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Engel der Schuld Roman

Titel: Engel der Schuld Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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den Bruchteil einer Meile beschränkten. Die Temperatur, die bis dahin um das gerade noch Erträgliche geschwankt hatte, fiel steil in den Abgrund und riß alle Lebensfreude mit sich. Die Schulen wurden geschlossen, Straßen außerhalb von Deer Lake gesperrt. In Campion mußte die Suche nach Dustin Holloman abgebrochen werden, weil sie für die Freiwilligen zu gefährlich wurde. Keiner sprach von der Gefahr, in der Dustin schwebte.
    Die Hoffnung blieb, daß sein Kidnapper ihn sicher und warm verwahrt hatte, daß er irgendwann gefunden oder unverletzt zurückgebracht würde wie Josh. Die Hoffnung blieb, daß sie endlich eine Glückssträhne haben würden. Die Vorstellung, daß sie alle auf den guten Willen eines Psychopathen angewiesen waren, lag Mitch wie ein Fels auf der Seele. Man konnte nicht voraussehen, was der nächste Zug im Spiel sein würde.
    Der Druck hatte die ihm für gewöhnlich eigene Geduld auf ein Minimum reduziert, sein täglicher Vorrat war bereits um neun Uhr früh erschöpft.
    Er ignorierte den angebotenen Stuhl und lief in Christopher Priests kleinem Büro auf und ab, einem mit Aktenschränken und Bücherregalen vollgestopften Raum. Kleine Türme aus Text-und Nachschlagebüchern und Stapel von Studentenarbeiten waren ordentlich auf der Platte des zerkratzten alten Schreibtischs aufgereiht. Ein Computer surrte leise vor sich hin, der grüne Cursor blinkte auf dem Monitor.
    »Die Sci-Fi Cowboys haben also die Nacht in Deer Lake verbracht?« fragte er.
    Priest beobachtete ihn mit Eulenaugen und teilnahmslosem Gesicht.
    »Ja, die Schulen von Minneapolis waren gestern und heute geschlossen. Wir hatten arrangiert, daß die Jungs das Wochenende in Deer Lake verbringen, um Geld für Garretts Verteidigungsfonds aufzutreiben.«
    »Und wo haben sie übernachtet?«
    »In der Jugendherberge.«
    »Unter Aufsicht?«
    »Ich war den Großteil des Abends bei ihnen. Wir hatten ein Festessen mit Garrett und seinem Anwalt«, sagte er mit einem Hauch von Selbstgefälligkeit und einem Seitenblick zu Ellen.
    »Wann war Schluß?« fragte sie.
    »Gegen acht begann der allgemeine Aufbruch.«
    »Und wie war das mit dem Rest des Abends? Können Sie genau sagen, wo die Jungs waren?«
    Leichte Zornesröte färbte seine Wangen. Er zupfte an den zu kurzen Ärmeln seines schwarzen Rollkragenpullovers. »Die Cowboys sind keine Gefangenen, Miss North. Ein gewisses Vertrauen ist von größter Wichtigkeit für unser Programm.«
    »Ja, aber vielleicht ist dieses Vertrauen manchmal nicht gerechtfertigt«, grummelte Mitch.
    Priest schniefte beleidigt. »Was, bitte, soll das, Chief?«
    »Gestern nacht hat jemand Miss Norths Auto mit einem Klappmesser verunstaltet.«
    »Und Sie gehen selbstverständlich davon aus, daß dieser Jemand einer der Cowboys ist? Das ist äußerst unfair und diskriminierend.«
    »Ganz im Gegenteil, Professor«, sagte Mitch und stützte sich auf die Lehne des Stuhls, den er abgelehnt hatte. »Bei allem gebührenden Respekt für Ihr Programm – und Sie wissen, daß ich früher ein Fan davon war – , Ihre Jungs sind Weltmeister in dieser Disziplin. Sie haben Vorstrafen, sie haben ein Motiv. Deshalb sind sie natürlich verdächtig. Gerade Sie sollten das begreifen können.«
    »Die Cowboys sind nicht die einzigen Leute in der Stadt, die mit Miss North nicht zufrieden sind«, sagte Priest.
    »Nein, sind sie nicht«, gab Mitch zu. »Und mein Büro wird allen Möglichkeiten nachgehen. Was mich zu meiner nächsten Frage führt – wo waren Sie gestern abend gegen neun?«
    Priest fiel die Kinnlade herunter, ein Ausdruck spontanen Gefühls, der nicht vorgetäuscht zu sein schien. »Sie können doch nicht im Ernst glauben, daß ich an so etwas . . .«
    »Kindischem?«
    Er lief rot, an und schoß von seinem Stuhl hoch. »Nach all den Stunden, die meine Studenten und ich im Freiwilligenzentrum gearbeitet haben. Nachdem ich mir ein Bein ausgerissen habe, um bei der Untersuchung zu helfen. Mein Gott, ich habe mich sogar einem Lügendetektortest unterzogen! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wütend mich das macht!«
    Mitch richtete sich auf und knallte den Stuhl mit Wucht gegen Priests alten Schreibtisch. »Willkommen im Club, Professor Ich arbeite vom ersten Tag an rund um die Uhr an dem Fall, und es wird ständig schlimmer. Ich kann es mir nicht mehr leisten, höflich zu sein. Ich kann es mir nicht leisten, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, ob es, die Leute vielleicht beleidigt, wenn ich sie vernehme. Ich habe keine

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