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Engel küssen besser

Engel küssen besser

Titel: Engel küssen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Whittenburg
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Jenny andererseits in Erziehungsfragen nicht so kompetent gewesen, dann hätte er jetzt nicht so viel Ärger mit ihrer Tochter.
    Es tat ihm gut, zur Abwechslung mal Jenny dafür verantwortlich zu machen. An diesen Gedanken klammerte er sich auf dem Weg in die Küche. Er hörte Ethel, wie sie ihm aus der Wäschekammer einen Guten Morgen zuschnüffelte, aber er widerstand dem dummen Impuls, ihr über den Kopf zu streicheln, bevor er ging. Die kleinen Wunnas aufzuwecken, wäre genauso schlimm, wie Allison selbst wach zu machen. Also ging er wortlos an der Hundefamilie vorbei, durch die Küche hindurch zur Hintertür und verließ leise das Haus. Er würde auf dem Flughafen etwas frühstücken und dadurch auch das letzte Risiko vermeiden, doch noch seiner Tochter in die Arme zu laufen.
    An Gloria dachte Sam erst wieder, als er den Wagen rückwärts aus der Einfahrt setzte. Das erstaunte ihn wiederum etwas. Natürlich hatte er ihr Auf Wiedersehen gesagt und ihr versprochen, dass sie nach seiner Rückkehr über ihre gemeinsame Zukunft sprechen würden. Er hatte sie geküsst – mehrere Male – und sie dann auf Donnerstag vertröstet. Aber angesichts der Tatsache, dass er geglaubt hatte, in sie verliebt zu sein, erschien es ihm seltsam, dass er in den letzten fünf Minuten nicht ein einziges Mal an sie gedacht hatte.
    Er war so lange mit Jenny zusammen gewesen, dass er nicht einmal mehr wusste, wie es sich anfühlte, verliebt zu sein. Damon sagte immer, Liebe sei für einen Mann das größtmögliche Vergnügen, während er gleichzeitig unter starkem Sodbrennen und Verdauungsstörungen litt. Aber eigentlich hatte Sam weder das Leben noch die Liebe aus der Sicht des Junggesellen betrachtet. Solange er denken konnte, war er immer nur die eine Hälfte eines Paares gewesen. Und jetzt … nur jetzt gab es Gloria.
    Gloria, die Wundermacherin.
    Gloria, die Geheimnisvolle.
    Gloria, die …
    Sam streckte die Hand aus und klopfte leicht auf die Uhr. Dann stellte er das Radio an und schaltete so lange von einem Sender zum nächsten, bis er eine genaue Zeitansage hatte. Gloria, diese kleine Intrigantin, dachte er, während er auf das Gaspedal trat. Sie hat alle Uhren im Haus verstellt, und ich muss in fünfzehn Minuten am Flughafen sein.
    Damon hatte recht. Liebe und Verdauungsstörungen. Das waren die beiden Seiten derselben Medaille.
    Gloria fiel das fehlende Wunna zuerst auf. Sie zählte die jungen Hunde noch einmal – eins, zwei, drei, vier – um ganz sicher zu sein. Dann rannte sie nach oben in Allisons Zimmer, wusste aber schon, bevor sie die Tür öffnete, dass das Kind fort war. Sie konnte ihre Gegenwart nirgendwo im Haus spüren. Selbst mit ihrem geschwächten Wahrnehmungsvermögen war sie sich dessen ganz sicher.
    Wo war Allison bloß?
    Und warum hatte Gloria ihren Kummer nicht gespürt? Wie hatte es ihr gestern entgehen können, dass Allie fortlaufen würde? Eine Mutter hätte diese Möglichkeit zumindest geahnt und alle Anzeichen wahrgenommen, die auf ein solches Vorhaben hinwiesen. Aber Gloria war nicht Allies Mutter. Sie war ein Schutzengel … und im Moment ein sehr schlechter.
    “Sam?”, rief sie, obwohl sie wusste, dass auch er nicht mehr im Haus war. Zum Glück war er früh wach geworden. Höchstwahrscheinlich war er schon am Flughafen und beeilte sich, das Flugzeug zu bekommen. Und wenn er nicht angehalten hatte, um sein Gepäck zu kontrollieren, dann könnte er es auch noch geschafft haben.
    “Gepäck”, flüsterte sie und sah vor sich den übergroßen Koffer, den er gestern Abend gepackt hatte. “Ich muss mir einen kleineren kaufen”, hatte er gesagt. “Dieser war ideal für die Europareisen, aber er ist viel zu groß für nur eine Übernachtung in Seattle.”
    Allison hätte in den Koffer hineingepasst und auch noch Platz gehabt für einen weichen Drachen und einen kleinen, dicken, jungen Hund.
    Aber sie wäre nicht allein in den Koffer gekommen. Und Sam hätte auch das zusätzliche Gewicht bemerkt. Und der Hund hätte Krach gemacht und … gestunken. Diese Möglichkeit kam also nicht infrage. Kein fünfjähriges Kind würde sich selbst in einen dunklen kleinen Raum einsperren. Da war es schon wahrscheinlicher, dass Allison einfach weggelaufen war.
    Weggelaufen? Gloria wurde plötzlich von Panik ergriffen. “Leonard!”, rief sie. “Du musst sofort kommen. Etwas Schreckliches ist …”
    Schrecklich? Bist du sicher?
    “Wie meinst du das, ob ich sicher bin? Allie ist weg. Sie muss heute Nacht das Haus

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