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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Platz, aßen den Rest ihres Brotes und unterhielten sich gedämpft. Sonja setzte sich zu ihnen.
    »Sie haben Stiva abgeholt. Es tut mir so leid, Chost.«
    Der Junge schwieg, und sein Gesicht verriet keine Regung.
    »Ich weiß, wer es getan hat«, fuhr die Hyrkanierin fort. »Die Stadtwache weiß es nicht und könnte auch nichts gegen den Mörder tun. Ich jedoch sehr wohl.«
    »Wer war es?« Chosts Stimme klang angespannt, leise.
    »Wenn ich es dir sagte, würdest du deine ganze Bande zusammentrommeln und dir einbilden, ihr würdet es allein schaffen. Aber wenn ihr es versuchtet, wäre es euer aller Tod.«
    »Ganz sicher nicht.«
    »Vergiss es, Chost. Ich bin allerhand gewöhnt, aber das vergangene Nacht war selbst für mich fast zuviel. Wir leben nur noch, weil ich glücklicherweise die richtige Waffe hatte. Ich sehe jetzt auch schon weit klarer. Lera, geht es dir gut?«
    Das Mädchen nickte und zeigte mehr Zuversicht als sie empfand. »Es war Kus, nicht wahr, Sonja?«
    Sonja seufzte. »Ja.«
    »Er kam auf die gleiche Weise in das Haus meiner. Herrin – das war die Nacht, als er die Diener tötete. Auch Areel hat einige Schutzamulette. Sie meint, dass sie mir das Leben gerettet haben, aber ich weiß nicht recht. Ich glaube, Kus hätte mich trotzdem töten können, wenn er es gewollt hätte …«
    »Was werden wir tun?« fragte Chost.
    »Ich werde den Unhold töten«, erwiderte Sonja. »Ich weiß wie und ich habe das richtige Mittel dazu. Du nicht, Chost.«
    Der Junge starrte schweigend auf den Boden.
    »Chost?«
    »Habe ich vielleicht etwas gesagt?«
    »Ich weiß, was du denkst«, entgegnete Sonja. »Tarims Blut! Du willst dich wohl unbedingt in Gefahr bringen und wie dein Freund Suva enden …«
    Sie unterbrach sich, als sie sein jetzt schmerzverzerrtes Gesicht bemerkte.
    »Tut mir leid.« Sie strich ihm durchs Haar und wandte den Blick ab, damit er sich wieder fassen konnte. Sie schaute sich auf dem Platz um. Die Stadt erwachte. »Kommt jetzt mit.«
    Sie stand auf und ging ihnen voraus, zurück zu ihrer Stube. Als sie einen flüchtigen Blick über die Schulter warf, sah sie, dass die beiden ihr Hand in Hand folgten.
    Wunderbar, dachte sie. Großartig! Ihr wollt wohl die Dinge noch schwieriger machen, indem ihr euch ineinander verliebt?

 
9
     
    Nalor beendete sein Frühstück, aber es hatte nicht geholfen, die Unruhe in der Magengegend zu vertreiben. Er wischte sich die Lippen ab und ging überlegend in dem Gemach hin und her, bis er ans Fenster trat und in den Sonnenschein hinausblickte, der über Bäume, Gras und Kopfsteinpflaster spielte.
    Ein Diener begann das Frühstücksgeschirr wegzuräumen. »Mein Lord, darf ich Bescheid geben, dass Ihr in Kürze im Audienzsaal sein werdet?«
    »Was?« Aus seinen Gedanken gerissen, drehte Nalor sich um. »Nein, nein, noch nicht. Man soll es ein wenig hinauszögern. Ist Dringendes angefallen?«
    »Ein paar Leute von der Stadtwache sind hier; sie sind offenbar über die Zunahme der Morde in der Stadt besorgt. Dann ein paar der üblichen Gesandten aus dem Palast, ein paar Kaufleute …«
    »Sie sollen warten. Nimm das Geschirr und geh!«
    »Wie mein Lord befiehlt.« Als der Mann die Tür hinter sich geschlossen hatte, durchquerte Nalor das Gemach. Vor dem Waffenschrank blieb er stehen. Er schloss ihn auf und öffnete ihn. Reihen von Klingen schimmerten – Schwerter, Säbel, Degen, Dolche und Speere. Zu seinem Zeitvertreib sammelte er alte Waffen ungewöhnlicher Handarbeit. Sein Blick wanderte über die Reihen, ehe er die Hand hob und nach einem stygischen Dolch griff, der uralt war, wie ein Fachmann ihm versichert hatte. Das Erstaunliche an ihm war, dass er nicht aus Bronze war, wie die meisten stygischen Waffen dieses Alters, sondern aus Eisen; und noch erstaunlicher: sein Alter war ihm nicht anzumerken, er schien nur wenig benutzt worden zu sein. Nalor und einige andere hatten daraus geschlossen, dass es ein Zeremoniendolch gewesen – oder möglicherweise überhaupt nie benutzt worden war.
    Vielleicht aber – hatte ein weiser Richter eines Abends nach einigen Kelchen Wein gemeint – war es ein Dolch, mit dem man Ilorkim töten konnte, die vor tausend Jahren in Stygien ihr Unwesen getrieben haben sollten, das zumindest berichteten Sagen.
    Nalor verzog unsicher das Gesicht und wog den Dolch in der Hand.
    Es war. nicht die einzige eiserne Waffe in dem Schrank. Überhaupt hatte er in jedem Waffenständer in allen seinen Gemächern jeweils zumindest eine Waffe aus Eisen.

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