegerin, hatte sie geöffnet. Sie trug ihr Kettenhemd, das flammengleiche Haar wallte über ihre Schultern und den Rücken, und ihre Augen funkelten voll innerem Feuer. Das Schwert an ihrer linken Hüfte und die Glieder ihres Kettenhemds schimmerten schwach.
    Ihre Augen begegneten sich und blieben aneinander haften.
    Falls Sonja überrascht war, verbarg sie es gut, sie runzelte lediglich die Stirn und sagte in eisigem Ton: »Dass mich die Höllen verschlingen, da ist doch eine Dämonin in Areels Gestalt!«
    Hinter ihr standen Lera und ein Gassenjunge von dem Bett auf, an dessen Kante sie gesessen hatten, und starrten die Besucherin an. Areel sah sie gut.
    »Keine Dämonin, Hyrkanierin«, entgegnete sie in nicht weniger kaltem Ton. »Ich bin es selbst.«
    »Und was führt dich hierher?« erkundigte sich Sonja, jegliche Höflichkeit außer acht lassend.
    »Darf ich eintreten?«
    »Soll ich etwa Dämonen willkommen heißen?«
    »Ich bin keine Dämonin. Sieh her! Ich trage eiserne Amulette zur Dämonenabwehr, und mein Betreten deiner Stube wird sie für die Kreaturen der Finsternis nicht anziehender machen.«
    Sonja überlegte kurz mit zusammengezogenen Brauen, dann – sie erinnerte sich, dass bereits eine Kreatur der Finsternis in ihre Kammer eingedrungen war – trat sie zur Seite und nickte. Areel überquerte die Schwelle, und Sonja schloss die Tür hinter ihr.
    Lera, die beim Anblick ihrer Herrin am ganzen Leib zitterte, wich zurück, dass sie fast auf das Bett fiel. Chost legte einen Arm um ihre Schultern und beruhigte sie.
    Areel warf nur einen flüchtigen Blick auf die beiden, dann drehte sie sich zu

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