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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Edelmann. Meine Ahnung sagt mir, dass er über das Geheimnis eines Höhergestellten gestolpert ist, und man die Anklagen aufgebauscht hat, um ihn unschädlich zu machen. Vermutlich kam er den verscharrten Skeletten von jemandem zu nah.«
    Der Einäugige nickte stirnrunzelnd. »Das ist sehr leicht möglich. Der Unterschied zwischen diesen hohen Herren und uns ist lediglich, dass sie ihre Untaten verschleiern.«
    »Was ist nur aus der Welt geworden?« fragte Rattengesicht kopfschüttelnd. »Wenn es unter der Obrigkeit mehr Unehrliche als unter den Dieben gibt?«
    Der Dickbäuchige wieherte vor Lachen und schlug so heftig auf die Tischplatte, dass die Becher hüpften und das Bier überschwappte. Er leerte seinen, dann kniff er die Dirne. »Hol uns noch eine Runde, Viona«, befahl er ihr und gab ihr eine Handvoll Kupferstücke.
    Als das Mädchen sich einen Weg durch die überfüllte Gastwirtschaft bahnte, hörte sie das gleiche Gespräch an jedem Tisch. Jeder beschäftigte sich mit Lord Endithors Hinrichtung und jeder hatte seine eigene Meinung darüber.
    An der anderen Seite der Theke wurde gespielt. Hier war man weit mehr daran interessiert, die Punkte zusammenzuzählen, als das aufregende Ereignis des Nachmittags immer aufs neue durchzukauen. Eine kleine Gruppe von Spielern, die bereits hatten ausscheiden müssen, umringten die letzten beiden, die noch durchhielten: ein blonder Mann in corinthischer Rüstung und eine hochgewachsene rothaarige Frau, die ein ärmelloses Kettenhemd trug. Der Mann – einer der vielen Ausländer, die ein neues Zuhause in Shadizars Zuflucht der verlorenen Seelen gefunden hatte – warf einen Blick auf seine Gegnerin und trat an den auf den Fußboden gezeichneten Strich. Die Frau blieb stehen, nahm einen Schluck aus einem Weinbecher hinter sich und sah ruhig zu.
    Der blonde Corinthier ließ sich Zeit. Er hob sein Messer, wog es in der Luft aus und konzentrierte sich auf die Zielscheibe an der Wand, mehrere Schritte vor ihm. In den unzähligen Sprüngen und Löchern um die Ringe bemühte er sich in seiner Anspannung, einen Wegweiser zu sehen, der seine Klingenspitze genau ins Schwarze führen würde. Er holte tief Atem, hielt ihn an, und dann, mit einer genau berechneten Drehung seines Handgelenks, warf er das Messer. Tatsächlich traf es mitten ins Schwarze.
    »Gut gemacht, Sendes«, lobte einer seiner Freunde und klopfte ihm auf die Schulter. »Zehn Punkte! Du hast gewonnen!«
    »Noch nicht«, entgegnete ein anderer. »Wenn Sonja ebenfalls ins Schwarze trifft, ist sie ihm drei Punkte voraus!«
    Sendes trat zu seinem Tisch zurück und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher. Er beäugte die Frau namens Sonja, die mit über der Brust verschränkten Armen nachdenklich lächelnd dastand.
    »Nun?« forderte Sendes sie auf.
    Sonja legte den Kopf schräg und strich sich durchs Haar. »Das war ein guter Wurf, Sendes. Der beste, den du heute Abend geschafft hast. Ich weiß nicht, ob ich dich jetzt noch schlagen kann.«
    »Ah, mach’s nicht so spannend!« rief einer von Sendes’ Freunden.
    »Ja, wirf schon«, drängte Sendes.
    »Ich weiß nicht«, murmelte Sonja. »Wollen wir es nicht lieber dabei belassen und sagen, dass wir gleich gut sind?«
    Die Zuschauer lachten.
    »Nein, nein, nein«, antwortete Sendes bestimmt. »Anfangs warst du besser, weil ich mich erst warmwerfen musste. Jetzt, weil ich am Gewinnen bin, kannst du nicht einfach aufhören, das wäre nicht fair. Also sei keine Spielverderberin und mach deinen letzten Wurf. Du brauchst auch bloß einen Krug Bier, zu bezahlen, wenn du verlierst. Einverstanden?«
    Sonja zuckte die Schulter und blickte auf die Zielscheibe. »Aber wie kann ich ins Schwarze treffen, wenn dein Messer noch drin steckt?« gab sie zu bedenken.
    »Schon gut. Ich ziehe es heraus«, erklärte Sendes sich einverstanden.
    Er machte einen Schritt auf die Zielscheibe zu, aber ein Kamerad hielt ihn zurück. »Nein, nein, nein, nein! Regel ist Regel! Das Messer bleibt!« Er blickte Sonja finster an.
    Sonja schüttelte den Kopf. »Na gut. Dann werfe ich eben noch einmal, und dann Schluss.«
    »Das ist Sportsgeist!« Sendes lächelte und nippte an seinem Bier.
    Anmutig und mit der Geschmeidigkeit einer Dschungelkatze ging Sonja zu dem Strich. Ihr Haar fiel in scharlachroten Wellen über den Rücken. Dass sie ein Kettenhemd trug, hatte so mancher stolze Mann an diesem Abend in der Schenke fast als Beleidigung aufgefasst. Und soviel sie auch mit ihnen getrunken und so gut

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