Engel auf Probe (German Edition)
verleugnen.”
“Ich brauche keine Liebe”, beharrte Reed stur. “Ich will nur mein Kind.”
“Darf ich dir mal was sagen, Reed?” Und ohne seine Antwort abzuwarten, fuhr Angie fort: “Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, draußen vor der Tür zu stehen, und gehofft, dass ich eines Tages schon finden würde, was du dir mit einem einzigen Wunsch erfüllen kannst. Aber ich habe es nie gefunden, und jetzt ist es zu spät für mich. Doch du hast immer noch eine Chance. Du brauchst die Bitte nur laut und deutlich auszusprechen.”
“Ich kann es nicht, Angie. Ich kann nicht.”
“Da du gerade von Können sprichst: Kannst du dir überhaupt vorstellen, was ich für diese Gelegenheit gegeben hätte?”
Reed fasste sie bei den Schultern. “Wenn du mir helfen willst, sag mir, wo Emily ist.”
“Das weiß ich nicht, Reed. Vielleicht war sie ja gar nicht schwanger.”
“Und wenn doch?”
“Vielleicht hat sie es wegma…”
“Ich kenne Emily. Sie hätte niemals abgetrieben.”
“Und wenn sie es zur Adoption freigegeben hat?”
“Nein! Ich weigere mich, das zu glauben.”
“Du wirst dich vielleicht damit abfinden müssen.”
“Dieser Wunsch, Angie, den du mir versprochen hast … Kann ich den verwenden, um Emily zu finden?”
“Ja.” Angie war gezwungen, Reed die Wahrheit zu sagen.
“Was passiert, wenn ich mir das wünsche?”
“Ich nehme an, dass deine Detektive sie dann auf wundersame Weise finden werden.”
“Und wenn Emily mein Kind hat? Wenn ich sie heirate?”
Wieder blieb Angie nichts anderes übrig, als ganz offen zu sein. “Wenn du Emily nicht aus Liebe heiratest, ist meine Mission gescheitert.”
Das gab Reed zu denken. Und nach einer kleinen Pause fragte er: “Was geschieht mit Engeln, die versagt haben?”
Angie zuckte die Schultern. “Das kommt ganz darauf an. Manchmal schicken sie einen anderen Engel – einen, der nicht scheitert. Wie zum Beispiel im
Sarducci’s
oder bei Ralph im
Majesty
, sagte sie und dachte: Oder manchmal, wenn sich ein Engel so viel hat zuschulden kommen lassen, dass sein Heiligenschein ganz matt geworden ist, findet er sich vor der Himmelstür wieder, ganz ohne Heiligenschein. Doch Angie wollte Reed nicht damit belasten.
Trotzdem seufzte er nun und sagte: “Aber in meinem Fall würde auch ein anderer Engel nichts helfen. Niemand ist in der Lage, mich aus dieser Zwickmühle zu befreien. Stimmt’s?”
“Wahrscheinlich nicht, nicht wenn du Emily heiratest.”
Angie hielt Reeds Blick stand, musste dazu aber alles an Kraft aufbieten, was ihr geblieben war, um Stärke zu zeigen. Goodenkind wollte Reed einen Wunsch gewähren, und egal, welche Auswirkungen das auf sie selbst haben sollte, sie würde Reeds Wunsch nachkommen und ihn bereitwillig und von ganzem Herzen gewähren.
Weil sie Reed liebte. Als ihr das bewusst wurde, machte sie erschrocken die Augen auf und dachte: Oh Gott! Ich liebe diesen Mann! Wie hatte das nur passieren können? Und wann war es dazu gekommen? Die Antwort auf diese Fragen zu finden, überstieg Angies Vorstellungskraft.
Aber Angie lächelte glücklich, und ihr Herz war voller Freude, weil ihr dieses Gefühl doch noch einmal vergönnt worden war. Sie wandte das Gesicht den wärmenden Sonnenstrahlen zu, und Freudentränen stiegen ihr in die Augen. Als sie noch ein richtiger Mensch gewesen war, hatte sie die wahre Liebe niemals kennengelernt. Sie hatte sich unausgefüllt und allein gefühlt, die Furcht vor der Zukunft und der Zynismus waren ihre ständigen Begleiter gewesen. Aber heute war auch ihr ein ewiger Wunsch erfüllt worden. Zum ersten Mal in ihrem gesamten Dasein – ob nun als Mensch oder Engel – durfte sie eine Liebe erfahren, die allumfassend war und sowohl ihr Herz als auch ihre Seele zum Schwingen brachte. Reed war nun ein Teil von ihr. Sie war nicht mehr allein.
“Danke, Good”, flüsterte Angie leise. “Danke für alles.” Selbst wenn man sie nach dieser Mission an der Himmelspforte abweisen sollte, hätte sie doch ihre Liebe zu Reed, die sie überallhin begleiten und ihr über die dunklen Stunden hinweghelfen würde, die nun vor ihr lagen. Diese Liebe gab ihr auch die Kraft, die Frage zu stellen, vor der sie sich so gefürchtet hatte: “Ist das dein Wunsch, Reed? Ist es dein Herzenswunsch, dass ich Emily für dich finde?”
“Ich möchte noch ein bisschen darüber nachdenken, bevor ich mich entscheide.”
Angie nickte und war so erleichtert, dass sie es nicht hätte in Worte fassen können.
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