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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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PROLOG
    Der Hegemoniekonsul saß auf dem Balkon seines Ebenholzraumschiffs und spielte Rachmaninoffs Prelude in cis-Moll auf einem uralten, aber gut erhaltenen Steinway, während sich große grüne Saurierwesen unten in den Sümpfen drängten und heulten. Im Norden braute sich ein Gewitter zusammen. Die Umrisse eines Waldes gigantischer Gymnospermen zeichneten sich vor blutergußschwarzen Wolken ab, Stratokumuli türmten sich neun Kilometer hoch in den aufgewühlten Himmel. Blitze zuckten am Horizont. Näher beim Schiff selbst stapften gelegentlich vage, reptilienhafte Gestalten in das Sperrfeld, schrien auf und trotteten in den indigofarbenen Nebel. Der Konsul konzentrierte sich auf einen schwierigen Teil des Preludes und schenkte weder dem Gewitter noch dem Einbruch der Nacht seine Aufmerksamkeit.
    Der Fatline-Empfänger läutete.
    Der Konsul hielt inne, verweilte mit den Fingern über der Tastatur und lauschte. Donner grollte durch die dichte Luft. Aus der Richtung des Gymnospermenwaldes ertönte der Klageruf einer Meute von Aasbrütern. Irgendwo in der Dunkelheit unten trompetete ein unvernünftiges Tier eine herausfordernde Antwort und verstummte. Das Sperrfeld bürdete der plötzlichen Stille seine Ultraschallschwingungen auf. Die Fatline läutete erneut.
    »Verdammt«, sagte der Konsul und antwortete.
    Der Computer brauchte ein paar Sekunden, den Schwall verfallender Tachyonen zu konvertieren und zu decodieren, daher schenkte sich der Konsul ein Glas Scotch ein. Er nahm auf den Kissen der Projektionsnische Platz, als der Diskey gerade grün blinkte. »Abspielen«, sagte er.
    »Sie sind auserwählt worden, nach Hyperion zurückzukehren«, sagte eine heisere Frauenstimme. Das Bild war noch nicht zur Gänze entwickelt; die Luft blieb frei, abgesehen vom Pulsieren des Übertragungscodes, welcher dem Konsul verriet, daß diese Fatline-Sendung ihren Ursprung auf der Regierungswelt Tau Ceti Center der Hegemonie hatte. Doch der Konsul brauchte die Übertragungskoordinaten nicht, um das zu wissen. Die gealterte, aber immer noch wunderbare Stimme von Meina Gladstone war unverwechselbar. »Sie sind auserwählt worden, als Mitglied der Pilgergruppe zum Shrike«, fuhr die Stimme fort.
    Was du nicht sagst, dachte der Konsul und stand auf, um die Nische zu verlassen.
    »Sie und sechs weitere wurden von der Kirche des Shrike ausgewählt und vom All-Wesen bestätigt«, sagte Meina Gladstone. »Es liegt im Interesse der Hegemonie, daß Sie akzeptieren.«
    Der Konsul stand reglos in der Nische und hatte dem flackernden Übertragungscode den Rücken gekehrt. Nun hob er ohne sich umzudrehen das Glas und trank den Rest Scotch.
    »Die Situation ist überaus verworren«, sagte Meina Gladstone. Ihre Stimme klang müde. »Das Konsulat und der Heimat-Regierungsrat haben uns vor drei Wochen Standardzeit über Fatline die Nachricht geschickt, daß die Zeitgräber den Anschein erwecken, als würden sie sich öffnen. Die Anti-Entropiefelder um sie herum dehnen sich rapide aus, und das Shrike wandert mittlerweile bis zur Bridle Range im Süden.«
    Der Konsul drehte sich um und ließ sich auf die Kissen fallen. Ein Holo von Meina Gladstones uraltem Gesicht hatte sich gebildet. Ihre Augen sahen so müde aus wie sich ihre Stimme angehört hatte.
    »Eine Einsatztruppe von FORCE:Weltraum wurde unverzüglich von Parvati losgeschickt, um die Bürger der Hegemonie auf Hyperion zu evakuieren, bevor sich die Zeitgräber öffnen. Ihre Zeitschuld beträgt etwas mehr als drei Hyperionjahre.« Meina Gladstone machte eine Pause. Der Konsul dachte, daß er die Senatspräsidentin noch nie so grimmig gesehen hatte. »Wir wissen nicht, ob die Evakuierungsflotte rechtzeitig eintreffen wird«, sagte sie, »aber die Situation wird noch komplizierter. Ein Wanderschwarm der Ousters, bestehend aus mindestens viertausend ... Einheiten ... wurde im Anflug auf das Hyperion-System entdeckt. Unsere Evakuierungsflotte dürfte nur knapp vor den Ousters dort eintreffen.«
    Der Konsul verstand Gladstones Zögern. Ein Wanderschwarm der Ousters konnte aus Schiffen bestehen, deren Größe von Einpersonenaufklärern bis hin zu Städtekuppeln und Kometenforts reichen konnte, die Zehntausende dieser interstellaren Barbaren beheimateten.
    »Die FORCE-Befehlshaber glauben, daß es sich um den großen Schlag der Ousters handelt«, sagte Meina Gladstone. Der Schiffscomputer hatte das Holo jetzt so positioniert, daß die traurigen braunen Augen der Frau den Konsul direkt anzusehen

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