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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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als Engel verkleidet. Seit Tagen fiebern sie dem Ereignis entgegen. Nur Markus, der zwar auf Drängen seiner Schwestern eine Teufelskappe aufgesetzt hat, wird nicht müde zu betonen, dass ein solcher Kinderkram weit unter seiner Würde sei. Kostümpartys außerhalb der Karnevalszeit taugten nur für Babys, hat er noch gestern beim Abendessen verkündet und ein dreistimmiges Wutgeheul provoziert. Heute war davon nicht mehr die Rede, schließlich ist ein Schiffsausflug auf eine der Halligen geplant, und den will sich auch der Zehnjährige nicht entgehen lassen.
    Aus der oberen Etage des Friesenhauses tönt plötzlich sirenenschrill Annis Weinen. Kurz darauf trommeln die Schritte der beiden säumigen Schwestern die Treppe hinunter. Veronika, die ältere, hat die hellblonden Haare zu zwei steifen Zöpfen geflochten. Sie hält sich sehr aufrecht und versäumt es selbst unter Zeitdruck nicht, einen Kontrollblick in den Dielenspiegel zu werfen. Wohlgefällig streicht sie über ihr weißes Hängerkleid, an dem auf Höhe der Schulterblätter zwei fedrige Flügel befestigt sind. Susannes Zwillingsschwester Annika dagegen trägt einen der Flügel in der Hand, und der zweite hängt schief auf ihrem Rücken. Ihre Zöpfe fassen höchstens zwei Drittel der Haare, der Rest schwebt wie ein Glorienschein um ihr vom Weinen aufgequollenes Gesicht. Als Susanne die Schwester sieht, beginnt sie unwillkürlich zu kichern, was ihr zunächst einen bösen Blick und dann eine schallende Ohrfeige einträgt.
    Jetzt weint auch Susanne.
    Auf der Garageneinfahrt fällt eine Autotür ins Schloss, anschließend nähern sich die Schritte Bettina Rothers auf dem Kies.
    »Seid ihr endlich fertig? Glaubt ihr denn, das Schiff wartet ewig auf euch? Wir kommen sowieso zu spät, und wenn es jetzt nicht bald losgeht, können wir gleich hierbleiben …«
    Die Mutter der Mädchen schnappt nach Luft, eigentlich will sie weiterschimpfen, aber dann entdeckt sie das Malheur auf Annikas Rücken.
    »Wie konnte das denn passieren?«
    »Weiß ich nicht«, heult Anni.
    »Die blöde Kuh hat mir eine geklebt«, beschwert sich Susanne.
    »Jetzt lasst uns doch endlich, endlich fahren, vielleicht kann Markus ja den Flügel im Auto festmachen.« Schon ist die pragmatische Veronika auf dem Weg zur Garagenauffahrt. Vor dem Wagen bleibt sie stehen und winkt ungeduldig. »Jetzt kommt doch mal.«
    Bettina Rother seufzt und blickt von Anni zu Susanne und wieder zurück.
    »Also vertragt euch wieder, und dann geht es los. Vero hat recht, Markus soll sich um den Flügel kümmern.«
    Am Auto ist Veronika schon damit beschäftigt, ihren Bruder vom Beifahrersitz zu vertreiben.
    »Du musst nach hinten, los, mach schon.«
    »Quatsch, wer soll denn dann vorn sitzen. Doch nicht etwa du kleines Engelsbaby. Kannst ja noch nicht mal lesen und schreiben.«
    »Kann ich wohl, jedenfalls meinen Namen und deinen auch, der ist wirklich popeleinfach. Und nach den Sommerferien komme ich sowieso in die Schule, dann weiß ich bald alles besser als du!«
    »War ja nur Spaß, Vero. Von mir aus kannst du nach vorn.«
    Gutmütig räumt Markus seinen Sitz, der sofort von Veronika okkupiert wird.
    »Ich schnall mich aber nicht an, sonst geht mein Flügel auch noch ab.«
    Kaum haben Susanne und Annika, die gerade den Wagen erreicht haben, Veronikas Worte gehört, erklären sie unisono: »Wir wollen uns auch nicht anschnallen!«
    »Und warum haben wir dann das neue Auto mit den Sicherheitsgurten auf den Rücksitzen überhaupt gekauft? Kann mir das mal eine von euch neunmalklugen Mädels verraten?«
    Die Stimme Bettina Rothers soll streng klingen, aber die Mädchen kennen ihre Mutter gut genug, um zu erkennen, dass sie sich bereits auf halbem Weg zur Kapitulation befindet.
    »Och, Mami, das geht doch gar nicht mit den Flügeln auf dem Rücken«, versucht es Susanne mit Vernunft.
    Und Annika fällt ein: »Ich muss mich sowieso zu Markus umdrehen, damit der die Schnalle wieder festmacht. Außerdem haben wir in unserem alten Auto da hinten in der Garage doch auch keine Gurte für die Kinder. Da konnten wir uns gar nicht anschnallen.«
    »Also gut. Aber nur dieses eine Mal.«
    Während Bettina Rother den Wagen wendet, knirscht der Kies unter den Reifen. Sie fährt so schnell an, dass die Steinchen in die Beete mit den Heckenrosen fliegen. Der Treffpunkt für die Geburtstagsgesellschaft ist der Hörnumer Hafen, und wenn man es nachmittags von Kampen bis an die Südspitze der Insel in einer halben Stunde schaffen

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