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Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Titel: Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Botschaft, die er mir zu überbringen hat.
    Hosus repräsentiert für mich das Wissen: Er wirkt sehr ernsthaft und kann es auch sein, aber zugleich versteht er es großartig, mich aufzuheitern, wenn mich etwas bedrückt. Er tröstete mich immer und riet mir damals auch, die anderen Kinder einfach zu ignorieren, wenn sie mich in der Schule wieder verspottet hatten oder wenn ein Grüppchen Erwachsener miteinander tuschelte und sich dann nach mir umdrehte. In solchen Fällen pflegte er anzumerken: »Die haben doch überhaupt keine Ahnung.«

    Zu Anfang kannte ich seinen Namen noch nicht und er redete auch nicht direkt mit mir, vielmehr tauchte er einfach im Klassenzimmer auf, imitierte den Lehrer oder eines der anderen Kinder und stellte irgendetwas Komisches an, um mir ein Lächeln zu entlocken. Mitunter erwartete er mich auf dem Heimweg am Schultor oder auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich erinnere mich noch gut an das erste Mal, als ich ihn ansprach: An diesem besonderen Tag hatte ich niemanden zur Gesellschaft für den Nachhauseweg. Meine Schwester war wegen ihrer Tanzstunde schon früher gegangen, also ließ ich mir Zeit mit dem Heimkommen und trödelte noch über den Spielplatz. Langsam hielt ich auf das große Eingangstor zu, in der Hoffnung, Hosus zu begegnen und endlich ein Wort mit ihm wechseln zu können. Deswegen war ich begeistert, ihn verstohlen hinter einem Pfeiler hervorlugen zu sehen. Er rief mir zu, ich solle mich beeilen: »Du musst vor dem Regen zu Hause sein!« Ich blieb am Tor stehen und blickte mich um. Da niemand sonst zu sehen war, fragte ich den Engel nach seinem Namen.
    »Hosus«, erwiderte er. Ich kicherte zur Antwort. Auf dem Nachhauseweg sprang und hüpfte ich und er mit mir, und sonst kann ich mich nur noch daran erinnern, dass ich die meiste Zeit gelacht habe.

KAPITEL 2
Die Torhüter
    Unser Vater verdiente nur wenig mit seiner Werkstatt, weil sich niemand leisten konnte, viel Geld für Fahrradreparaturen auszugeben. So wurde er zwar ständig von allen möglichen Leuten um Hilfe gebeten, bezahlen wollten sie dann aber erst »nächstes Mal«. Vaters übergroße Gutmütigkeit ließ uns oftmals hungern; nicht selten mussten wir uns mit Margarine- oder Marmeladebroten begnügen. Ich klagte nie über mein Bauchweh, schließlich hatten die Eltern schon genug Sorgen. Doch eines Tages nahmen die Schmerzen überhand und ich musste heraus mit der Sprache. Meine Eltern brachten mich zum Kinderarzt, der einen Vitaminmangel feststellte und ihnen auftrug, mich täglich mit frischem Obst und Gemüse zu versorgen. Doch die ständige Geldnot führte dazu, dass ich nur selten frisches Obst und Gemüse bekam, es sei denn unser Nachbar, Besitzer eines großen Gartens, schenkte uns welches. Bei Kleidung waren wir sehr auf die Großzügigkeit unserer amerikanischen Verwandten angewiesen: Jedes Mal, wenn ein Paket von ihnen ankam, gab das Anlass zu großer Freude. Wir machten damals harte Zeiten durch – so wie viele andere Menschen auch.
    Der Laden meines Vaters war klein und dunkel. Der Anbau dahinter hatte ein Blechdach und diente ihm – vollgestopft mit Werkbänken und Werkzeug aller Art – als Werkstatt. Hier roch es immer nach Öl und Schmierfett. Manchmal rief er mich vor dem Fünf-Uhr-Tee hierher, ich sollte ihm die Dose mit dem Fett halten, das er zum Reinigen seiner Hände benutzte. Das Zeug war schwarz und klebrig, es stank gewaltig, doch ich hielt eisern durch.

    Nachdem er seine Hände ausgiebig mit dem Fett bearbeitet hatte, rubbelte er sie mit einem schmutzigen alten Lappen kräftig ab. Anschließend ging er in die Küche und wusch sich die Hände noch gründlich mit kaltem Wasser – warmes hätte er erst im Kessel auf dem Herd bereiten müssen –, doch die Prozedur reichte aus, um seine Hände restlos sauber zu bekommen. Ich ging meinem Vater gerne zur Hand, selbst mit der stinkenden Fettdose; manchmal bat er mich auch, ihn während seiner Teepause mit Mam im Laden zu vertreten, für den Fall, dass Kundschaft käme.

    Hosus nahm gelegentlich gerne den Platz des Lehrers hinter dem Pult ein, wenn dieser gerade in der Klasse umherging. Als ich den Engel zum ersten Mal dort im Klassenzimmer erblickte, war ich so überrascht, dass ich laut fragte: »Was machst du denn da?« Der Lehrer wandte sich um und starrte in meine Richtung. Und ich musste mir hinter vorgehaltener Hand das Lachen verbeißen.
    Ich war deshalb so überrascht, weil der Engel Hosus sich von den immer in der Klasse

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